URI: 
       # taz.de -- Ein Jahr Fridays for Future: Erst Hype, jetzt Demopause
       
       > Nach einem Jahr Fridays for Future ist die Luft raus. Einige Ortsgruppen
       > hören auf, wöchentlich zu demonstrieren.
       
   IMG Bild: Greta Thunberg und Luisa Neubauer mit KlimaaktivistInnen auf der UN-Klimakonferenz in Madrid
       
       Madrid/Hamburg/Berlin taz | JournalistInnen drängeln, uniformierte
       UN-PolizistInnen und private Bodyguards schirmen Greta Thunberg und Luisa
       Neubauer an diesem Montag im vollgepackten Saal „Mocha“ hinter rot-weißem
       Flatterband ab. So weit alles normal bei der ersten Pressekonferenz der
       AktivistInnen [1][beim UN-Klimagipfel] in Madrid.
       
       Aber eines ist anders: Thunberg und Neubauer, die seit einem Jahr weltweit
       und in Deutschland die Aufmerksamkeit auf sich und ihr Thema ziehen, lenken
       von sich ab – auf das Thema und ihre MitstreiterInnen. „Bitte berichten Sie
       über diese wichtigen Geschichten!“, fordert Neubauer die JournalistInnen im
       Saal mehrmals auf. Thunberg redet nur ein paar Sätze, Neubauer moderiert.
       Ausführlich zu Wort kommen Betroffene von den Marshall-Inseln, aus Moskau
       und den USA, die die Auswirkungen von Klimawandel und Unterdrückung
       schildern.
       
       Der Greta-Hype ist Teil des unglaublichen Erfolgs – und auch Teil des
       Problems, das ihre Bewegung Fridays for Future (FFF) mittlerweile hat: Zwar
       herrscht auf der COP ein „Sicherheitsniveau wie bei Staatsgästen“ um die
       FFF-Ikone, wie ein UN-Beamter sagt. Zwar haben die 16-jährige Schwedin –
       und hierzulande auch ihr deutsches Pendant Neubauer – den Status von
       Popstars erreicht. Faktisch haben sie bislang jedoch wenig bewegt. Thunberg
       hat mit dem Papst und vor der UNO gesprochen. Am Donnerstag ätzte
       US-Präsident Donald Trump, es sei „lächerlich“, dass das Magazin Time sie
       zur Persönlichkeit des Jahres gekürt habe. Die Klimakrise hat durch die
       FFF-Proteste also ungeahnte Aufmerksamkeit erlangt – aber keine effektivere
       Klimapolitik.
       
       ## Keine wöchentlichen Streiks mehr
       
       Die Bewegung hat nicht nur kaum messbare Auswirkungen, auch die
       freitäglichen Schülerstreiks haben sich offenbar auserzählt. Die Demos, die
       einige LehrerInnen und PolitikerInnen lange zu verhindern suchten, sind
       nicht mehr so gut besucht. Beim [2][globalen Klimastreik] Ende November
       sind in Deutschland nicht mal mehr halb so viele Protestierende wie bei der
       Vorgängerveranstaltung am 20. September auf die Straßen gegangen. FFF
       sprach von 630.000 Protestierenden, zwei Monate zuvor hatten sie noch 1,4
       Millionen gezählt.
       
       Deshalb haben nun zwei der größten Regionalgruppen weltweit eine gewichtige
       Entscheidung getroffen: Pünktlich zum einjährigen Jubiläum der Schulstreiks
       in Deutschland hört FFF auf, wöchentlich zu streiken. Die Fridays-Gruppen
       in Berlin und Köln wollen an diesem Freitag zum 52. und letzten Mal im
       wöchentlichen Turnus vor die Rathäuser ziehen. Andere Ortsgruppen dürften
       dem Beispiel folgen.
       
       Teile von FFF verabschieden sich damit von dem Vorgehen, das sie so bekannt
       gemacht hat. „Wir haben in einem Jahr viel erreicht“, sagt Immanuel
       Nikelski von FFF-Berlin. Die SchülerInnen haben das Thema Klimawandel in
       die Mitte der Gesellschaft getragen – viele vor ihnen haben das nicht
       geschafft. „Aber eines haben wir eben nicht erreicht“, räumt er ein: „Dass
       sich die Politik wirklich bewegt. Deshalb wollen die SchülerInnen jetzt in
       einen „strategischen Prozess“ gehen. Und überlegen: Wie kann man
       PolitikerInnen dazu bringen, sich zu bewegen?
       
       ## Die Bewegung stößt an ihre Grenzen
       
       Es ist eine Vernunftentscheidung und zugleich das Eingeständnis, dass die
       Bewegung an ihre Grenzen stößt, wenn sie sich nicht verändert. Nicht nur
       die Öffentlichkeit hat das Interesse an den wöchentlichen Demos verloren,
       auch die Bewegung schwächelt: In Berlin waren zuletzt nur noch etwa 300 bis
       800 SchülerInnen an den Freitagsstreiks beteiligt – je nach Stundenplan. In
       Hamburg sind es konstant etwa 300, in Köln eher um die 100. Die Streiks
       binden Kräfte und schlucken Ressourcen, und sie halten die SchülerInnen von
       der nun wichtigsten Frage ab: Wie soll es weitergehen?
       
