# taz.de -- Umbau der Karl-Marx-Allee in Mitte: Grünstreifen muss warten
> Die Umweltsenatorin wollte auf dem Boulevard Parkplätze in Grünflächen
> umwandeln und hat das auch schon verkündet. Vorschnell, sagt der
> Regierende.
IMG Bild: Grün statt grau: so soll die Karl-Marx-Allee in Mitte aussehen. Ob das kommt, ist offen
Berlin taz | Deutlicher Dämpfer für Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne):
Ihr von Radaktivisten gefeierter Plan, auf Teilen der Karl-Marx-Allee in
Mitte die [1][Parkplätze auf dem Mittelstreifen durch eine Grünfläche zu
ersetzen], ist erstmal gescheitert. Dafür habe die Umweltverwaltung bisher
„keine Rechtsgrundlage“, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller
(SPD) am Dienstag nach Sitzung des Senats vor der Presse. Günthers
Ankündigung sei „vorschnell“ gewesen.
Ein Sprecher von Günther betonte indes, dass es keinen Baustopp gebe. „Es
wird weiter gebaut“, sagte Jan Thomsen. Allerdings darfkein Grünstreifen
angelegt werden, erklärte Claudia Sünder, Sprecherin des Senats.
Für die Veränderung, die auch eine Bürgerbeteiligung außer Kraft setzt, ist
laut Müller die Zustimmung zweier weiterer Senatsverwaltungen nötig: der
Kulturverwaltung, die auch für den Denkmalschutz zuständig ist, und die
Bauverwaltung. Mit beiden habe sich Günther laut Müller bisher nicht
abgesprochen.
Die Umweltsenatorin hatte mehr oder weniger spontan entschieden, die
Planungen für die derzeit im Umbau befindliche Karl-Marx-Allee noch mal zu
ändern. Statt Parkplätzen auf dem Mittelstreifen solle dort ein
Grünstreifen entstehen. In einer mehrere Jahre zurück liegenden
Bürgerbefragung hatten sich AnwohnerInnen für Parkplätze ausgesprochen. Die
Umweltverwaltung begründete die Umplanung unter anderem durch eine
veränderte politische Lage durch den Klimawandel; eine weitere Absprache
mit den AnwohnerInnen sollte nicht mehr erfolgen.
## Lob und Kritik
Die Entscheidung Günthers wurde unmittelbar vor dem [2][Grünen-Parteitag am
vergangenen Samstag] bekannt, und wurde dort sehr positiv aufgenommen. Auch
viele Radaktivisten lobten die Senatorin, der sie sonst oft Untätigkeit in
Sachen Radwegausbau und [3][Radsicherheit vorwerfen].
Im Bezirk Mitte allerdings stieß Günthers Vorgehen auf scharfe Kritik.
Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) warf der Umweltverwaltung vor, mit der
Entscheidung den Leitlinien zur Bürgerbeteiligung des Bezirkes und des
Landes zu widersprechen. Gothe wörtlich: „Der Bezirk Mitte distanziert sich
aber deutlich von diesem Vorgehen der Senatorin.“
Auch die Kulturverwaltung reagierte mit Unverständnis. Ein Gespräch mit der
Senatorin über die Umplanung habe – obwohl mehrfach verabredet – nie
stattgefunden. Die Karl-Marx-Allee steht weitgehend unter Denkmalschutz;
Plänen des Senats zufolge soll sie Unesco-Weltkulturerbe werden. Dafür muss
der ursprüngliche Charakter weitgehend erhalten bleiben. ¶
Der Regierende Bürgermeister mahnte am Dienstag an, „Bürgerbeteiligung
ernst zu nehmen, egal wie lange sie her ist“. Er betonte, dass es bei dem
einstweiligen Stopp nicht um den Erhalt von Parkplätzen gehe, sondern um
die Zusammenarbeit im Senat. ¶
Günther rechtfertigte ihr Vorgehen am Nachmittag in einer Pressemitteilung.
Darin heißt es: „Die damalige Bürgerbeteiligung zur Karl-Marx-Allee fand
vor sechs Jahren statt – wir haben seitdem eine völlig neue Lage in der
Stadt. Dies müssen wir bei allen Planungen berücksichtigen.“
Sie kündigte an, über das weitere Vorgehen Gespräche zu führen, „um die
bestehenden Differenzen auszuräumen“. AnwohnerInnen würde von der
Umweltverwaltung umfassend informiert: Informationsschreiben seien bereits
an die Anwohnerinnen und Anwohner verteilt worden, eine Veranstaltung werde
vorbereitet.
10 Dec 2019
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## AUTOREN
DIR Bert Schulz
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