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       # taz.de -- SPD nach Mitgliederentscheidung: Überraschte Sieger
       
       > Die designierten Chefs blicken nun auf den SPD-Parteitag. Die Groko wird
       > zur Zerreißfrage. Aber wie gelingt es, dass sie die Partei nicht sprengt?
       
   IMG Bild: Esken und Walter-Borjans nach Bekanntgabe des Mitgliederentscheids
       
       Berlin taz | Malu Dreyer gibt am Samstagabend um 18.08 Uhr bekannt, dass
       Olaf Scholz und Klara Geywitz nicht neue SPD-Chefs werden. Bei der
       versammelten Hauptstadtpresse herrscht ratloses Erstaunen. Mit allzu vielen
       Sympathien werden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans bei den
       Leitmedien eher nicht rechnen können. Lars Klingbeil, für unverwüstlichen
       Frohsinn bekannt, schaut ziemlich betreten drein. Er hatte den langwierigen
       Wahlprozess gemanagt – jetzt wackelt der Job des Seeheimers als
       Generalsekretär. Die SPD wird zum ersten Mal seit sehr langer Zeit [1][eine
       linke Parteiführung bekommen].
       
       Fast die gesamte Parteispitze, Ministerpräsidenten wie Stephan Weil, die
       BundesministerInnen, die überwältigende Mehrheit der Bundestagsfraktion
       hatten Scholz und Geywitz unterstützt. Das Basisvotum sollte Scholz mit
       besonderer Legitimität ausstatten. Das war der Plan der SPD-Spitze.
       
       Geywitz versichert tapfer, dass sie die Sieger unterstützen wird, und
       verlässt danach schnell das Willy-Brandt-Haus. Olaf Scholz trägt einen
       schwarzen Anzug und sagt, er wünsche der neuen Führung alles Gute. [2][53
       Prozent zu 45] – es ist sogar nicht der befürchtete ganz knappe Ausgang
       geworden.
       
       Zerknitterte Verlierer, überraschte Sieger. Es ist ein Abend frommer
       Wünsche und beklommener Hoffnungen. Nachdem Walter-Borjans und Esken auf
       dem Podium die unerwartete Siegerpose üben und die Daumen in die Höhe
       gereckt haben, geben sie eineinhalb Stunden lang Interviews. „Wir reichen
       allen, die nicht für uns gestimmt haben, beide Hände“, sagt Saskia Esken.
       Die neue Führung sendet Friedensbotschaften und versucht den Ball flach zu
       halten. Nein, man werde nicht automatisch die Große Koalition beenden. Ja,
       Olaf Scholz werde Finanzminister bleiben. Und ja, man wisse, dass 45
       Prozent nicht für sie gestimmt haben.
       
       Sechs Tage Unsicherheit 
       
       Was genau jetzt passieren wird, liegt im Nebel. In sechs Tagen beginnt der
       Parteitag. Der weiße Elefant im Raum ist: Endet die Große Koalition? Oder
       geht es nur darum: Wann? Die neue SPD-Führung will mit der Union
       nachverhandeln. Sie hat vorab einen Katalog auf den Tisch gelegt, der nach
       Wunschtraum klingt: 12 Euro Mindestlohn sofort, ein großes
       Investitionsprogramm und das Ende der schwarzen Null, ein neues Klimapaket.
       Das ist alles richtig, aber mit der Union nicht machbar.
       
       An diesem Abend klingen Esken und noch mehr Walter-Borjans etwas
       elastischer. Man wisse ja, dass man mit der Union nicht das SPD-Programm
       durchsetzen werde, so Esken. Das seien erst mal die Forderungen, sagt
       Walter-Borjans. Dies war ein immer wieder wiederholtes Argument der beiden
       im internen SPD-Wahlkampf: Die SPD nehme den Kompromiss immer schon vorweg,
       anstatt klarzumachen, was sie fundamental von der Union unterscheidet.
       Angesichts der nahenden Rezession müsse sich doch auch die Union bewegen,
       hofft Nowabo.
       
       Muss sie? CDU-Chefin Annegrete Kramp-Karrenbauer und andere Unionspolitiker
       haben Nachverhandlungen bereits ausgeschlossen. Das war etwas vorschnell.
       Gesprächsblockaden wirken wenig souverän.
       
       Kluft zwischen Partei und Fraktion 
       
       In sechs Tagen beginnt der SPD-Parteitag. Walter-Borjans erwartet eine
       „heftige Debatte um die schwarze Null“. In den paar Tagen bis zum Nikolaus
       wird es mit der Union keine Verhandlungen geben. Der Parteitag wird einen
       Forderungskatalog für Nachverhandlungen beschließen. Wie hart oder weich
       der ausfällt, wird der entscheidende Streitpunkt werden.
       
       Die SPD-Bundestagsfraktion hat angesichts von Umfragen bei 13 Prozent wenig
       Lust auf Neuwahlen. Bricht also jetzt ein Krieg zwischen Parteispitze und
       Fraktion aus? Walter-Borjans äußert sich da sybillinisch. „Zwischen Partei
       und Fraktion ist ein Spannungsfeld nötig und richtig. Die Fraktion muss
       wissen, wo ihre Loyalitäten liegen.“ Wenn die Partei aber den Ausstieg aus
       der Groko beschließe, müsse die Fraktion folgen.
       
       Muss sie? Auch Rolf Mützenich, Chef der SPD-Fraktion und ein SPD-Linker,
       will die Große Koalition lieber fortsetzen. Montag trifft sich der
       geschäftsführende Vorstand der Bundestagsfraktion. Am Dienstag und Mittwoch
       tagen die Parteigremien.
       
       Am Freitag soll der Parteitag die neue SPD-Spitze wählen. Die scheint der
       Union ein Maximalprogramm auf den Tisch legen zu wollen. Das Ende der
       Regierung wäre dann nur eine Frage der Zeit. Das blame game um das Ende der
       Groko würde beginnen.
       
       1 Dec 2019
       
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