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       # taz.de -- Forderung nach höherem Mindestlohn: Ein bisschen Fairness
       
       > DGB und Linke wollen einen höheren Mindestlohn und höhere Sozialstandards
       > bei Hamburgs öffentlichen Aufträgen festschreiben.
       
   IMG Bild: Sollte nach dem Wunsch des DGB mindesten 14 Euro pro Stunde bekommen: Bauarbeiter in der Elbphi
       
       Hamburg taz | Der Deutsche Gewerkschaftsbund mischt sich in den Hamburger
       Bürgerschaftswahlkampf ein. Hamburgs DGB-Vorsitzende Katja Karger forderte
       am gestrigen Dienstag die Überarbeitung des Vergabegesetzes: „Jedes Jahr
       vergibt die Stadt Aufträge in Milliardenhöhe. Dabei steht jedoch nur der
       Preis im Mittelpunkt – nicht die Qualität.“ Dadurch würden Bewerber mit
       guten Arbeitsbedingungen und fairen Löhnen benachteiligt. Zum Zuge kämen
       dagegen regelmäßig Firmen mit dem billigsten Angebot.
       
       Möglich werden solche Dumping-Angebote häufig durch schlechte Bezahlung,
       durch Leiharbeit, Pseudo-Selbständigkeit und Kettenbefristungen. Eine
       Neufassung des Hamburgischen Vergabegesetzes aus dem Jahre 2006 sei daher
       „dringend“ geboten, so Karger. Der DGB Hamburg hat nun ein Eckpunktepapier
       mit den wichtigsten Forderungen für ein modernes Vergabegesetz vorgelegt.
       
       Öffentliche Aufträge stehen für nahezu ein Fünftel der gesamten
       wirtschaftlichen Leistung in Deutschland. [1][Erst Anfang Dezember hat sich
       der rot-rot-grüne Senat in Berlin auf einen Kompromiss verständigt], mit
       dem das dortige Vergabegesetz geändert werden soll. Darin enthalten sind
       Vorgaben für soziale und ökologische Kriterien, die künftig bei
       öffentlichen Beschaffungen berücksichtigt werden sollen. Das Vergabeentgelt
       in Berlin soll sich am Tarifvertrag der Länder für die Landesbeschäftigten
       orientieren und würde dann laut DGB mit 12,50 Euro Mindestlohn
       deutschlandweit am höchsten liegen. Unternehmen, die öffentliche Aufträge
       übernehmen wollen, müssen sich zudem an Tarifverträge halten.
       
       Im Unterschied zum DGB fordert die Linke in Hamburg, dass Auftragnehmer der
       Stadt einen Mindestlohn von 14 Euro an ihre Beschäftigten zahlen müssen. In
       einem Antrag forderte die Fraktion der Linken den Senat schon am 4.
       Dezember auf, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Vergabegesetzes
       vorzulegen. Die Bürgerschaft wird darüber am heutigen Mittwoch entscheiden.
       
       Die rot-grünen Bürgerschaftsfraktionen reagierten am gestrigen Dienstag
       eilig auf die Vorstöße von Linken und DGB: Die Regierungsfraktionen haben
       einen Zusatzantrag zu dem der Linken formuliert. Danach soll der Hamburger
       Mindestlohn „schrittweise“ auf zwölf Euro pro Stunde steigen, also weniger
       als in Berlin und deutlich weniger als von der Linken gefordert. Außerdem
       wollen SPD und Grüne im Landesvergabegesetz verankern, dass „soziale,
       beschäftigungspolitische, umwelt- und nachhaltigkeitsbezogene Kriterien“
       bei öffentlichen Vergaben „stärker berücksichtigt werden“. Um diese
       Kriterien genauer zu fassen, fehlte den Koalitionären offenbar die Zeit.
       
       Die Hamburger Behörden haben in der Vergangenheit oft auf den
       Modellcharakter des Hamburgischen Vergabegesetzes verwiesen. Bereits jetzt
       beinhaltet es Punkte, die fairen Handel und Umweltverträglichkeit
       betreffen. Die sozialen und arbeitsmarktpolitischen Kriterien reichen
       allerdings bislang nicht über die Minimalnormen der Internationalen
       Arbeitsorganisation (ILO) in Genf hinaus.
       
       Damit wollte der Senat vor allem Forderungen aus Wirtschaftsverbänden
       entgegenkommen, die Firmen und Arbeitnehmer aus osteuropäischen EU-Staaten
       beschäftigen. Die im bisherigen Gesetz geforderte Tariftreue bezieht sich
       daher nur auf Rechtsverordnungen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz,
       Allgemeinverbindlicherklärungen nach dem Tarifvertragsgesetz und
       Leiharbeitsmindestlohn. Das ist aus Sicht der Hamburger Gewerkschaften zu
       wenig.
       
       Außerdem mangelt es – keineswegs allein in Hamburg – an Kontrollen. Hierfür
       ist weitgehend der Zoll zuständig. Dieser gilt allerdings als stark
       überlastet und wurde von der Bundesregierung in der Vergangenheit mit
       anderen Aufgaben wie etwa der Schwarzgeld-Kriminalität überfrachtet.
       
       In seinem Eckpunktepapier fordert der DGB daher auch effektive Kontrollen
       und abschreckende Sanktionen. Katja Karger: „Wir dürfen nicht zulassen,
       dass die Stadt Lohndumping und das Unterlaufen von internationalen arbeits-
       und sozial-rechtlicher Standards mit öffentlichem Geld finanziert.“
       
       18 Dec 2019
       
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