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       # taz.de -- Islamistischer Angriff in Niger: Stundenlange Attacke
       
       > Bei einem islamistischen Angriff auf eine Militärbasis in Niger sterben
       > 71 Soldaten und 57 Angreifer. Frankreich verschiebt den Sahel-Gipfel.
       
   IMG Bild: Brach wegen des Angriffs eine Auslandsreise ab: Nigers Präsident Mahamadou Issoufou
       
       London taz | In Niger haben radikale Islamisten am Dienstag einen der
       blutigsten Angriffe seit Beginn der islamistischen Aufstände in der
       afrikanischen Sahelzone verübt. Wie das Verteidigungsministerium am
       Mittwochabend offiziell im Staatsfernsehen bestätigte, starben 71
       Regierungssoldaten bei dem Angriff auf die Militärbasis Inates im Westen
       des Landes. 12 weitere wurden verletzt, zahlreiche seien „verschwunden“,
       hieß es weiter. 57 Angreifer seien getötet worden.
       
       Den Berichten zufolge griffen mehrere hundert Kämpfer, mutmaßlich
       Angehörige des „Islamischen Staats der Großen Sahara“ (ISGS), stundenlang
       das Militärgelände an, unter anderem mit schwerer Artillerie, aber auch mit
       Selbstmordattentätern in sprengstoffbeladenen Fahrzeugen. Die Kämpfe seien
       von einer „außergewöhnlichen Gewalt“ gewesen, hieß es in der offiziellen
       Mitteilung.
       
       Ein lokaler Medienbericht, der sich auf Quellen im Militär beruft,
       schildert den Ablauf so: Erst hätten die Angreifer die
       Kommunikationszentrale der Militärbasis zerstört und dann die Basis
       insgesamt angegriffen. Ein Teil des Armeekontingents in Inates habe die
       Flucht ergriffen; die meisten von ihnen seien massakriert worden, darunter
       der Kommandant der Basis, Assane Anoutab. Mit Verstärkung aus dem nahen Ort
       Ouallam sei die Basis schließlich zurückerobert worden.
       
       Inates liegt 260 Kilometer nordwestlich von Nigers Hauptstadt Niamey, fünf
       Kilometer vor der Grenze zu Mali. Auf der anderen Seite der Grenze liegt
       das malische Naturschutzgebiet Ansongo-Ménaka, seit Jahren ein
       Rückzugsgebiet für Schmuggler und für Rebellen, die von dort aus in der
       einen Richtung nach Niger vorstoßen können und in der anderen nach Gao, der
       größten Stadt im Osten Malis, wo unter anderem Bundeswehrsoldaten
       stationiert sind.
       
       ## Die internationalen Antiterrorstrategen sind ratlos
       
       Die Sicherung dieser grenzüberschreitenden Unsicherheitszone ist seit
       Jahren ein Schwerpunkt der [1][internationalen Terrorbekämpfung] in Mali
       und Niger. Zuletzt waren am 1. Juli 18 Soldaten bei einem Angriff auf die
       Militärbasis Inates getötet worden. Die Angriffe auf das Militär in Niger,
       Mali und Burkina Faso werden immer heftiger und stärker.
       
       Niger gilt im regionalen Vergleich als stabil und seine Armee als relativ
       gut organisiert. In Mali ist die Regierung viel schwächer und hat
       nichtislamistischen Rebellen wie denen der Tuareg die faktische Kontrolle
       von Teilen des Staatsgebiets überlassen müssen.
       
       Es gibt [2][verbreitete Kritik], dass diese Befriedungspolitik auch
       islamistischen Rebellen unkontrollierbare Rückzugsgebiete schafft – wobei
       Tuareg-Rebellen und islamistische Kämpfer keineswegs Verbündete sind. Viele
       der nigrischen Soldaten, die in Inates getötet wurden, waren selbst Tuareg.
       
       Die internationalen Antiterrorstrategen sind zunehmend ratlos. Frankreich,
       das mit mehreren tausend Soldaten in der Sahelzone gegen Islamisten kämpft,
       findet nur wenig Widerhall mit seinen Rufen nach stärkerer internationaler
       Unterstützung – beim Nato-Gipfel in Großbritannien vergangene Woche fehlte
       das Thema in der Abschlusserklärung komplett, trotz vorheriger Bemühungen.
       
       Und bei der EU, wo das Thema auf der Agenda des laufenden Gipfeltreffens
       stehen soll, gibt es ebenfalls wenig Begeisterung für eine wenig Erfolg
       versprechende neue europäische Militärmission. Frankreich hatte kürzlich
       einseitig die afrikanischen Sahelstaaten zu einem Krisengipfel im
       französischen Pau am 16. Dezember einberufen.
       
       Diesen Gipfel hat Frankreich nun abgesagt und auf das kommende Jahr
       verschoben. Die Sahelstaaten werden sich nun erst mal am 15. Dezember unter
       sich in Niger treffen, als Zeichen der Solidarität.
       
       Nigers Präsident Mahamadou Issoufou – der engste politische Verbündete
       Deutschlands in der Region – kehrte in der Nacht zum Donnerstag vorzeitig
       von einer Sicherheitskonferenz in Ägypten nach Hause zurück.
       
       12 Dec 2019
       
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