# taz.de -- Unwort des Jahres „Klimahysterie“: Selbstverliebte Männer
> „Klimahysterie“ ist das Unwort des Jahres. Es spiegelt die rechte
> Verzweiflung über die vorwiegend weibliche Klimabewegung.
IMG Bild: Wer wird denn da „hysterisch“ werden? Graffiti einer Ikone
Es ist für Rechte zum Verzweifeln, aber es gibt einfach keine rechte
Jugendbewegung, die mehr als eine Handvoll Hanseln und Greteln mobilisiert.
Seit geraumer Zeit versucht eine gewisse [1][Identitäre] Bewegung so etwas
zu sein, verharrt aber inhaltlich und von der Zahl der Mitglieder (und sehr
vereinzelter Mitgliederinnen) her auf dem Niveau einer durchgeknallten
Sekte.
Das Jahr 2019 muss für Rechte also die Hölle gewesen sein: Ganz Deutschland
redet über Fridays for Future, ständig diese Bilder von jungen Frauen, die
in [2][Talkshows] sitzen, mit Ministern streiten, weit und breit keine
begeisterten jungen Massen, die AfD-Fahnen schwenken und vom Umsturz
träumen. Knallharte Merkel-Mediendiktatur.
Ein Symptom dieses Jahres ist deshalb die „KLIMAHYSTERIE“, jetzt zum
[3][Unwort 2019] gekürt. Auch FDP-Neoliberale, CDU-Konservative und diverse
Journalisten nutzten es, denn sie eint mit den Rechtspopulisten das dumpfe
Gefühl, dass ihnen da jemand die argumentative Lufthoheit geraubt hat.
„Hysterie“ als Kampfbegriff gegen eine größtenteils weibliche Klimabewegung
lag da auf der Hand.
„Hysterie“ wertet traditionell das Verhalten von Frauen ab als irrational,
undurchdacht, übertrieben emotional. Versteht Mann sofort. Muss Mann nicht
weiter erklären, warum man es hysterisch findet, wenn die Jugend dagegen
demonstriert, dass sie ihren Lebensabend nach gegenwärtigem Stand der
Politik in einer Welt im Chaos verbringen wird. Weil dicht besiedelte
Gebiete des Planeten unbewohnbar geworden sind.
## Lieber Panik
Wer „Klimahysterie“ sagt, der kaschiert die eigene Irrationalität, die
Unfähigkeit, rationale Argumente gegen eine wirksame Klimapolitik zu
finden. Was bleibt, ist, vor imaginären Gelbwesten zu warnen oder vor
Arbeitsplatzverlusten, der „Arbeitsplatzverlust“ ist die Hysterie des
selbstverliebten Mannes. Oder man findet, die ganze Klimawissenschaft sei
Unfug, weil CO2 gab es doch schon immer. Und verhöhnt damit die gesamte
Kultur empirischer Wissenschaft jenes Abendlandes, das man doch
vermeintlich verteidigen will.
Also soll man jetzt „Klimapanik“ sagen? Ja, warum nicht. Das Begriffspaar
hat [4][Greta Thunberg gekapert, die von uns verlangt, endlich Panik zu
bekommen]. Ob Panik als Ratgeber sinnvoll ist, darüber lässt sich streiten.
Aber bitte auf der Basis, einfach mal anzuerkennen, dass Thunbergs Panik
eine absolut rationale Grundlage hat.
14 Jan 2020
## LINKS
DIR [1] /Rechtsextremer-Aufmarsch-in-Hamburg/!5625366
DIR [2] https://www.facebook.com/hartaberfairARD/videos/leonie-bremer-klimaaktivistin/557607144977806/
DIR [3] http://www.unwortdesjahres.net/
DIR [4] /Der-Hype-um-Greta/!5626397
## AUTOREN
DIR Ingo Arzt
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