# taz.de -- Waffenruhe in Libyen: Nur eine Atempause
> Die Waffenruhe in Libyen ist eine Atempause fürs Land. Und für die EU
> eine Denkpause, um nach einer tragfähigen politischen Lösung zu suchen.
IMG Bild: Putin und Erdoğan mit Dolmetscher bei ihrem Treffen am Mittwoch
Es scheint erst einmal eine gute Nachricht: Bei ihrem Treffen am Mittwoch
in Istanbul haben sich der russische Präsident Putin und sein türkischer
Kollege Erdoğan auf einen [1][Waffenstillstand in Libyen] geeinigt. Da
beide relativ großen Einfluss auf ihre jeweiligen Protegés im Land haben,
besteht die Chance, dass die Waffen in dieser seit dem Sturz von Muhammar
al-Gaddafi von Bürgerkriegen gequälten Region tatsächlich erst einmal
schweigen.
Ein Segen wäre das insbesondere für die Hauptstadt Tripolis, die seit
Wochen von den Truppen des aufständischen Generals Chalifa Haftar belagert
und beschossen wird. Doch damit sind die Probleme in Libyen noch lange
nicht gelöst – die militärische Atempause schafft höchstens die
Voraussetzungen, um einen ersten Schritt zu einer politischen Lösung zu
gehen.
Dafür macht sich nun die Bundesregierung stark – allen voran ihr
[2][Außenminister Heiko Maas]. Er will in Berlin eine Libyenkonferenz
veranstalten und dabei als „ehrlicher Makler“ auftreten, der keine eigenen
Interessen in dem Land vertritt. Was Maas, und mit ihm der ganz
überwiegende Teil der EU, will, ist ein Minimum an Stabilität in Libyen,
damit es von dort keine unreglementierte Migration nach Europa mehr gibt.
Doch der Neuanfang für einen demokratischen friedlichen Prozess dürfte ein
Traum von Heiko Maas bleiben. Denn [3][Putin und Erdoğan] haben dort andere
Pläne, und auch Frankreich und Italien ziehen in Libyen nicht an einem
Strang.
Solange sich die EU aber nicht einig ist, wird sie kein Gegengewicht zu den
Autokraten aus Moskau, Ankara und Kairo entwickeln können, die alle in
Libyen mitmischen und dort vor allem die Öl- und Gasvorräte unter sich
aufteilen wollen. Erdoğan und Putin setzen deshalb mehr auf eine Teilung
des Landes als auf einen demokratischen Prozess, um die Pfründen verteilen
zu können. Eine geeinte EU, die bereit wäre, selbst Friedenstruppen nach
Libyen zu schicken, könnte aber zumindest als Ordnungsfaktor auftreten und
den Menschenhandel und die Versklavung von Migranten unterbinden.
9 Jan 2020
## LINKS
DIR [1] /Krieg-in-Libyen/!5654706
DIR [2] /Aeusserungen-deutscher-MinisterInnen/!5648837
DIR [3] /Tuerkei-entsendet-Militaer-nach-Libyen/!5653833
## AUTOREN
DIR Jürgen Gottschlich
## TAGS
DIR Libyen
DIR Recep Tayyip Erdoğan
DIR Heiko Maas
DIR Libyen
DIR Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
DIR Libyen
DIR Türkei
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Waffenstillstand für Libyen: Frieden ist unwahrscheinlich
Berlin richtet eine internationale Libyen-Konferenz aus. Frieden allerdings
ist das unwahrscheinlichste Ergebnis.
DIR Putins Politik im Nahen Osten: Merkel setzt auf Russland
In der Krise zwischen Iran und USA reist die Bundeskanzlerin am Samstag
nach Moskau. Sie hofft auf Putin als Stabilisierer der Region.
DIR Krieg in Libyen: Waffenruhe soll kommen
Die Türkei und Russland setzen sich für einen Waffenstillstand ein. Gelten
soll er ab Sonntag. Die EU kündigt eine Libyen-Konferenz an.
DIR Politologe über Libyen-Mission der Türkei: „Eine risikoreiche Entscheidung“
Das Parlament hat den Militäreinsatz in Libyen gebilligt. Politologe Hakan
Güneş sagt, Ankara beteilige sich an einem kolonialen Kampf um Ressourcen.
DIR Machtkampf in Libyen: Erdoğan schickt jetzt Soldaten
Die Türkei beginnt, Truppen nach Libyen zu senden, um im Streit um eine
Gas-Pipeline Einfluss zu sichern. Das letzte Wort hat aber Russland.