# taz.de -- Warnstreik bei Kaufhof: Schöne Bescherung
> Mitten in der Adventszeit haben Beschäftigte der Warenhauskette die
> Arbeit niedergelegt. Sie fordern eine Rückkehr in den Flächentarifvertag.
IMG Bild: Frostige Stimmung: streikende Mitarbeiter*innen von Galeria Kaufhof vor einer Filiale
Berlin taz/dpa | In ganz Deutschland legen Kaufhof-Beschäftigte am
Donnerstag die Arbeit nieder. Betroffen sind nach Angaben der
Dienstleistungsgewerkschaft Verdi 68 Filialen der Warenhauskette. Gestreikt
werde auch in 16 Filialen von Karstadt Sports sowie rund acht Filialen von
Karstadt Feinkost. Mit dem Ausstand mitten im Weihnachtsgeschäft will die
Gewerkschaft ihrer Forderung nach einer Rückkehr in den Flächentarifvertrag
Nachdruck verleihen.
„Die Beschäftigten bei Kaufhof, aber auch Karstadt sind sauer“, sagte
Verdi-Verhandlungsführer Orhan Akman. „Sie verlangen, dass es endlich eine
sichere tarifvertragliche Lösung für die Zukunft des Warenhauses und ihre
Arbeitsplätze gibt und dass die kräftezehrende Hängepartie ein Ende hat.“
Kaufhof ist seit einem Jahr Teil eines Gemeinschaftsunternehmens mit dem
früheren [1][Erzrivalen Karstadt]. Eigner ist [2][die österreichische
Signa-Gruppe des Immobilien-Investors René Benko]. Verdi und Galeria
Karstadt Kaufhof verhandeln bereits seit einiger Zeit über einen
gemeinsamen Sanierungstarifvertrag für den durch die Fusion entstandenen
neuen Warenhausriesen. Die nächsten Tarifgespräche sind für den heutigen
Donnerstag und Freitag anberaumt.
Laut Verdi hatte die Arbeitgeberseite in der letzten Verhandlungsrunde Ende
November daran festgehalten, das Entgeltniveau auf der Basis des
niedrigeren Karstadt-“Zukunftstarifvertrags“ auch für die
Kaufhof-Beschäftigten nach unten anzupassen. Damit würden alle
Warenhaus-Beschäftigten dann beim Verdienst zunächst etwa 10 Prozent unter
dem Niveau der Flächentarifverträge liegen. Die Gehälter der
Karstadt-Sports-Beschäftigten lägen derzeit sogar bei 15,4 Prozent unter
dem Flächentarifvertrag.
## „Die Entwicklungen sind dramatisch“
Karstadt war 2013 aus der Tarifbindung ausgestiegen. Für Kaufhof haben die
Arbeitgeber die Tarifbindung in diesem Jahr aufgekündigt. Die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen deswegen bereits auf die zuletzt
ausgehandelten Entgeltsteigerungen von 3 Prozent in diesem Jahr und 1,8
Prozent in 2020 verzichten.
„Die Entwicklungen sind dramatisch und nicht weiter hinnehmbar“, sagte die
niedersächsische Verdi-Gewerkschaftssekretärin Havva Öztürk. „[3][Die
Sanierung des Unternehmens] darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten
ausgetragen werden.“ Jegliche Eingriffe in die Monatsentgelte lehne die
Gewerkschaft strikt ab.
„Die Beschäftigten verlangen eine verbindliche Rückkehr in den
Flächentarifvertrag des Einzelhandels“, sagte Verdi-Unterhändler Akman.
Außerdem wollten sie an der Weiterentwicklung des Zukunftskonzepts
Warenhaus beteiligt werden. „Und der Eigentümer muss Geld in die Hand
nehmen, um in das Warenhaus zu investieren“, forderte Akman.
Wenn das Unternehmen von Beschäftigten Verzicht einfordere, müssten
leitende Angestellte und das Management auch einen Beitrag zur Sanierung
leisten. „Jetzt müssen Management und Eigentümer liefern“, so Akman.
## Auch bei Douglas wird gestreikt
Galeria Karstadt Kaufhof hatte in der Vergangenheit bereits eine Lösung
vorgeschlagen, die für die Kaufhof-Mitarbeiter nicht ganz so große Einbußen
bedeuten und den Karstadt-Beschäftigten etwas mehr Geld bringen würde. Auch
Verdi hatte die Bereitschaft zu Zugeständnissen erkennen lassen. Doch sind
die Positionen der beiden Seiten offenbar noch weit voneinander entfernt.
Das gilt nicht nur für die künftige Lohnhöhe, sondern auch für die Frage,
wie lange ein neuer Sanierungstarifvertrag gelten soll.
Neben Kaufhof, Karstadt Sports und Karstadt Feinkost wird in mehreren
Bundesländern auch die Parfümeriekette Douglas von Verdi bestreikt. Auch
dieses Unternehmen war vor Jahren aus der Tarifbindung ausgestiegen.
Die Douglas-Chefetage sei weder bereit, Tarifverhandlungen aufzunehmen,
noch die Beschäftigten angemessen nach Tarif zu bezahlen, so die
Gewerkschaft. „Immer mehr Unternehmen begehen Tarifflucht zulasten der
Beschäftigten, die unter enormen Druck viel Arbeit leisten“, sagte der
niedersächsische Verdi-Gewerkschaftssekretär Rolf Stenzel.
12 Dec 2019
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## AUTOREN
DIR Pascal Beucker
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