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       # taz.de -- Neues Radteam aus Israel: Im Inkubator
       
       > Der neu geschaffene Rennstall „Israel Start-Up Nation“ möchte im
       > Profiradsport vorn mitmischen. Mit dabei: drei deutsche Pedaleure.
       
   IMG Bild: Buddeln für das Wir-Gefühl: Radprofi André Greipel hilft beim Aufbau eines Internats in Israel
       
       Große Dinge passieren derzeit im einstigen Heiligen Land. Auf einem
       Dachgarten mit Blick über ganz Tel Aviv versammelten sich letzte Woche
       mehrere Dutzend Radsportler aus Europa, Nordamerika und Israel. Sie bekamen
       Trikots überreicht, auf denen „Friedensbotschafter“ stand, und andere, auf
       denen der Schriftzug „Israel Start-Up Nation“ zu lesen war.
       
       Der Titel „Friedensbotschafter“ war dem Team bereits vor zwei Jahren vom
       Peres Center, einer Stiftung [1][des früheren israelischen Präsidenten
       Shimon Peres], verliehen worden, weil es Brücken zwischen Nationen und
       Religionen baue. Israelis und Deutsche fahren im Profi-Team, ein
       muslimischer und ein drusischer Radsportler sind im Nachwuchsteam.
       
       Perspektivisch sollen auch palästinensische Athleten aufgenommen werden.
       „Israel Start-Up Nation“ heißt das Team wegen des neuen Co-Sponsors. Ihm,
       Start-Up Nation Central, gehört auch das Gebäude mit der Panorama-Terrasse.
       Er ist ein Inkubator für junge Technologieunternehmen.
       
       Bis letzte Woche noch hieß der Rennstall Israel Cycling Academy. Er war
       zweitklassig und hatte als größten Erfolg den Gesamtsieg bei der Tour of
       Utah aufzuweisen. Für die neue Saison schießen die Ansprüche in den Himmel.
       Teameigner Sylvan Adams erwarb die Lizenz des russisch finanzierten
       Rennstalls Katusha sowie einige Fahrer, unter ihnen Nils Politt und Rick
       Zabel.
       
       ## Mit Dan Martin zur Tour de France
       
       Er verpflichtete mit dem früheren Tour-de-France-Vierten Dan Martin sowie
       Sprinter André Greipel zwei weitere Spitzenkräfte. Mit ihnen will Adams den
       Radsport aufmischen. „Wir wollen ein Klassiker-Monument gewinnen, bei der
       Tour de France einen Fahrer unter die Top 10 bringen und am liebsten je
       eine Etappe bei den drei großen Rundfahrten gewinnen“, sagt Adams der taz.
       
       Für die Etappensiege wurde Greipel verpflichtet. Den Klassement-Job soll
       Dan Martin übernehmen. Und für den Klassikersieg ist Nils Politt zuständig.
       „Ich weiß, es wird schwer, den zweiten Platz von Paris–Roubaix und den
       fünften von der Flandernrundfahrt zu toppen, aber ich will schon einmal den
       großen Pflasterstein von Roubaix mit nach Hause nehmen. Das Team setzt in
       mich volles Vertrauen, und ich werde mein Bestes geben“, benennt Politt
       seine Ambitionen.
       
       Um zusammen zu wachsen, hält das Team ein Trainingslager in Israel ab. Die
       Profis griffen zur Schaufel, um für die Kinder einer Sportschule, in die
       Teameigner Adams Geld steckt, einen Geländeparcours aufzubauen. „Es war
       echt cool. Ich war ja früher auch auf einem Sportinternat. Wir haben für
       die Kids einen Cross-Parcours gebaut. Eine Gruppe hat die Strecke
       abgesteckt. Eine andere hat Lehm geschippt für die Auf- und Abfahrten auf
       einem Hügel. Und dann haben wir noch eine Steilkurve und Wassergräben
       gebaut“, erzählt Rick Zabel, und der Berliner wirkt richtig begeistert.
       
       ## Besuch in Jad Vashem
       
       Dass er mit dem neuen Team „Friedensbotschafter“ wurde, findet er ebenfalls
       prima: „Jetzt mit einer Botschaft zu fahren, mit einem Sinn, und zu sagen,
       ich bin Teil eines Projekts, das die Welt besser macht, ist schon deutlich
       cooler als nur für einen Radhersteller oder irgendeinen Sponsor zu fahren.“
       
       Das Team besuchte auch [2][die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vashem]. Für
       Rennstalleigner Adams gehört all dies zu den Bewusstseinsprozessen, die er
       auslösen will. Die Fahrer sollen sportlich fit, aber auch politisch wach
       sein. Nutzen möchte er das Team zur Werbung für Israel. Zu diesem Zweck
       holte er bereits den Start des Giro d’Italia 2018 nach Jerusalem. Er ist
       auch auf anderen Feldern aktiv, holte etwa Popstar Madonna zum Eurovision
       Song Contest in Tel Aviv und steckte fünf Millionen Dollar in das
       Mondlandeprojekt Israels.
       
       Adams’ Ziel ist es, Bilder eines „normalen“ Israels zu verbreiten. „Sie
       sind jetzt hier, Sie sehen, dass wir wie normale Leute leben. Aber diese
       Botschaft kommt kaum durch. Die Leute denken, wir leben in einer
       Konfliktzone. Das dominiert das Bild von Israel, denn die Nachrichten sind
       sehr eindimensional“, sagt er.
       
       Adams ist sich auch der großen Fallhöhe bewusst. Was passiert, wenn einer
       der „Friedensbotschafter“ mit Doping erwischt wird? „Das würde für unser
       Team ganz besonders schrecklich sein“, gibt er zu. Deshalb wähle man die
       Fahrer auch sehr sorgfältig aus. „Wir haben manche Fahrer nicht genommen,
       bei denen es komische Werte im physiologischen Profil gab. Die Fahrer, die
       jetzt bei uns sind, sind es nicht nur wegen ihrer Beine, sondern auch wegen
       ihres besonderen Charakters. Es ist für uns sehr wichtig, dass wir im
       höchsten Geiste des Sports Rennen fahren und Israel repräsentieren“, betont
       Adams.
       
       Ein gerüttelt Maß Moral kommt mit dem Rennstall Israel Start-Up Nation in
       den Profiradsport.
       
       15 Dec 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Beerdigung-von-Israels-Ex-Praesident-Peres/!5344987
   DIR [2] https://www.yadvashem.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tom Mustroph
       
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       Bei der Tour testen einige Mannschaften ihre Radprofis selbst auf Doping.
       Die Sponsoren beruhigt das. Die Transparenz der Testverfahren lässt aber
       bei einigen sehr zu wünschen übrig.