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       # taz.de -- US-Kongress verabschiedet Gesetz: Hilfe für Uiguren
       
       > Das US-Repräsentantenhaus fordert Sanktionen gegen China wegen der
       > dortigen Verfolgung der Uiguren. Peking reagiert empört und droht mit
       > Gegenmaßnahmen.
       
   IMG Bild: Protestierende Uigurin mit tradioneller Mütze und Landesflagge in München
       
       Washington/Peking dpa | Das US-Repräsentantenhaus hat mit nur einer
       Gegenstimme ein Gesetz zur Unterstützung der Menschenrechtslage der Uiguren
       im Nordwesten Chinas beschlossen. Es soll Sanktionen gegen chinesische
       Regierungsvertreter ermöglichen, die für die Unterdrückung der muslimischen
       Volksgruppe verantwortlich gemacht werden.
       
       Prompt reagierte Chinas Regierung am Mittwoch in Peking empört und sprach
       von einer „ernsten Einmischung in innere Angelegenheiten“.
       Außenamtssprecherin Hua Chunying forderte die US-Regierung auf, das Gesetz
       nicht in Kraft treten zu lassen, und stellte sonst nicht näher beschriebene
       Gegenmaßnahmen in Aussicht.
       
       Die Pläne sind eine zusätzliche Belastung für die ohnehin frostigen
       Beziehungen zwischen den USA und China. Das Gesetzesvorhaben folgt nur zwei
       Wochen auf eine „Menschenrechts- und Demokratieverordnung“ zu Hongkong, mit
       der sich der US-Kongress hinter die demokratischen Kräfte in Chinas
       Sonderverwaltungsregion stellte.
       
       Trotz der Proteste aus Peking unterzeichnete US-Präsident Donald Trump das
       Gesetz. Experten gehen davon aus, dass die Spannungen auch eine angestrebte
       erste Vereinbarung in dem seit einem Jahr laufenden Handelskrieg zwischen
       den beiden größten Volkswirtschaften erschweren werden.
       
       ## Chinesische Firmen und Behörden sollen sanktioniert werden
       
       Der Gesetzentwurf zur Unterstützung der Uiguren, der am Dienstagabend
       Ortszeit in Washington angenommen wurde, fordert die US-Regierung auch auf,
       Behörden und Firmen, die für die [1][Internierung von Uiguren] oder deren
       Zwangsarbeit verantwortlich sind, mit Sanktionen zu belegen.
       
       Verschiedene Stellen der US-Regierung werden verpflichtet, dem Parlament
       regelmäßige Fortschrittsberichte zur Lage der Uiguren in Chinas
       nordwestlicher Provinz Xinjiang zu übermitteln.
       
       Nach offiziell unbestätigten Schätzungen sind Hunderttausende Uiguren in
       Umerziehungslager gesteckt worden, die China nur als Fortbildungszentren
       beschreibt.
       
       Die rund 12 Millionen Uiguren sind ethnisch mit den Türken verwandt und
       fühlen sich von den herrschenden Han-Chinesen unterdrückt. Nach ihrer
       Machtübernahme 1949 in Peking hatten die Kommunisten das frühere
       Ostturkestan der Volksrepublik einverleibt. Peking wirft uigurischen
       Gruppen Terrorismus und Separatismus vor.
       
       ## US-Senat und Abgeordnetenhaus müssen sich noch einigen
       
       Der US-Senat hatte im September bereits einstimmig einen ähnlichen
       Gesetzestext zum Schutz der Uiguren verabschiedet. Er muss sich nun noch
       einmal mit der Fassung des Repräsentantenhauses befassen, bevor das Gesetz
       zur Unterschrift an den US-Präsidenten geschickt werden kann.
       
       Trump könnte sein Veto einlegen, doch droht ihm dann wegen der
       parteiübergreifenden Zustimmung zu dem Gesetz, vom Kongress mit
       Zweidrittelmehrheit überstimmt zu werden.
       
       Nach dem Votum im Abgeordnetenhaus sagte Chinas Außenamtssprecherin in
       Peking, die Pläne verunglimpften Chinas Bemühungen im Kampf gegen
       Terrorismus. In Xinjiang gehe es nicht um Menschenrechte oder Religion,
       sondern um den Kampf gegen Terrorismus und Separatismus.
       
       Die Pläne enthüllten nur weiter, dass die USA im Kampf gegen Terrorismus
       „zweierlei Maß“ anlegten. Das chinesische Volk sehe dadurch „die Heuchelei
       und die bösen Absichten“ der amerikanischen Seite nur noch klarer, sagte
       die Sprecherin.
       
       Die Sprecherin des US-Abgeordnetenhauses Nancy Pelosi hatte Peking zuvor in
       einer Rede „barbarische Taten“ vorgeworfen. Die Uiguren und andere
       muslimische Minderheiten litten unter „brutaler Repression“ und
       allgegenwärtiger Massenüberwachung. Willkürlich und zwangsweise werde
       Erbgut selbst von Kindern gesammelt.
       
       Pelosi sprach von der Inhaftierung von „einer bis drei Millionen
       unschuldiger Menschen“ und prangerte Schläge, Einzelhaft, Verweigerung von
       Nahrung oder medizinischer Versorgung, zwangsweise Sterilisierung und
       andere Formen von Folter an. Wie viele Menschen in den Lagern festsitzen,
       ist unklar. Menschenrechtsgruppen sprechen von bis zu einer Million.
       
       ## Pelosi: „Amerika wird nicht schweigen“
       
       Pelosi erwähnte auch „Zwischenfälle von Massenerschießungen und
       außergerichtliche Tötungen“. „Wir schicken eine Botschaft an Peking:
       Amerika schaut zu und wird nicht schweigen.“ Die Menschenrechtsverletzungen
       Pekings gingen über die an den Uiguren hinaus. Sie reichten von der
       jahrzehntelangen Misshandlung der Tibeter über die Behinderung von
       Hongkongs Kampf für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bis zur Inhaftierung
       von Journalisten, Bürgerrechtsanwälten sowie christlichen und
       demokratischen Aktivisten.
       
       Als Reaktion auf das US-Gesetz zur Unterstützung der Demokratiebewegung in
       Hongkong hat China diese Woche angekündigt, den Besuch von Flugzeugen und
       Schiffen des US-Militärs in seiner Sonderverwaltungsregion nicht mehr
       zuzulassen. Auch sollen einige regierungsunabhängige Organisationen (NGOs)
       aus den USA „sanktioniert“ werden, darunter die Menschenrechtsorganisation
       Human Rights Watch.
       
       Welche Strafe ihnen droht, war zunächst nicht klar, da ausländische
       Menschenrechtsorganisationen in China ohnehin nicht zugelassen sind.
       
       4 Dec 2019
       
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