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       # taz.de -- Connewitz, der WDR und Lindners Zukunft: Die große Krankheits-Show
       
       > Deutschland diskutiert über einen unaufgeklärten Polizeieinsatz und
       > Umweltsäue. Und die FDP soll in die Regierung. Nur auf die Borussen ist
       > Verlass.
       
   IMG Bild: Polizeigewusel in Connewitz: Kann man ja mal diskutieren – auch wenn man nichts sicher weiß
       
       taz: Herr Küppersbusch, [1][im Leipziger Stadtteil Connewitz] wurde an
       Neujahr ein Polizeibeamter bei Ausschreitungen verletzt. [2][SPD-Co-Chefin
       Saskia Esken] fordert nun, es müsse geklärt werden, ob der Polizeieinsatz
       in Leipzig an Silvester angemessen war. Die Deutsche Polizeigewerkschaft
       sieht unterdessen schon den „Geist der RAF“ am Werk. Was sehen Sie? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Eine Massenschlägerei. Um die Deutungshoheit. Die
       Polizei ermittelt „wegen Mordversuchs“ an einem Beamten, der je nach
       Recherchestand „lebensgefährlich verletzt“, „notoperiert“, dann wieder
       „ambulant behandelt“ und schließlich zwei Tage drauf „aus dem Krankenhaus
       entlassen“ wurde. Politiker der Linken und SPD beklagen „ekelhafte
       Polizeigewalt“ und „kalkulierte Provokation“, immerhin lancierte die
       Polizei die auf Connewitz gerichtete „Soko LinX“ bereits zwei Monate vor
       der Eskalation. Beiläufig sickert die Wendung „linksgerichteter Stadtteil“
       in den Sprachgebrauch ein, während man Sachsen nicht als „rechtsgerichtetes
       Bundesland“ drumherum diskriminiert. Eskens Forderung ist so vernünftig,
       wie sie fruchtlos bleiben wird.
       
       Nach der [3][Aufregung über das umgedichtete Kinderlied zur „Umweltsau“]
       ließ WDR-Intendant Tom Buhrow das Video löschen. Zuvor hatten Mitarbeitende
       [4][Beschimpfungen und Drohungen] erhalten. Ist das jetzt noch
       Satirefreiheit? 
       
       Wenn ein paar Millionen Türkdeutsche im ZDF der Ziegenfickerei beigewitzt
       werden, hagelt es alle Fernsehpreise Deutschlands und Bild schwingt sich
       zur heldenmütigen Schildmagd der Satirefreiheit auf. Wenn ein paar
       Millionen Senioren im WDR als Umweltsäue provoziert werden, wird das Stück
       gelöscht, der Intendant zum Zensor und in Bild deliriert Wagner von „der
       Entlassung der Verantwortlichen“. So viel zum „linken Mainstream“ in diesem
       Land.
       
       Interessanter Beifang der Posse: Vor gut einem Jahr präsentierte der WDR
       die Ergebnisse der Studie „Mehr als #metoo – die Verantwortung des WDR als
       Arbeitgeber“. Überraschend war die Gewerkschaftsveteranin Monika
       Wulf-Matthies auf der Fährte sexueller Belästigungen im Sender bei „weit
       mehr“ gelandet. Es gehe nämlich „häufig auch um das Erleben von
       Machtmissbrauch oder eine Unzufriedenheit mit dem Betriebsklima“. An dieser
       Stelle müsse man ansetzen, so Wulf-Mathies – „es gehe um mehr Wertschätzung
       untereinander und einen besseren Umgang miteinander“. „Die interne
       Kommunikation muss gestärkt, mehr Feedbackmöglichkeiten geschaffen und ein
       nachhaltiger Kulturwandel angestoßen werden.“ (Zitate: WDR-Homepage)
       
       Statt sich hinter Mutter Beimer auf den Sozius zu schwingen und ein cooles
       Hühnerstall-Pressefoto rauszuhauen, erklärt der Intendant in einem
       Spiegel-Interview: Die „zuständigen Programmverantwortlichen“ hätten „das
       Video bereits aus dem Netz entfernt“, noch bevor er sich geäußert habe.
       Drei Absätze später: er „erlebe den WDR nicht so, dass hier
       eingeschüchterte Redakteure herumlaufen“. Vielleicht kann in der „Sendung
       mit der Maus“ erklärt werden, wie das mit der Zeitachse so ist und warum
       der WDR erst eine Studie vorstellt – und ein Jahr später die
       Krankheitssymptome öffentlich vorführt.
       
       Ab März wird der öffentliche Nahverkehr in Luxemburg kostenfrei. Was müsste
       in Deutschland passieren, damit wir hier auch in so einen Genuss kommen? 
       
       Am Ende der ebenfalls empfehlenswerten „Vennbahn“-Radstrecke von Aachen
       nach Luxemburg plumpsten wir erschöpft in den örtlichen ÖPNV. Er kostete
       damals schon nur 2 Euro nach Egal-wo-willst-du-denn und luxurierte
       erstklassig furniert und gepolstert. Kann nicht Luxemburg die Bahn kaufen?
       
       Die Deutsche Bahn plant nun für 2020 aber zumindest ein flächendeckendes
       W-LAN-Netzwerk für Bahnhöfe und Züge. Reicht das für ein paar Lobesworte? 
       
       „Ich bin in der Bahn“ weist Telefonpartner aus, die für ein blankes „Kein
       Bock, mit dir zu telefonieren“ zu diplomatisch sind. Hier sehe ich die Bahn
       gefordert, belästigungsfreie Zone zu bleiben. Leider funktioniert das W-LAN
       an Bord schon jetzt meist sehr gut.
       
       Am Montag veranstaltet die FDP ihr jährliches Dreikönigstreffen. Über die
       Führungsfrage in der Partei müssen wir nicht sprechen, Christian Lindner
       gab sich in einem Interview schon gewohnt selbstbewusst. Er sieht die
       Partei am Ende des Jahrzehnts sogar in der Regierung. Wo sehen Sie die FDP
       in den kommenden Jahren? 
       
       „Nach 12 Jahren fehlt schlicht der Mut zu Neuem und zur Korrektur alter
       Fehlentscheidungen“, meint Linder selbst – allerdings über Merkel. Dann hat
       er ja noch fünf Jahre als FDP-Chef.
       
       Die österreichischen Grünen haben am Samstag über den [5][Koalitionsvertrag
       mit der ÖVP] abgestimmt. Was sagen Sie: ein guter Deal für die linke Partei
       oder ein sicherer Weg zurück unter die 4-Prozent-Hürde? 
       
       Wenn das gelingt, wird es eng für Schwarz-Grün-Gegner bei den deutschen
       Grünen.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Erling Haaland verpflichtet. 11 Freunde hat ein Rap-Video des damals
       16-Jährigen aufgetrieben. Man sieht es und weiß: Gut vom BVB, den Jungen
       zum Fußball zu holen.
       
       Fragen: lam, hdl
       
       5 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Angriff-auf-Polizei-in-Leipzig/!5649887
   DIR [2] /SPD-waehlt-Vorsitzende/!5644621
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       ## AUTOREN
       
   DIR Friedrich Küppersbusch
       
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