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       # taz.de -- Kommunalwahlreform in NRW ungültig: Stichwahl muss sein
       
       > Der Verfassungsgerichthof kippt die Reform der schwarz-gelben
       > Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Davon hätte die CDU profitiert.
       
   IMG Bild: Wählerin bei der Stimmabgabe in Mühlheim im Jahr 2015
       
       Münster/Berlin dpa/taz | Bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen muss
       es im kommenden Jahr die Möglichkeit für Stichwahlen geben. Das hat der
       Verfassungsgerichtshof des Landes am Freitag in Münster entschieden. Damit
       können bei der Wahl im September 2020 die Bürger ein zweites Mal ins
       Wahllokal, falls es im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit für einen
       Bürgermeister oder Landrat gibt. Die Opposition wertete das Urteil als
       „schallende Ohrfeige“ für die Regierung von Ministerpräsident Armin Laschet
       (CDU).
       
       Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte die bisher gültige Stichwahl
       abgeschafft. Sie wollte, dass bereits die KandidatInnen gewählt sind, die
       im ersten Wahlgang die meisten Stimmen bekommen, auch wenn sie unter 50
       Prozent landen. Die Stichwahlgegner hatten vor allem auf die geringe
       Wahlbeteiligung bei diesem zusätzliche Wahlgang verwiesen. SPD und Grüne,
       die den zweiten Urnengang behalten wollten, fürchteten hingegen, dass mit
       der Reform auch radikale Bewerber zum Zug kommen könnten.
       
       Ähnlich argumentierte nun auch das Gericht. Die Abschaffung der Stichwahl
       sei nicht mit der Landesverfassung vereinbar, sagte der Gerichtshof. Für
       die Wahl der Bürgermeister und Landräte sei neben der demokratische
       Legitimation auch die Höhe des Zustimmungsgrades von Bedeutung. „Die
       relative Mehrheit kann im ersten Wahlgang extrem weit weg sein von der
       absoluten Mehrheit“, sagte die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes,
       Ricarda Brandts, in der Urteilsbegründung.
       
       Der Gesetzgeber habe es versäumt, bei der Analyse der vergangenen Wahlen
       die „bedeutsame zunehmende Zersplitterung der Parteienlandschaft zumindest
       in den Blick zu nehmen“, sagte Brandts. Sie sparte nicht mit Kritik an der
       Landesregierung und den Regierungsparteien. „Sie haben sich im Vorfeld
       mehrfach über Hinweise in den Beratungen zu dem neuen Gesetz
       hinweggesetzt.“
       
       ## CDU profitiert von Verzicht auf Stichwahl
       
       Tatsächlich stehen hinter der Wahlrechtsdebatte auch handfeste politische
       Interessen. Das zeigt ein Blick auf die letzten Kommunalwahlen, die in zwei
       Schritten in den Jahren 2014 und [1][2015] stattgefunden hatten. Damals
       gewannen in 24 Kreisen und Städten nicht die KandidatInnen, die nach dem
       ersten Wahlgang vorne lagen – in 17 Fällen hatten BewerberInnen der CDU das
       Nachsehen, etwa [2][in der Landeshauptstadt Düsseldorf].
       
       Der Effekt bei der Kommunalwahl 2020 könnte sogar noch größer sein, da auch
       in NRW die traditionell starke SPD stark verloren hat. Bei der Europawahl
       Ende Mai landete sie in vielen Ruhrgebietsstädten gar hinter den Grünen.
       Trotzdem zeigten sich die Grünen vorsichtig, jetzt eigene
       OberbürgermeisterkandidatInnen ins Rennen zu schicken.
       
       In Bochum etwa hatten sich die Grünen nach langer Debatte dazu entschieden,
       den bisherigen Amtsinhaber Thomas Eiskrich (SPD) zu unterstützen – auch aus
       strategischen Gründen. [3][Sie fürchteten,] dass eine eigene
       aussichtsreiche Kandidatin nur die Stimmen des linken Spektrums
       zersplittern würde – und am Ende der Bewerber der CDU knapp vor SPD und
       Grüne liege und die Wahl gewinne.
       
       Auch wenn das Urteil des Verfassungsgerichtshofes die Chancen der Bochumer
       Grünen nun erhöhen würde, wollen sie auf eine eigene Kandidatin verzichten,
       sagte Kreisgeschäftsführer Oliver Buschmann der taz. Denn anders als bei
       der letzten Wahl gehe es nicht nur darum, eine „töfte Frau“ ins Rennen zu
       schicken. Gerade weil es diesmal aussichtsreiche Siegchancen gebe, brauche
       man eine Kandidatin mit Verwaltungserfahrung. Man habe vier bis fünf
       Geeignete angesprochen. Leider habe sich aber keine Frau zu einer
       Kandidatur bereit erklärt.
       
       20 Dec 2019
       
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