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       # taz.de -- Polizeiruf vom RBB: Kein Funke springt über
       
       > Pressefreiheit, Klimaschutz, Eifersucht. Im „Polizeiruf“ ist alles drin –
       > und damit zu viel. Und dann ist die Auflösung auch noch absolut
       > erwartbar.
       
   IMG Bild: Szenenbild aus dem Polizeiruf, Maciej Stuhr (li.) und Antje Traue
       
       Berlin taz | Koinzidenzen sind mitunter schon ganz schön irre. Just in den
       Tagen, als der Prozess um den Mord am slowakischen Journalisten Ján Kuciak
       und seiner Verlobten begonnen hat, und der gegen die Bombenattentäter
       läuft, die die Journalistin Daphne Caruana Galizia auf Malta umgebracht
       haben, inklusive Verwickelung auf höchster Regierungsebene, just dann also
       läuft ein Polizeiruf des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), der sich
       explizit auf diese Fälle bezieht.
       
       Denn: Eine Journalistin ist im deutsch-polnischen Grenzgebiet mit dem Auto
       gegen einen Baum gefahren, die Radmuttern waren lose, Genickbruch, tot.
       Ihre investigativen Recherchen hatten sie in ein Geschwader aus
       Mauscheleien, Erpressung, Bestechung geführt. Beteiligte: ein
       Energieunternehmen, das im Naturschutzgebiet ein AKW bauen will; der
       Richter des Prozesses, den Umweltschutzverbände gerade gegen den Konzern
       führen; dazu die Gutachter, die der AKW-Bauer angeheuert hat; der Vater der
       Journalistin (Max Herbrechter), ebenfalls Journalist. Und die Ehefrau des
       Richters. Weil der ein Verhältnis mit der Reporterin hatte.
       
       Und damit wäre in „Tod einer Journalistin“ thematisch alles doppelt und
       dreifach beisammen: die Eifersucht, die Bedrohung der Presse, der
       Klimawandel, dazu eine lange Liste an Verdächtigen. Was für ein explosives
       Potenzial, bringt man Pressefreiheit und Energiewirtschaft zusammen! Doch
       hier stieben nicht mal Funken. Drei Drehbuchautoren saßen am Stoff (Silja
       Clemens, Stephan Rick, Thorsten Wettcke), immer ein Indiz für Kuddelmuddel.
       Mit das Schlimmste: Die Auflösung ist entsprechend erwartbar – und privat
       motiviert, nicht politisch.
       
       Da konnten weder Regisseur Stephan Rick, der schon mehrere Polizeirufe auf
       dem Buckel hat, noch die wie immer grandios unaufgeregten
       Hauptdar-stellenden Maria Simon und Lucas Gregorowicz nix mehr machen. Die
       selbst im Kleinen super sind. „Unvorstellbar, wie man nach Fukushima noch
       ein Atomkraftwerk bauen kann“, sagt KHK Olga Lenski (Simon) einmal –
       Kollege Adam Raczek (Gregorowicz) neben ihr am Steuer, wirft ihr nur einen
       kurzen Blick zu: „Wäre Ihnen Kohle lieber?“.
       
       Weil der binationale Polizeiruf einem eine perfekte Rampe baut, hier
       wenigstens die Jahresstatistik von Reporter ohne Grenzen: 49
       Medienschaffende wurden weltweit getötet. 389 sitzen im Gefängnis. 57 sind
       derzeit entführt. Allein dafür, das noch einmal öffentlich festzuhalten,
       hat sich die Folge gelohnt.
       
       29 Dec 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Haeming
       
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