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       # taz.de -- USA töten General Soleimani: Iran im Vorteil
       
       > Die Vereinigten Staaten machen immer wieder den gleichen Fehler: Sie
       > denken nur an den nächsten Schritt – und nicht an die Folgen.
       
   IMG Bild: Während einer Anti-USA-Demo am 3. Januar in Teheran
       
       Donald Trump habe „eine Stange Dynamit in ein Pulverfass geworfen“, so
       beschrieb der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden ziemlich
       treffend die Lage im [1][Irak]. Das US-Militär hatte in der Nacht zum
       Freitag bei einem Luftangriff auf den Flughafen in Bagdad den bekanntesten
       iranischen General getötet: [2][Qasim Soleimani], Chef der berüchtigten
       Al-Kuds-Brigaden.
       
       Auch unter dem Präsidenten, der alles ganz anders machen wollte,
       wiederholen die USA den immer gleichen Fehler. Sie denken immer nur an den
       unmittelbar bevorstehenden Schachzug und verlieren dabei die Schachpartie
       aus den Augen.
       
       Trump hatte mit seinem üblichen, von keinerlei Sachkenntnis getrübten
       Imponiergehabe in die Welt getwittert, dass er es den Ayatollahs in Teheran
       jetzt aber mal richtig zeigen werde und sie einen „hohen Preis“ bezahlen
       müssten. Ein tolles Gefühl – bis zum Gegenschlag, den der oberste
       geistliche Führer und mächtigste Mann im Land, Ajatollah Ali Chamenei, am
       Freitag bereits angekündigt hat.
       
       Iran ist bei dieser neuen Eskalation in vielerlei Hinsicht im Vorteil.
       Erstens hatte Trump seinen Wähler*innen versprochen, dass er die Truppen
       heimholen und die USA nicht länger Weltpolizist spielen lassen werde. Ein
       Krieg mit dem Iran ausgerechnet im Wahljahr wäre vor diesem Hintergrund
       sehr ungünstig. Die Amerikaner*innen sind kriegsmüde und nicht willens,
       weitere Milliarden in militärische Konflikte zu investieren.
       
       ## Alle nichtmilitärischen Mittel ausgeschöpft
       
       Zweitens sitzt Iran am längeren Hebel. Er verfügt nicht nur über eine Armee
       und die gerade wegen Soleimanis Tod zu allem entschlossenen
       Revolutionsgarden, sondern er kann über seine Verbündeten und
       Stellvertreter auch einen asymmetrischen Krieg führen.
       
       Allein Angriffe der schiitischen Milizen auf US-Ziele im Irak könnten
       verheerende Folgen haben. 2.000 Demonstranten kann die US-Botschaft in
       Bagdad vielleicht noch standhalten.
       
       Aber was, wenn es 20.000 sind? Teheran könnte außerdem dafür sorgen, dass
       die libanesische Hisbollah Israel attackiert oder die jemenitischen
       Huthi-Rebellen erneut den wichtigen Verbündeten Saudi-Arabien. Auch
       Anschläge auf US-Einrichtungen in einem westlichen Land wären denkbar.
       
       Drittens hat Trump an nichtmilitärischen Mitteln schon alles ausgeschöpft.
       Die in seinen Worten „härtesten Sanktionen aller Zeiten“ sind über Iran
       bereits verhängt. Washington hatte das internationale Atomabkommen mit
       Teheran 2018 gekündigt und Strafmaßnahmen ergriffen mit dem Ziel, die
       Iraner zu Nachverhandlungen zu zwingen. Hat nicht funktioniert.
       
       ## Waffen direkt aus Iran
       
       Viertens hat Iran seinen Einfluss im Nahen und Mittleren Osten in den
       letzten zehn Jahren enorm ausweiten können – teilweise auch dank der
       US-Politik – und ist kaum mehr zurückzudrängen. Der Irakkrieg 2003 und der
       Sturz Saddam Husseins haben die bis dahin unterdrückte Bevölkerungsmehrheit
       der Schiiten an die Macht gebracht.
       
       Ihr Verbündeter und Einflüsterer: Teheran. Im Libanon ist die schiitische
       Hisbollah-Miliz in das Machtzentrum aufgestiegen, als einzige politische
       Kraft mit einem eigenen militärischen Arm. An den Wänden der
       Hisbollah-Büros hängen Porträts von Ajatollah Chamenei. Die Waffen kommen
       direkt aus Iran.
       
       In Syrien hat Iran den Krieg für das Regime von Baschar al-Assad, einem dem
       Schiitentum nahestehenden Alawiten, gewonnen. Iranische Stützpunkte stehen
       in Syrien nun so nahe wie nie zuvor an der israelischen Grenze. Im Jemen
       haben die schiitischen Huthi-Rebellen die Hauptstadt übernommen und bereits
       mehrfach den US-Verbündeten Saudi-Arabien empfindlich getroffen. Kurzum:
       Iran ist trotz Sanktionen und Ächtung seitens der USA so mächtig und
       einflussreich wie nie zuvor.
       
       Die Vereinigten Staaten haben den Aufstieg Irans zur Regionalmacht nicht
       verhindert und werden ihn auch in Zukunft nicht eindämmen können. Mehrere
       Schritte im Voraus zu denken überfordert den Präsidenten. Donald Trump hat
       nicht das Zeug zum Schachspieler.
       
       3 Jan 2020
       
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