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       # taz.de -- Zentralbank gegen Klimakrise: Keine Kohle für Australien
       
       > Staaten, die sich beim Klima nicht anstrengen, sind im Nachteil:
       > Schwedens Zentralbank beginnt nun mit dem Divestment.
       
   IMG Bild: Kohleabbau in Australien
       
       Stockholm taz | Die schwedische Reichsbank wird künftig keine
       Staatsanleihen oder Obligationen mehr bei Staaten oder anderen Ausstellern
       kaufen, die sich besonders klimaschädlich verhalten. Konkret will sie
       solche als „braun“ eingestuften Obligationen von Staaten oder anderen
       Ausstellern nicht mehr kaufen und strebt an, sich von denen, die sie
       besitzt, zu trennen. Kanada und Australien bekommen das bereits zu spüren.
       
       „Wir haben uns von unserem Bestand an Bonds, die von der kanadischen
       Provinz Alberta ausgestellt wurden, bereits im Frühjahr getrennt“, ließ der
       stellvertretende Zentralbankchef Martin Flodén jetzt im Rahmen einer
       Universitätsveranstaltung wissen: „Kürzlich haben wir das Gleiche mit den
       Bonds der australischen Teilstaaten Queensland und Western Australia
       getan.“ Die Begründung: Nach Einschätzung der Reichsbank würden sowohl
       Kanada wie Australien keine ausreichenden Anstrengungen machen, um den
       Ausstoß von Klimagasen zu verringern.
       
       Der Klimawandel gehöre zu den größten Herausforderungen unserer Zeit, habe
       großen Enfluss auf die Wirtschaft und schaffe neue Risiken für die
       Finanzmärkte, führte der Vizezentralbankchef aus: „Die Reichsbank muss die
       wirtschaftlichen Folgen analysieren und handhaben. Auch wenn Regierung und
       Parlament unsere Klimapolitik gestalten, können wir zu einem gewissen Teil
       zur Klimaarbeit beitragen, wenn wir Nachhaltigkeitskriterien bei den
       Investitionen unserer Währungsreserven berücksichtigen. Das machen wir nun
       dadurch, dass wir Aussteller von Obligationen mit einem großen
       CO2-Fußabdruck ausschließen.“ Begonnen habe man mit Alberta, weil es
       Zentrum der kanadischen Ölschieferindustrie sei, und mit Queensland und
       Western Australia wegen der dortigen Kohleförderung.
       
       Ulf Erlandsson, früherer „Bond-Trader“ beim staatlichen schwedischen
       Pensionsfonds, spricht von einem außerordentlich wichtigen Schritt. Es sei
       das erste Mal, dass eine nationale Zentralbank ein solches Zeichen setze
       und mit Verweis auf das Klima begründe, warum man bestimmte Aktivitäten
       nicht mehr durch den Kauf von Obligationen unterstützen wolle. Tatsächlich
       verwendeten die fraglichen Teilstaaten ja die über Anleihen geliehenen
       Gelder dazu, in fossile Projekte zu investieren. Werde ihnen diese
       Geldquelle zugedreht, könne das durchaus Konsequenzen haben. Beispielsweise
       könnten sie gezwungen sein, Investoren höhere Zinsen anbieten zu müssen, um
       auf dem internationalen Markt noch Geld leihen zu können.
       
       ## Schweden verzichtet auf Geld
       
       Wegen ihrer guten Erträge seien die Obligationen, von denen man sich jetzt
       getrennt habe, eigentlich durchaus attraktiv gewesen, betonte Flodén. Ohne
       Details zu nennen, bezifferte er den Anteil, den die Reichsbank bei ihren
       Währungsreserven von insgesamt rund 52 Milliarden Dollar in
       unterschiedlichen kanadischen und australischen Anleihen halte, auf etwa 8
       Prozent. „Zentralbanker sind ja nicht gerade die typischen Ökos“,
       kommentierte Keith Stewart, Energiestratege bei Greenpeace Kanada: „Wenn
       nun auch sie anfangen Staatsobligationen aus Klimagründen auf die schwarze
       Liste zu setzen, sollten die kanadischen Politiker aufwachen.“
       
       Alberta reagierte zunächst mit Unverständnis. Man habe „die weltweit
       höchsten Umweltstandards“, betonte eine Sprecherin von Premierminister
       Jason Kenney: „Wenn die schwedische Zentralbank wirklich etwas gegen den
       Klimawandel tun will, muss sie mehr in ethische Produzenten wie Alberta
       investieren. Wir haben dramatische Fortschritte bei der
       Emissionsreduzierung erzielt.“
       
       Ganz konsequent ist die Nachhaltigkeitsperspektive der Reichsbank
       allerdings nicht. Was ab jetzt gegenüber ausländischen Anleihen gilt, soll
       erst einmal nicht für schwedische gelten. Flodén begründet das damit, dass
       es „in unserer Rolle als Zentralbank nicht angebracht wäre, wenn wir durch
       Auswahl unter staatlichen Obligationen nach grünen Kriterien versuchen
       würden, der eigenen Regierung Anreize für eine nachhaltigere Klimaarbeit zu
       geben“.
       
       4 Dec 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
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