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       # taz.de -- heute in hamburg: „Das Leben ist auch mit Arbeit scheiße“
       
       Interview Katharina Gebauer
       
       taz: Frau Heumarkt, arbeiten Sie? 
       
       Lia Heumarkt: Gerade arbeite ich nicht.
       
       Wovon lebt man, wenn man nicht arbeiten geht? 
       
       Man kann Leistungen vom Staat beziehen, wie etwa Hartz IV. Die Gesetze sind
       in Deutschland aber so angelegt, dass es sehr ungemütlich für diejenigen
       wird, die in diesen Verhältnissen leben. Der Gesetzgeber belegt Hartz IV
       etwa mit Sanktionen, damit man schnell wieder eine Arbeit sucht.
       
       Sozialhilfe ist besser als arbeiten? 
       
       Im derzeitigen System ist das Leben auch ohne Arbeit scheiße. Arbeit
       bedeutet grundsätzlich Zwang. Der vermeintliche Ort der Mitbestimmung und
       Selbstverwirklichung ist einfach ein langer Tag, an dem du tun musst, was
       dein Chef von dir verlangt. Der Job beeinflusst das Leben kontinuierlich
       und lenkt uns davon ab, darüber nachzudenken, wie wir eigentlich zusammen
       leben könnten, sei es die Bedürfnisbefriedigung oder wie wir soziale
       Beziehungen führen.
       
       Gehört zu einem selbstbestimmten Leben nicht auch Arbeit dazu und die
       Mittel, sich dieses zu finanzieren? 
       
       Aber die Arbeit an sich ist dadurch das Leben – und zwar völlig
       fremdbestimmt. Der Boss hat dir gegenüber eine Weisungsbefugnis und um über
       die Runden zu kommen, schluckt man das. Wenn nicht, wird man zwangsläufig
       gefeuert.
       
       Kapitalismus verspricht: keine ständige Zukunftsangst, erdrückende
       Langeweile und entfremdete soziale Beziehungen. Kann genau das nicht auch
       ohne Arbeit passieren? 
       
       Die Arbeitskraft ist im kapitalistischen System eine Ware. Wenn ich nicht
       arbeite, habe ich ja plötzlich kein anderes Verhältnis zu mir selbst oder
       der Gesellschaft. Solange dieses System nicht abgeschafft wird, ist
       vorbestimmt, wie man denkt und handelt. Wie viel Zeit, wie viel Geld man
       hat und welche Leute man trifft.
       
       Was wäre die Alternative? 
       
       In der befreiten Gesellschaft könnten wir die Arbeit reduzieren, der
       technische Fortschritt könnte uns die Verbrauchsgüter produzieren, die wir
       brauchen. Das ist ja auch das alte kommunistische Versprechen, die
       Gesellschaft ohne Herrschaft, dafür demokratische Mitbestimmung und
       Bedürfnisbefriedigung.
       
       Vortrag „Warum dein Leben auch mit Arbeit scheiße ist – Eine Einführung in
       die Kapitalismuskritik“: 18 Uhr, Universität Hamburg, T-Stube, Pferdestall,
       Allende-Platz 1
       
       12 Dec 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Gebauer
       
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