       Das weiß auch Pauline Brünger von FFF Köln nicht. „Wenn wir den Plan jetzt
       schon hätten, würden wir ihn direkt umsetzen“, sagt sie. Die FFF-Maxime
       „Wir streiken, bis ihr handelt“ sei nicht aufgegangen, das sehe man am
       wirkungslosen Klimapaket und dem verzögerten Kohleausstieg in Deutschland,
       aber auch am Missmut der PolitikerInnen auf der COP.
       
       ## Andere Gruppen protestieren weiterhin freitags
       
       Nicht alle deutschen Ortsgruppen halten das Ende der wöchentlichen
       FFF-Streiks für eine gute Idee. „Es ist wichtig, weiter zu zeigen, dass wir
       da sind und dass wir nicht einverstanden sind, dass politisch nichts
       passiert“, sagt Annika Rittmann von der Hamburger Regionalgruppe. Diese
       will weiter wöchentlich demonstrieren.
       
       In vielen kleineren Städten hat FFF ohnehin längst mit dem Wochenprotest
       aufgehört. Schließlich macht es kaum Eindruck, wenn 15 oder 20 SchülerInnen
       freitags vor dem Rathaus stehen.
       
       Andere Gruppen diskutieren, wie lange der Takt noch aufrechtzuerhalten ist.
       Eins versichert aber Immanuel Nikelski aus Berlin: Mit Unterrichtsausfall
       habe das Ende der wöchentlichen Schulstreiks „eher wenig“ zu tun.
       
       12 Dec 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /UN-Klimakonferenz-in-Madrid/!5645953
   DIR [2] /Schwerpunkt-Klimawandel/!t5008262
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Schipkowski
   DIR Bernhard Pötter
   DIR Kai Schöneberg
       
       ## TAGS
       
   DIR Greta Thunberg
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Luisa Neubauer
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR  UN-Klimakonferenz in Belém 2025
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Benzinpreise
   DIR CO2-Emissionen
   DIR Greta Thunberg
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR CO2-Emissionen
   DIR Greta Thunberg
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Greta Thunberg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Fridays for Future gegen Konzerne: Euer Haus, euer Auto, euer Boot
       
       Der Protest gegen Siemens sorgte für Furore. Deshalb denken die
       Klimaschützer*innen darüber nach, verstärkt Unternehmen ins Visier zu
       nehmen.
       
   DIR NGO will Deutschland klimaneutral machen: Im Turbogang gegen die Krise
       
       Die neue Organisation „German Zero“ hat große Pläne: Bis 2035 soll
       Deutschland komplett klimaneutral werden. Das finden nicht alle
       realistisch.
       
   DIR Reaktion auf Klimapaket: Jammern als Industrie-Strategie
       
       Immer mehr Länder verteuern den CO2-Ausstoß, Deutschland liegt im Trend.
       Der BDI warnt trotzdem davor, dass der Mittelstand unter die Räder kommt.
       
   DIR CO2-Preis soll auf 25 Euro steigen: Durchbruch bei Klimapaket
       
       Erst traten die Länder auf die Bremse, jetzt geht alles ganz schnell. Bund
       und Länder haben sich in den Verhandlungen zum Klimapaket geeinigt.
       
   DIR Greta Thunberg fährt Deutsche Bahn: Reisen auf harten Gnubbeln
       
       Die Klimaaktivistin sitzt im ICE auf dem Boden vor der Klotür – und bewegt
       damit die deutsche Twittergemeinde. Warum eigentlich? Ein Brief an Greta.
       
   DIR Klimakonferenz in Madrid: Emotion gegen Emission
       
       Auf der Klimakonferenz COP25 in Madrid prallt die Wut der Jugend auf die
       Welt der Diplomatie. Die Demonstrant*innen halten sich nicht an die Regeln
       der UNO.
       
   DIR Fridays for Future in Berlin: FFF will (Frisch-)Luft holen
       
       Rund 500 Menschen demonstrieren für eine andere Klimapolitik. Viele
       Teilnehmer:innen überlegen, wie sich die Bewegung wandeln muss.
       
   DIR Knackpunkte der Klimakonferenz: Monster namens Marktmechanismen
       
       An den „Kohlenstoffmärkten“ droht die COP zu scheitern. Sie könnten die
       grüne Wende bringen. Oder Klimaschutz zur Luftbuchung machen.
       
   DIR UN-Klimakonferenz in Madrid: Druck von draußen
       
       Die UN-Klimakonferenz startet in die heiße Phase. Druck machen alle, die
       nicht direkt ins Gefeilsche um offizielle Erklärungen verstrickt sind.
       
   DIR Umweltpsychologe über Klimawandel: „Alarmismus vermeiden“
       
       Beim Klimawandel sei es wichtig, Handlungsmöglichkeiten anzubieten. Sonst
       reagierten Menschen oft mit Verdrängung, erklärt Torsten Grothmann.
       
   DIR Greta Thunberg beim UN-Klimagipfel: Aktivismus trifft Realpolitik
       
       Greta Thunberg kommt zur UN-Klimakonferenz nach Madrid. Doch sie will, dass
       andere Personen im Vordergrund stehen.