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       # taz.de -- Attacken auf österreichische Ministerin: Hass? Rassismus!
       
       > Die neue Justizministerin Alma Zadić ist widerlichen Angriffen im Netz
       > ausgesetzt. Und Kanzler Kurz reagiert mit einem wenig hilfreichen
       > Statement.
       
   IMG Bild: Justizministerin Zadić steht inzwischen wegen Morddrohungen unter Polizeischutz
       
       Österreich zeigt sich mal wieder von seiner besten Seite. Diesmal geht es
       um die neue Justizministerin Alma Zadić, die seit rund zwei Wochen
       rassistisch und sexistisch angegangen wird.
       
       Das lief verkürzt so: Zuerst wurde auf Facebook gehetzt. Neben tiefsten
       Beschimpfungen wurde da diskutiert, ob Zadić überhaupt Ministerin sein
       könne, weil sie wegen übler Nachrede verurteilt worden sei. Tatsächlich
       handelt [1][es sich dabei aber um kein Strafverfahren, sondern um ein
       laufendes medienrechtliches Verfahren], sie hatte Berufung eingelegt.
       
       Das Ganze ist vor allem deshalb lächerlich, weil, hätte man in Österreich
       wirklich ein Problem mit bescholtenen Personen in der Regierung, dem Land
       einiges erspart geblieben wäre – etwa ein Ibiza-Fan als Vizekanzler.
       
       Eigentlich geht hier aber darum, dass Zadić nicht in Österreich geboren
       wurde. Sie ist als 10-Jährige mit ihren Eltern aus Bosnien geflüchtet.
       Deshalb wurde auch leidenschaftlich diskutiert, wie sehr sie als Ministerin
       den islamischen Glauben ausleben werde.
       
       ## Rückgrat aus Spaghettinudeln
       
       Die Antwort ist: Gar nicht, sie ist nämlich keine Muslimin, und selbst
       wenn, gilt auch in Österreich Religionsfreiheit. [2][Das hindert die Hetzer
       aber nicht, ihr eine Verbindung zu Islamisten zu unterstellen.] Zadić steht
       inzwischen wegen Morddrohungen unter Polizeischutz.
       
       Der neue, alte Bundeskanzler Sebastian Kurz, der bekannt ist für sein
       Rückgrat aus Spaghettinudeln, ist selbstverständlich keine Hilfe. Von ihm
       kommt nur ein halbherziges, Trump’sches [3][Statement] gegen „Hass im Netz“
       von allen Seiten. Nur ist das hier kein Hass, sondern Rassismus. Und würde
       er den einmal richtig benennen, müsste er auch nicht lange überlegen, woher
       der kommt.
       
       In einem [4][Fernsehinterview macht Kurz] dann vergangene Woche, was er am
       besten kann: Er stellt sich selbst als Opfer dar und relativiert Rassismus.
       Er sagt, so was müsse man als Politiker_in aushalten, er selbst werde auch
       als „Babyhitler“ bezeichnet.
       
       Natürlich muss Zadić das nicht aushalten. Niemand muss Rassismus und
       Sexismus aushalten, niemand muss systematische Diskriminierung, begründet
       durch die reine Existenz eines Menschen, aushalten. Politiker_innen dagegen
       müssen es aushalten, wenn sie für ihr politisches Handeln kritisiert
       werden. Im Gegensatz zu Zadić wurde Kurz übrigens in dem [5][Tweet von
       Mission Lifeline deshalb mit dem Hashtag „BabyHitler“] bedacht, weil er
       zuvor in einem Interview private Seenotrettung für mehr Tote verantwortlich
       gemacht hatte.
       
       Ebenso wenig hilfreich wie Kurz sind jene Leute, die unentwegt [6][betonen,
       dass bei der gebildeten und „gut integrierten“] Alma Zadić diese Hetze
       nicht gerechtfertigt sei. Denn damit sagen sie nicht weniger, als dass
       Hetze gegen weniger gebildete und nicht so „gut integrierte“ Menschen
       gerechtfertigt sei.
       
       13 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/MariaWindhager/status/1213884130125131777
   DIR [2] https://www.derstandard.at/story/2000113003357/identitaere-und-fpoe-gegen-alma-zadic-anatomie-einer-kampagne
   DIR [3] https://twitter.com/sebastiankurz/status/1215201122601836544?s=20
   DIR [4] https://twitter.com/puls24news/status/1214955394327613442
   DIR [5] https://twitter.com/SEENOTRETTUNG/status/1213571620620640256
   DIR [6] https://www.apa.at/Site/News.de.html?id=6352525536
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Saskia Hödl
       
       ## TAGS
       
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