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       # taz.de -- Assad-Interview im italienischen TV: Schwatz mit dem Diktator
       
       > Eine Mitarbeiterin des italienischen Senders Rai interviewt Baschar
       > al-Assad. Beim Sender weiß man von nichts – und beinahe wird die Sache
       > unschön.
       
   IMG Bild: Monica Maggioni (li.) und Bashar Al-Assad
       
       Baschar al-Assad im Interview – das hatten wir in den letzten Jahren schon
       öfter, ob bei der ARD oder bei NBC. Auch für Journalisten gilt die Regel,
       die Politiker beherzigen: Mit Diktatoren muss man gelegentlich reden,
       selbst wenn sie blutige Kriege führen. Ein völlig neues Format schuf jetzt
       allerdings die italienische Journalistin Monica Maggioni. Sie führte für
       den Staatssender Rai ein Interview mit dem syrischen Staatenlenker, obwohl
       niemand es bestellt hatte.
       
       Die Geschichte ist schnell erzählt. Maggioni ist Managerin bei Rai –
       nämlich Chefin der Rai Com, die sich um die internationale Verwertung der
       Programme des Senders kümmert. Im November flog sie auf eigene Faust nach
       Damaskus zum Tête-à-Tête mit [1][Assad]. Kurz vorher hatte sie zwar den
       Rai-Chef Fabrizio Salini informiert, und der hatte ihr bedeutet, sie solle
       mal machen. Doch bei keiner einzigen Redaktion hatte sie nachgefragt, ob
       überhaupt Interesse an dem Plausch mit dem Diktator besteht.
       
       Das hielt Maggioni wahrscheinlich aufgrund ihrer Karriere in der Rai für
       überflüssig. Vor ihrer Managerintätigkeit war sie nämlich Journalistin, und
       eine berühmte dazu. Prominent wurde sie 2003, als sie als einzige
       italienische Journalistin „embedded“, also im Schlepptau des Militärs, den
       US-Vormarsch im Irak begleiten durfte. Einige Jahre später dann hatte sie
       es zur Chefin des Nachrichtenkanals Rai-News 24 gebracht, [2][wurde 2015
       sogar Präsidentin der Rai]. Dass sie 2018, nach dem Regierungsantritt der
       Fünf Sterne und der Lega, auf den recht langweiligen Rechtehandelsposten
       wechseln musste, weckte wohl ihre Begehrlichkeiten, wieder journalistisch
       aktiv zu werden.
       
       ## Mehr Posse als Politikum
       
       So kamen gute 20 Minuten mit Assad heraus, die nicht gerade spannend sind.
       Giftgas? Natürlich niemals. Bürgerkrieg? Davon kann keine Rede sein, bloß
       Kampf gegen den Terror. Und so geht es immer weiter.
       
       Wieder zu Hause, durfte Maggioni feststellen, dass keine Redaktion zur
       Ausstrahlung bereit war. Das ging schon mit dem gewerkschaftlichen Argument
       los, sie sei doch gegenwärtig gar nicht als Journalistin im Sender. Im
       Gegenzug wiederum war Assad irritiert – seine Medien redeten von „Zensur“,
       obwohl es da nicht viel zu zensieren gab. Das syrische TV strahlte das
       Interview dann auf eigene Faust aus. Und die Rai? Der Sender beerdigte den
       Schwatz mit dem Diktator, [3][indem sie ihn am Dienstag auf ihre
       Internet-Plattform „Raiplay“ stellte], als Zeichen der „Transparenz“.
       Transparenz wohl vor allem bezüglich einer Tatsache: dass Italien es hier
       weniger mit einem Politikum als mit einer senderinternen Posse zu tun
       hatte.
       
       15 Dec 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Folgen-von-US-Abzug/!5628604
   DIR [2] /Neue-Chefin-der-italienischen-RAI/!5221948
   DIR [3] https://www.raiplay.it/video/2019/12/Intervista-al-Presidente-siriano-Bashar-Al-Assad-162ce503-d0fa-4707-96c8-3cb77da60387.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
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