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       # taz.de -- heute in hamburg: „Wir müssen diese Klischees loswerden“
       
       Interview Thilo Adam
       
       taz: Frau Klesse, zwölf Prozent: So gering ist der Anteil der
       Instrumentalistinnen an allen professionellen Jazzmusikern in Deutschland –
       niedriger als bei den Dax-Vorständen. Woran liegt das? 
       
       Eva Klesse: Wir suchen noch nach den entscheidenden Gründen. Inzwischen
       werden wir Musikerinnen aber mehr, dadurch gibt es Vorbilder. Junge Mädchen
       sehen, dass es möglich ist, zum Beispiel Schlagzeugerin zu werden – es gibt
       ja sogar ein Wort dafür!
       
       Bei Ihnen hat es ohne Vorbild geklappt? 
       
       Ich war viel mit meinen Eltern auf Konzerten, hab das Schlagzeug gesehen
       und gedacht: cooles Instrument. Ich habe gefragt, ob ich das mal
       ausprobieren darf, und ich durfte. Damals mit elf hat mir zum Glück niemand
       gesagt: Willst du nicht lieber Instrument xy spielen? Und zu der Zeit lief
       der Film „Bandits“, da hat Katja Riemann Schlagzeug gespielt. Ich weiß
       noch, dass mich das sehr gefreut hat.
       
       Im Jazz geht es musikalisch dauernd um Offenheit, warum kriegt die Szene
       das nicht auch im Sozialen hin? 
       
       Das ist wirklich Wahnsinn! Wir müssten eigentlich Vorreiter sein. Auch in
       anderen Bereichen, wo es um Diversität geht, wie Herkunft oder sexuelle
       Orientierung. Stattdessen gibt es leider auch noch das Machoding.
       
       Das heißt, auf Sessions geht es darum: Wer ist der virtuoseste Spieler? Wer
       hat am härtesten geübt? 
       
       Zu oft ist es noch so. Wir müssen diese Klischees loswerden. Ich kenne
       genügend männliche Kollegen, die überhaupt keine Lust haben, sich
       breitbeinig auf die Bühnen zu stellen und abzudrücken. Der Kampf um
       Gleichberechtigung ist ja ein Kampf für alle.
       
       Wie kann der gelingen? 
       
       Da müssen wir an vielen Stellen anknüpfen. Jazz ist akademisiert worden,
       man kann es studieren. Aber die Jurys bei den Aufnahmeprüfungen sind oft
       rein männlich. Und die entscheiden, wer reinkommt. Ich war bei meiner
       Berufung 2018 die erste Professorin für ein Jazzinstrumentalfach in
       Deutschland.
       
       Mehr als 50 Jahre nachdem hierzulande zum ersten Mal Jazz an einer
       Hochschule unterrichtet wurde. 
       
       Die Skandinavier machen das besser. Dort kommen so viele fantastische
       Musikerinnen her, die Förderung ist einfach besser.
       
       Wie hoch ist der Frauenanteil unter Ihren Studierenden aktuell? 
       
       Im Moment sind alle meine Hauptfachstudenten männlich.
       
       8 Jan 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thilo Adam
       
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