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       # taz.de -- Monika Griefahn als OB-Kandidatin: Der letzte Joker der Ruhr-SPD
       
       > Sie war Greenpeace-Aktivistin, Umweltministerin, SPD-Abgeordnete: Jetzt
       > will Monika Griefahn Bürgermeisterin in Mülheim an der Ruhr werden.
       
   IMG Bild: Einst bei Greenpeace dann beim Kreuzfahrt-Konzern: Monika Griefahn
       
       Bochum taz | Mit 65 will Monika Griefahn es noch einmal wissen. Die
       Sozialdemokratin, von 1984 an sechs Jahre als erste Frau im Vorstand von
       Greenpeace International und 1990 von Gerhard Schröder zur Umweltministerin
       Niedersachsens berufen, will Oberbürgermeisterin ihrer Geburtsstadt Mülheim
       an der Ruhr werden. Der Vorstand der skandalumwitterten Mülheimer SPD
       nominierte die Diplomsoziologin am Dienstagabend einstimmig.
       
       Griefahn gab das Kompliment prompt zurück: Die Spitzenkandidatur sei mehr
       als „eine große Ehre“. Als erste Abiturientin ihrer Familie habe sie der
       SPD nicht nur ihren persönlichen Bildungsaufstieg zu verdanken – sie wolle
       ein Zeichen setzen gegen den [1][„Rechtsruck“] und die „Spaltung der
       Gesellschaft“.
       
       Für das Engagement der einstigen Umweltaktivistin dankbar sein muss auch
       die angeschlagene Partei. Selbst in ihrem Stammland Nordrhein-Westfalen
       dümpeln die Sozialdemokraten um 20 Prozent – und in der Düsseldorfer
       Parteizentrale ist die Angst groß, dass bei den Kommunalwahlen am 13.
       September reihenweise Rathäuser verloren gehen.
       
       In den einstigen SPD-Hochburgen Dortmund und Gelsenkirchen treten die
       langjährigen Oberbürgermeister Ullrich Sierau und Frank Baranowski nicht
       mehr an. Bei den Europawahlen lagen [2][die Grünen] nicht nur in Dortmund,
       sondern auch in der Landeshauptstadt Düsseldorf auf Platz 1. In Mülheim
       lagen die Grünen mit 23,0 Prozent fast 2 Prozent vor der SPD. Auf dem Spiel
       steht damit die kommunale Verankerung der Sozialdemokraten – und damit die
       allerletzte Chance, die Partei doch noch wieder aufbauen zu können.
       
       ## Lokale SPD betrauerte Opfer des „Verschissmus“
       
       Eine Riesenchance ist die Kandidatur Griefahns, deren Politkarriere nach
       ihrer Zeit als Kultur- und Medienpolitikerin im Bundestag von 1998 bis 2009
       zu Ende schien, auch für die Mülheimer GenossInnen. Schon vor 25 Jahren war
       Mülheim die erste schwarz-grün regierte Großstadt der Republik.
       
       Erst im vergangenen Jahr versuchten die GenossInnen, ihren eigenen
       amtierenden Oberbürgermeister Ulrich Scholten loszuwerden. Dem wurde
       vorgeworfen, private Bewirtungskosten großzügigst über die Stadt
       abgerechnet zu haben – doch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft verliefen
       im Sand. Im November schafften es die Mülheimer Sozis, zum Volkstrauertag
       im Gedenken an die Opfer des Faschismus einen Kranz niederzulegen, auf
       dessen Schleife das Wort „Verschissmuss“ prangte.
       
       Mit der einst profilierten Umweltpolitikerin Griefahn dagegen könnte die
       SPD trotzdem gegen die Grünen punkten. Denn die treten in Mülheim nicht wie
       in Düsseldorf, Essen oder Bonn mit einer eigenen KandidatIn an, sondern
       setzen zusammen mit der CDU auf die Christdemokratin Diane Jägers.
       
       Die aber hat als Abteilungsleiterin im NRW-Bauministerium die Räumung des
       von BraunkohlegegnerInnen besetzten [3][Hambacher Walds] angeordnet.
       Entsprechend wenig begeistert reagierten die grünen Landeschefs Mona
       Neubaur und Felix Banaszak: „Wir hätten diese Entscheidung nicht
       getroffen“, erklärten beide im Dezember enttäuscht.
       
       Allerdings: Radikal ist auch die einstige Greenpeace-Chefin Griefahn längst
       nicht mehr. Als Direktorin des Kreuzfahrtunternehmens Aida half sie ab 2012
       mit, der klimaschädlichen Branche ein grüneres Image zu geben. Für eine
       zweite Karriere in der traditionell industriefreundlichen Ruhr-SPD aber
       ist das ein weiterer Pluspunkt: Griefahn, erklärte der Mülheimer SPD-Chef
       Rodion Bakum, verbinde eben „konsequenten Umwelt- und Klimaschutz mit einer
       innovativen und kreativen Wirtschaftspolitik“.
       
       8 Jan 2020
       
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