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       # taz.de -- Streit um Kulturausschuss in Brandenburg: „Eine Provokation der AfD“
       
       > Bei der Wahl zum Vorsitzenden des Kulturausschusses fielen drei
       > AfD-Abgeordnete durch. Sie waren nicht wählbar, sagt der SPD-Mann Ludwig
       > Scheetz.
       
   IMG Bild: Werden nicht Kulturausschussvorsitzende: die AfDler Kalbitz und Berndt (l.)
       
       taz: Herr Scheetz, am Mittwoch fielen die drei Kandidaten der AfD für den
       Vorsitz im Kulturausschuss des Brandenburger Landtags [1][durch]. Warum? 
       
       Ludwig Scheetz: Wir haben uns sehr intensiv mit den Vorschlägen
       beschäftigt. Die AfD hat das Vorschlagsrecht, das stellen wir auch nicht
       infrage. Uns steht aber frei, ob die Personen, die vorgeschlagen werden,
       den Anforderungen für so ein wichtiges Amt wie den Kulturausschussvorsitz
       genügen.
       
       Was sind das für Anforderungen? 
       
       Es ist schon eine besondere Funktion, weil es im Kulturausschuss nicht nur
       um die Theater geht, sondern auch um die Gedenkstätten. Da muss man
       überlegen, wer das Parlament bei den verschiedenen Anlässen und
       Gedenkfeiern vertritt. Wenn das Personen sind, die in der Vergangenheit
       diesbezüglich nicht besonders positiv aufgefallen sind, dann sollte sich
       das Parlament sehr genau überlegen, wen es da hinschickt.
       
       Gegen Christoph Berndt, den Vorsitzenden von „Zukunft Heimat“ und
       Organisator fremdenfeindlicher Demonstrationen in Cottbus, hat es bereits
       im Vorfeld Widerstand gegeben, unter anderem von der Stiftung
       Brandenburgische Gedenkstätten. Der zweite Kandidat, der durchfiel, ist der
       AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzende und Flügel-Mann Andreas Kalbitz. Was
       sprach gegen den dritten AfD-Vertreter Felix Teichner? 
       
       Felix Teichner hat an Nazidemos teilgenommen. Aufgrund dessen ist sogar in
       der AfD ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn eröffnet worden. Eine
       Person mit einer solchen Affinität nach rechtsaußen konnten wir nicht
       mittragen.
       
       Sind die drei Abgeordneten, die die AfD in den Kulturausschuss geschickt
       hat, als politisches Zeichen oder gar als Provokation zu werten? 
       
       Ich würde sagen, ja. Auch, dass der Fraktionsvorsitzende und einer der
       umstrittensten AfD-Abgeordneten in den Ausschuss geschickt wurde, ist
       sicher kein Zufall.
       
       In Polen und Ungarn lässt sich beobachten, wie gerade auf dem Feld der
       Kultur versucht wird, rechtspopulistische Kulturpolitik zu betreiben, gegen
       die freie Szene oder missliebige Theater vorzugehen. Befürchten Sie, dass
       der Kulturausschuss in Brandenburg zu einem ähnlichen Kampffeld für die AfD
       werden könnte? 
       
       Die AfD hat sich in der Vergangenheit nicht unbedingt sehr intensiv in die
       Ausschussarbeit eingebracht. Da ist die Bühne nicht so groß wie im Plenum.
       Ich würde deshalb eher mal abwarten, wie sich das entwickelt. Und zum Glück
       sind die Mehrheiten im Landtag andere als in Polen. Ich denke auch, dass
       wir als Koalition, aber auch mit den Linken, gemeinsame Vorstellungen
       haben, wie man damit umgeht. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass mit
       Anträgen oder Tagesordnungspunkten provoziert wird.
       
       Welche Stellenwert spielt die Kultur generell für [2][die Kenia-Koalition
       in Brandenburg]? 
       
