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       # taz.de -- Globale Lieferketten: Gesetz für mehr Fairness
       
       > Die Minister Gerd Müller und Hubertus Heil wollen Firmen verpflichten,
       > Menschenrechte in ausländischen Zuliefererfabriken zu schützen.
       
   IMG Bild: Sind oft mangelhaft: die Arbeits- und Umweltbedingungen in ausländischen Fabriken hiesiger Händler
       
       Mit einem Gesetz wollen Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und
       Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) deutsche Unternehmen zur Einhaltung der
       Menschenrechte im Ausland verpflichten. „Freiwilligkeit führt nicht zum
       Ziel“, sagte Müller am Mittwoch. Und Heil: „Wir müssen für mehr Fairness in
       den Lieferketten sorgen.“
       
       Es geht um die Arbeits- und Umweltbedingungen in den ausländischen Fabriken
       hiesiger Händler und Importeure. Nach mehreren schweren Unfällen mit
       Hunderten Toten hatte die Bundesregierung in ihrem Nationalen Aktionsplan
       für Wirtschaft und Menschenrechte festgelegt, dass mindestens die Hälfte
       großer deutscher Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten bestimmte
       Sorgfaltspflichten erfüllen müssen. Sie sollen beispielsweise ermitteln, ob
       die sozialen Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter bei ihren Zulieferern in
       Kambodscha oder Bangladesch gewährleistet sind.
       
       Dabei geht es unter anderem um die Sicherheit der Fabrikgebäude sowie um
       erträgliche Bezahlung und Arbeitszeiten. Ob dies gewährleistet ist, sollte
       eine Umfrage unter den Firmen ergeben. Das Umfrageergebnis gilt als
       repräsentativ, wenn von den rund 7.100 großen einheimischen Unternehmen
       etwa 400 freiwillig teilnehmen. Begründen von diesen mehr als 50 Prozent
       plausibel, dass sie ihre Sorgfaltspflichten einhalten, wäre kein Gesetz
       nötig. Dann würde die Regierung davon ausgehen, dass es in der Wirtschaft
       insgesamt gut läuft. Fällt die Umfrage schlechter aus, drohen Union und SPD
       laut Koalitionsvertrag mit einem Gesetz.
       
       ## Eine zweite Befragungsrunde folgt
       
       Nun haben 464 Unternehmen geantwortet, doch nur 20 Prozent halten nach
       Informationen von Müller und Heil die Vorgaben des Aktionsplans ein. In
       Kürze folgt eine zweite Befragungsrunde, an der sich weitere Unternehmen
       beteiligen können. Dass sich dann am Ergebnis etwas ändert, erwarten die
       beiden Minister jedoch nicht. Ein Grund: Die meisten Firmen haben wohl noch
       nicht mal eine Risikoanalyse für ihre Zulieferer angestellt. Das
       nachzuholen dauert länger.
       
       „Das Vorgreifen der Minister missachtet die zwischen Bundesregierung,
       Wirtschaft und gesellschaftlichen Akteuren vereinbarte Vorgehensweise
       eklatant“, erklärte Stefan Mair, Mitglied der Geschäftsführung des
       Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Erst nach der zweiten Umfrage
       ließen sich im Sommer 2020 Schlussfolgerungen ziehen. Die
       Bundestagsabgeordneten Michel Brandt (Linke), Uwe Kekeritz (Grüne) und die
       Entwicklungsorganisation Brot für die Welt unterstützten die
       Minister-Initiative.
       
       Bis Mai oder Juni 2020 sollen nun gemeinsame Eckpunkte beider Ministerien
       für ein Lieferketten-Gesetz vorliegen. Im Rahmen der deutschen
       EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 will man eine gemeinsame
       europäische Regelungen voranbringen. Ob Müller und Heil sich innerhalb der
       Bundesregierung gegen das Wirtschaftsministerium und das Bundeskanzleramt
       durchsetzen können, muss sich zeigen.
       
       11 Dec 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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