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       # taz.de -- Tierversuche am Hamburger UKE: Weniger Qual und Tod
       
       > Die Uniklinik Eppendorf richtet eine Professur ein, um Tierversuche zu
       > reduzieren. Noch sterben dort jährlich 65.000 Tiere im Labor.
       
   IMG Bild: Süß, aber zu vorzeitigem Tod verdammt: Labormäuse
       
       Hamburg taz | Die Uniklinik Eppendorf hat rund 160 Professuren – eine davon
       soll sich künftig nur damit befassen, wie man Tierversuche ersetzen kann.
       Das gab Dekan Uwe Koch-Gromus am Donnerstag bekannt.
       
       Noch bevor er allerdings zum Wesentlichen kam, dämpfte der Dekan die
       Erwartungen. „Wir werden in den nächsten Jahrzehnten nicht um Tierversuche
       herumkommen“, sagte er. Es gehe bei der neuen Professur, für die ein Arzt,
       ein Tierarzt oder ein Biologe infrage komme, darum, Tierversuche zu
       reduzieren.
       
       Am UKE sterben jährlich etwa 65.000 Tiere für die Versuche, das sind allein
       40.000 Mäuse, aber auch Fische, Frösche, Ratten, Kaninchen,
       Meerschweinchen, Frettchen, Schweine und Schafe. Um die Bedingungen für die
       Tiere und die Mitarbeiter zu verbessern, baut das UKE gerade für 32
       Millionen Euro ein neues Versuchshaus, das 2023 fertig sein soll.
       
       Schon heute sei das UKE sensibilisiert für den Tierschutz, sagte
       Koch-Gromus. So seien die Drittmittel für Forschungsprojekte in zehn Jahren
       auf 105 Millionen Euro verdreifacht worden. Die Zahl der Tiere sei konstant
       geblieben. „Daran sieht man, dass eine Reflektion eingesetzt hat.“
       
       ## Forschung direkt an Tumoren
       
       Das UKE suche schon länger nach Alternativen. Bereits 2011 habe der
       Forscher Thomas Eschenberger eine [1][stammzellenbasierte Ersatzmethode]
       erfunden. 2018 habe das UKE mit einer halbe Million Euro drei
       Forschungsgruppen für neue Ansätze jenseits von Tierversuchen finanziert.
       
       Eine Gruppe versuche im Bereich Kardiologie aus Stammzellen Herzgewebe zu
       generieren, um Herzerkrankungen zu heilen, erläuterte Petra Arck, die
       Pro-Dekanin für Forschung. Das zweite Projekt versuche für die
       Neurowissenschaften Nervenzellen in Kulturen zu züchten. Das dritte Projekt
       forsche zu Tumoren.
       
       Dabei würden Tumore, die Patienten entnommen wurden, in Kulturschalen
       bestrahlt oder mit einer Chemotherapie behandelt, um zu gucken, worauf sie
       reagieren. So könne man „personalisiert“ herausfinden, was dem Patient
       hilft – und spare den Versuch an Mäusen.
       
       Für die Professur suche man jemanden, der diese neuen Methoden umsetzen
       könne, sagte Arck. Man hoffe auf Bewerber, die künstliche Organe entwickeln
       können, damit die Bereiche am UKE, die viele Versuchstiere benötigen, davon
       profitieren.
       
       Ein weiterer Ansatz sei, die Daten anderer Forschungsprojekte zu nutzen und
       computerbasiert Prozesse zu simulieren. Seit diesem Jahr gibt es zudem eine
       Plattform, auf der Versuche vorab registriert werden, um Dopplungen zu
       vermeiden.
       
       Derzeit werden am UKE pro Jahr 150 neue Tierversuche beantragt. Schwierig
       sei der Verzicht auf Tierversuche bei der Bekämpfung systemischer
       Erkrankungen, die den ganzen Körper betreffen, sagte Arck.
       
       ## Neues Versuchshaus anders nutzen
       
       Eine Co-Finanzierung für die neue Professur kommt aus dem Haus von
       Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank: Die Grüne sprach von einem
       „starken Signal“, das von der Professur ausgehe und deutete bezogen auf die
       „Jahrzehnte“-Aussage an, es könnte mit dem Ausstieg aus Tierversuchen
       schneller gehen.
       
       Zu dem Neubau sagte Fegebank: „Theoretisch könnte man auch etwas ganz
       anderes dort machen – so ist es konzipiert.“ Die Grünen-Abgeordnete
       Christiane Blömeke wies darauf hin, dass auch Menschen von den
       Ersatzmethoden mit menschlichen Zellkulturen profitieren, weil es weniger
       „unvorhergesehen Effekte“ gebe. Zudem wisse man von den Protesten gegen
       skandalöse Vorkommnisse in anderen Laboren, dass die Tiere „vielen am
       Herzen liegen“.
       
       13 Dec 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.dfg.de/service/presse/pressemitteilungen/2011/pressemitteilung_nr_02/index.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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