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       # taz.de -- Hamburger Senat spart am Schulessen: „Kalt abserviert“
       
       > Caterer, die das Hamburger Schulessen zubereiten, kritisieren den Preis
       > von 3,50 Euro pro Teller. Der Senat will ihnen aber bisher nicht mehr
       > zahlen.
       
   IMG Bild: Schmecken soll es, gesund sein und nicht mehr als 3,50 Euro kosten: Schulessen in Hamburg
       
       Hamburg taz | Gesundes und frisch gekochtes Essen sollen Hamburgs Schüler
       bekommen, das war 2016 ein Ergebnis der Einigung des Senats mit der
       Volksinitiative „Guter Ganztag“. Seither hat Hamburg Millionen in den
       Einbau von „Vitalküchen“ investiert. Doch nun schlagen die Caterer, die mit
       der Bereitstellung des Schulessens beauftragt sind, Alarm. Denn der
       Essenpreis von 3,50 Euro pro Kind und Tag reiche nicht mehr aus, um die
       Kosten zu decken. Eine Studie des Gesundheitsministeriums gibt ihnen recht.
       
       „Die Stadt hat mit diesen Küchen den Bentley hingestellt, aber gibt nicht
       den Sprit dazu, sie zu betreiben“, umschreibt Okan Saiti von „Mammas
       canteen“ das Problem. Der Preis von 3,50 wurde 2012 von Schulsenator Ties
       Rabe (SPD) festgelegt. Doch seither sind die Kosten gestiegen. Es gibt den
       Mindestlohn und auch die Lebensmittel sind teurer geworden. Vor allem die
       Essenslieferung an weiterführenden Schulen, wo die Teenager doppelt so
       große Portionen brauchen wie Grundschulkinder, erweist sich vielerorts als
       Minusgeschäft. „Ich habe an einer Stadtteilschule in sechs Monaten 17.000
       Euro Minus gemacht“, berichtet Saiti.
       
       Schon im Juni 2019 setzten sich deshalb die Caterer mit dem Schulsenator
       zusammen – und der schien ein offenes Ohr zu haben. „Wir haben gesagt, wir
       brauchen mindestens 50 Cent mehr. Bis zum Jahresende federn wir das ab,
       aber 2020 brauchen wir diese Erhöhung“, berichtet Clara Mehlhose vom Träger
       „Alraune“. Die Behörde habe in den Gesprächen auf eine bundesweite Studie
       namens KUPS (Kosten- und Preisstrukturen der Schulverpflegung) verwiesen,
       deren Ergebnisse sie abwarten wolle.
       
       Die lag nun im Dezember auf dem Tisch. Und sie bestätigte die Caterer voll
       und ganz. So liegen die Kosten eines Mittagessens für einen Caterer je nach
       Zubereitungsart zwischen 4,23 Euro und 5,37 Euro. Die Preissteigerungen in
       den vergangenen zehn Jahren lagen bei 2,5 Prozent für Lohn und zwei Prozent
       für Lebensmittel pro Jahr.
       
       ## Caterer haben hohe Kosten
       
       „Die Behörde argumentiert, dass die 3,50 Euro großzügig bemessen wären.
       Aber dieses Polster ist längst aufgezehrt“, sagt Amedeus Hajek,
       Geschäftsführer der Alsterfood GmbH. „Nötig wäre eine Erhöhung um 50 Cent,
       und zwar sofort“, ergänzt Anton Senner vom Träger „Bergedorfer Impuls“.
       Außerdem müsse man zum nächsten Schuljahr eine Regelung finden, wie die
       Preissteigerungen dauerhaft berücksichtigt werden können.
       
       Doch die Schulbehörde machte den Caterern bei einem Treffen vor Weihnachten
       kein Angebot. Stattdessen kündigte sie eine erneute Untersuchung durch eine
       Unternehmensberatung an. Die Caterer zeigten sich davon enttäuscht: „Man
       hat uns ein halbes Jahr hingehalten, Hoffnung verbreitet, und dann kalt
       abserviert“, sagt Hajek.
       
       Offenbar hält man eine Essenspreiserhöhung im Wahlkampf für kein gutes
       Thema. Dabei gebe es eine Möglichkeit, die Preise anzupassen, ohne die
       Eltern zu belasten. Denn seit August 2019 erstattet der Bund über das
       „Starke-Familien-Gesetz“ die Essenbeiträge für die knapp 47.000 Kinder aus
       Hartz-IV-Familien vollständig. In den Jahren davor musste Hamburg einen
       Euro pro Kind und Mahlzeit dazu bezahlen. Diese Millionensumme könnte man
       nehmen, um die Preiserhöhung für alle Kinder auf vier Euro zu
       subventionieren.
       
       Doch die Schulbehörde hält nichts vom Vorschlag der Caterer. Es gehe um
       fünf Millionen Euro. Das Geld sei „dringend nötig“, um Verbesserungen in
       der Inklusion zu finanzieren, sagt Sprecher Peter Albrecht. Hamburgs
       Caterer bekämen nicht nur die Küchen gestellt, sondern auch die
       Betriebskosten. Mit dieser Subventionierung stehe die Stadt im Vergleich zu
       anderen Kommunen „beim Schulessen sehr gut da“, so Albrecht. Die
       KUPS-Studie basiere auf Rechnungen, die nirgendwo umgesetzt würden.
       Allerdings hat Berlin gerade den Essenspreis auf über vier Euro erhöht.
       
       Anton Senner sagt, er sei dagegen, Schulessen und Inklusion gegeneinander
       auszuspielen. Da es bei den Personalkosten keinen Spielraum gebe, bliebe
       nur noch beim Wareneinsatz zu sparen. „Wir könnten mehr Fertigsuppen und
       weniger biologische Lebensmittel einsetzen“, sagt er. „Aber warum sollen
       Hamburgs Schüler ein schlechteres Essen bekommen?“
       
       7 Jan 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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