       Als etwas jüngerer Abgeordneter, der eher aus der Sozio- und Popkulturszene
       kommt, wünsche ich mir natürlich, dass wir uns etwas breiter aufstellen und
       uns nicht nur auf die Hochkultur konzentrieren. Ich will das aber auch
       nicht gegeneinander ausspielen. Brandenburg hat eine ungeheure Vielfalt zu
       bieten: von der Hochkultur mit den vielen Theatern und Schlössern bis zu
       den Konzerthäusern und Museen. Aber auch in der Sozio- und Popkultur hat
       sich in den vergangenen Jahren eine Menge entwickelt: Wir haben mehr als
       hundert Festivals in Brandenburg.
       
       Eines davon, das Festival auf dem Funkerberg in Königs Wusterhausen, haben
       Sie auch selbst initiiert. 
       
       Genau. Im Koalitionsvertrag steht, wir wollen Brandenburg zum Land der
       Festivals machen. Das müssen wir jetzt aber auch konkret untersetzen. Da
       müssen wir einen Akzent setzen, ohne die anderen Bereiche der Kultur zu
       vernachlässigen.
       
       Ist es eine richtige Entscheidung, dass das Ministerium für Wissenschaft
       Forschung und Kultur nun doch nicht nach Cottbus zieht? 
       
       Ob der Umzug eines Ministeriums sinnvoll ist, weiß ich nicht, dazu bin ich
       zu wenig Verwaltungsfachmann. Ich finde es aber richtig zu schauen, dass
       Behörden des Landes sich auf mehrere Standorte im Land verteilen. Da gibt
       es jetzt auch einen neuen Ansatz mit den Regionalbeauftragten, die die
       Ansprechpartner der Regierung im ganzen Land sind.
       
       Nicht nur Sie sind neu im Amt, sondern auch Kulturministerin Manja Schüle.
       Mit Kultur hatte sie bislang nicht so viel zu tun gehabt. Glauben sie, dass
       sie die entsprechende Empathie mitbringt, um den Kulturstandort Brandenburg
       in all seiner Vielfalt zu stärken? 
       
       Davon gehe ich aus. Ich kenne sie schon ein paar Jahren, sie ist ein sehr
       empathische Mensch. Auch wenn sie in dem Themenfeld in der Vergangenheit
       nicht unbedingt in Erscheinung getreten ist, haben mir die ersten Gespräche
       mit ihr gezeigt, dass sie da sehr wohl thematisch im Stoff steht.
       
       Wie geht es denn jetzt weiter im Kulturausschuss? Was ist, wenn die AfD
       ihre Kandidaten noch einmal vorschlägt? Oder glauben Sie, dass sie andere
       Ausschussmitglieder nominiert? 
       
       Das ist zuerst natürlich Sache der AfD. Ich gehe davon aus, dass wir bei
       der nächsten Sitzung wieder einen Vorschlag haben werden. Ob es ein
       personell neuer Vorschlag ist, bleibt abzuwarten. Aber den
       Tagesordnungspunkt Wahl eines Vorsitzenden werden wir wieder auf der
       Tagesordnung haben. Dann werden wir es genauso handhaben wie jetzt. Wir
       werden uns in der Fraktion beraten und uns ein Bild darüber machen, ob
       derjenige die Kriterien erfüllt, die wir an das Amt knüpfen.
       
       Sie selbst sind am Mittwoch zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt und
       werden bis zur Wahl eines Vorsitzenden kommissarisch die Sitzungen leiten.
       Ihre Wahl erfolgte einstimmig, also auch mit den Stimmen der AfD. Hat sie
       das überrascht? 
       
       Ja, das hat mich schon überrascht.
       
       Wie erklären sie es sich? 
       
       Da kann ich nur spekulieren. Vielelicht wollte man Arbeitsfähigkeit des
       Ausschusses nicht gefährden und die Arbeitsfähigkeit herstellen. Oder man
       misst der Stellvertreterfunktion nicht so eine starke Rolle zu.
       
       5 Dec 2019
       
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