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       # taz.de -- Projekt Wiederaufstieg beim HSV: Der alte Schlendrian
       
       > Der Hamburger SV hat in sieben Spielen nur sieben Punkte geholt. Sind das
       > bloß Formschwankungen oder eine Krise? Neuzugänge sollen es richten.
       
   IMG Bild: Dieter Hecking soll den HSV wieder in die Erste Liga führen. Nur wie?
       
       Hamburg taz | Wenn Dieter Hecking seine rechte Augenbraue hebt, so erzählt
       es sein Co-Trainer Dirk Bremser, ist das kein gutes Zeichen. Im Gegenteil:
       Wer den 55-Jährigen verärgert, wird damit rechnen müssen, dass es etwas
       lauter zugehen kann. Bremser weiß, wovon er spricht. Seit 19 Jahren
       arbeitet er mit Hecking Seite an Seite und kann den Gemütszustand seines
       engen Freundes ziemlich genau einschätzen.
       
       Heckings aktueller Klub, der Hamburger SV, hat in den vergangenen Wochen
       einigen Anlass dazu geliefert, dass sich Heckings Augenbraue nach oben
       zieht. Für den Zweitligisten läuft es nicht mehr so gut wie zu Anfang der
       Saison, als die Leistungen und Ergebnisse für einen ungefährdeten
       Durchmarsch in die Bundesliga sprachen. Der Höhepunkt dieser Phase war ein
       berauschender 6:2-Sieg gegen den Absteiger VfB Stuttgart, Hamburgs
       vermeintlich größtem Konkurrenten im Rennen um die Meisterschaft in der
       Zweiten Liga.
       
       Das war Ende Oktober 2019 – seitdem läuft es nicht mehr. In den letzten
       sieben Spielen vor der Winterpause holte der HSV nur sieben Punkte und
       steht momentan auf Platz zwei. Eine normale Formschwankung innerhalb einer
       langen Saison oder doch schon ein Vorzeichen für eine sich anbahnende
       weitere Krise?
       
       „Es fing gut an, aber nun sehen wir wieder den alten Schlendrian“,
       kritisiert beispielsweise Investor Klaus-Michael Kühne in einem Interview
       mit dem Hamburger Abendblatt, der mit seiner Skepsis in der Vergangenheit
       seltener daneben lag als mit seinen Investitionen in den Klub. „Das ist
       schon ein Phänomen: In der letzten Saison begann die Krise erst in der
       Rückrunde, nun geht es schon früher los“, sagte Kühne. Fachleute betonten,
       das sei vorübergehend. „Ich bin aber sehr skeptisch. Die Mannschaft wirkt
       auf mich nicht mehr so homogen und motiviert. Das quält mich doch sehr, als
       Fan und Anteilseigner.“
       
       Das Geraune im Umfeld konterte Hecking auf seine Art. Erst kritisierte er
       die allgemeine, aus seiner Sicht überzogene Erwartungshaltung („Genau das
       sind Dinge, die den HSV in der Vergangenheit immer umgebracht haben“), dann
       die harsche Kritik einiger Fans („Ich finde es sehr anmaßend, was sich
       einige Leute rausnehmen, die wahrscheinlich 50 Kilogramm Übergewicht haben
       und vorm Computer sitzen“), und schließlich erwischte es noch den eigenen
       Aufsichtsrat, der offenbar ein paar Infos über die Transferpläne im Winter
       an Medien durchsteckte („Wenn aus dem Aufsichtsrat jemand meint, etwas
       weitergeben zu müssen, ist das seine Meinung. Aber hier entscheiden drei
       Leute“).
       
       Damit hat sich der Cheftrainer etwas Ruhe verschafft und den Fokus von der
       Mannschaft auf sich gelenkt. Die sportlichen Probleme sind aber nicht
       behoben: eklatante Schwächen bei Standards und Luftduellen, fehlende
       Konsequenz vor dem Tor sowie ein teils zu körperloses Spiel beim
       Verteidigen.
       
       Um das Saisonziel Wiederaufstieg in die Bundesliga zu erreichen, will sich
       Hecking mit Neuzugängen verstärken. Sportvorstand Jonas Boldt muss auf dem
       schwierigen Wintertransfermarkt mit wenig Geld neue Spieler verpflichten,
       die sowohl qualitativ als auch mental dazu in der Lage sind, dem Druck im
       Rennen um die ersten beiden Tabellenplätze standzuhalten.
       
       Eine Aufgabe, an der man durchaus scheitern kann. Hecking soll es deshalb
       auf zwei Routiniers abgesehen haben, die er aus seiner Zeit als Trainer von
       Borussia Mönchengladbach kennt. Fabian Johnson, 32 Jahre alt, könnte das
       Problem auf den defensiven Außenbahnen lösen, das durch die langwierigen
       Verletzungen des Rechtsverteidigers Jan Gyamerah und seines Vertreters
       Josha Vagnoman entstanden ist.
       
       Tobias Strobl, 29, wäre ein Mann für das zentral-defensive Mittelfeld, in
       dem Hecking mehr Aggressivität und Zweikampfhärte fordert. Wahrscheinlich
       ist allerdings, dass erst gegen Ende der Transferperiode am 31. Januar
       etwas passiert. Der Markt im Winter gilt als deutlich weniger dynamisch als
       im Sommer, weil die meisten Fußballklubs sich mitten im Wettkampf durch
       Abgänge nicht schwächen wollen. Hecking wird sich in Geduld üben müssen,
       ehe er mit neuen Spielern planen kann.
       
       6 Jan 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Jovanov
       
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