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       # taz.de -- Rechtsstreit wegen Nazi-Tattoos: Rechter Lehrer gewinnt
       
       > Ein Lehrer mit Nazi-Tattoos klagt gegen seine Kündigung. Ein Gericht gibt
       > ihm vorerst Recht – in den Schuldienst darf der Mann dennoch nicht
       > zurück.
       
   IMG Bild: Diesmal stand Clemens K. vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
       
       BERLIN taz | Ein Lehrer trägt offenkundig rechtsextreme Tattoos und zeigt
       diese Schülern und Kollegen. Daraufhin wird er im Februar vom Land
       Brandenburg gekündigt. Seitdem führt er eine Prozessschlacht an
       verschiedenen Gerichten. Am Mittwoch befasste sich schließlich das
       Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit dem Fall.
       
       Der Satz „Meine Ehre heißt Treue“ ist eng mit dem Nationalsozialismus
       verbunden. In Gürtelschnallen der Schutzstaffel (SS) eingraviert, war der
       Spruch, der auf Adolf Hitler zurückgeht, allgegenwärtig und diente der SS
       als Wahlspruch. Immer „am Mann“ trägt die rechtsextreme Parole auch Clemens
       K.: großflächig auf seinem Bauch tätowiert.
       
       Der 36-Jährige war bis Februar 2019 Lehrer an der Albert-Schweitzer-Schule
       in Hennigsdorf. Seit 2016 unterrichtete er dort als Quereinsteiger im
       Rahmen seines Vorbereitungsdienstes Chemie und Biologie. Er war sogar auf
       dem Weg, Beamter zu werden.
       
       ## Oben ohne mit SS-Spruch
       
       Fast zwei Jahre fällt K. nicht negativ auf und gilt bei Schülern und
       Kollegen als beliebt. Im Juli 2018 kommt es dann zu einem Bruch. Bei einem
       Sportfest spielt er mit Schülern Volleyball. Aufgrund der warmen
       Temperaturen zieht K. sein T-Shirt aus und spielt fortan oberkörperfrei.
       „Um die Kinder zu motivieren, bei dieser Hitze sportlich aktiv zu sein“,
       sagt K. später.
       
       Die Treue zum Sport wird K. infolge dessen zum Verhängnis: Nicht nur der
       SS-Spruch, auch weitere Tattoos mit fadem Beigeschmack sind sichtbar: Auf
       der Brust prangt die Schwarze Sonne – in rechtsextremen Kreisen ein
       Ersatzsymbol für das verbotene Hakenkreuz. Auch ein Tattoo der Wolfsangel
       und der Schriftzug „Legion Walhalla“ sind zu sehen.
       
       Im Oktober 2018 erfährt das Schulamt von dem Vorfall. Die Schulleitung wird
       angehalten, dafür zu sorgen, dass die Tattoos nicht mehr zu sehen sind.
       Doch während einer Klassenfahrt bekommt eine Lehrerin die Tattoos zu
       Gesicht und das Bildungsministerium wird eingeschaltet. Mitte Februar 2019
       folgt die Kündigung.
       
       ## Der Angeklagte beteuert, nicht rechtsextrem zu sein
       
       K. beteuert stets, nicht rechtsextrem zu sein. Er habe sich die Tattoos aus
       Protest gegen seine schwere Kindheit vor zehn Jahren stechen lassen. Zudem
       habe er damals nichts über die Bedeutung der Tattoos gewusst. Der SS-Spruch
       sei aus einem Tattoo-Heft entnommen und ohnehin mit den Worten „Familie“
       und „Liebe“ erweitert. Unglücklicherweise nicht sichtbar unter der
       Gürtellinie.
       
       In der vorherigen Instanz hatte K. im Sommer erfolgreich gegen seine
       Kündigung aus dem Februar geklagt. Das Land Brandenburg musste ihn wegen
       Formfehlern zunächst weiterbeschäftigen und versetzte ihn ins Schulamt.
       
       In der Berufungsverhandlung ging es nun erneut um die Rechtmäßigkeit dieser
       Kündigung. Vor Verhandlungsbeginn hatte das Land Brandenburg noch einen
       Vergleich angeboten: drei Monatsgehälter Abfindung, eine Freistellung bis
       Ende März 2020 sowie ein „vernünftiges Arbeitszeugnis“, bot Rechtsanwalt
       Thomas Jürgens an. K. fordert jedoch ein Jahresgehalt.
       
       So musste das Gericht nun eine Entscheidung treffen. Die Kündigung vom
       Februar erklärte auch das Landesarbeitsgericht für unwirksam: Der Lehrer
       habe vor der Kündigung keine Abmahnung für das Zeigen der Tattoos erhalten.
       Außerdem wurde der Personalrat nicht ausreichend über die Kündigung
       informiert – konkret über die fehlende Eignung als Lehrer.
       
       Einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung hat K. vorerst dennoch nicht,
       urteilt das Gericht. Grund dafür ist eine zweite Kündigung des Landes vom
       November. Über deren Rechtmäßigkeit entscheidet das Arbeitsgericht
       Neuruppin am Montag. Zumindest bis dahin wird Lehrer K. nicht in den
       Schuldienst zurückkehren.
       
       11 Dec 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Julino
       
       ## TAGS
       
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