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       # taz.de -- Erdoğans Prestigeprojekt für Istanbul: Opposition hat den Kanal voll
       
       > Erst der Airport, jetzt eine Wasserstraße. Türkeis Staatschef will
       > Istanbul mit einem neuen Mega-Bauvorhaben beglücken. Doch Bürgermeister
       > Imamoglu hält dagegen.
       
   IMG Bild: Ginge es nach dem Staatschef, soll der Bosporus nicht die einzige Wasserstraße durch Istanbul bleiben
       
       Istanbul dpa | Ein gigantisches Kanal-Projekt in Istanbul gerät zur
       Machtprobe zwischen dem Istanbuler Oppositionsbürgermeister Ekrem Imamoğlu
       und Präsident Recep Tayyip Erdoğan. In einer teilweise landesweit
       übertragenen, rund eineinhalb Stunden langen Rede verurteilte Imamoğlu das
       Projekt am Mittwoch scharf. „Wieso fordern wir sehenden Auges ein Desaster
       heraus?“, fragte er und nannte das Projekt einen „Verrat an Istanbul“.
       
       Imamoğlu sprach unter anderem von der Vernichtung von einem Gutteil der
       unter- und oberirdischen Wasserressourcen der Stadt sowie von Millionen
       Quadratmetern Wald und Landwirtschaftsflächen. Er warnte, dass acht
       Millionen Menschen in der schwer erdbebengefährdeten Stadt auf einer neu
       entstehenden „Insel“ zwischen Bosporus und dem neuen Kanal eingeklemmt
       würden. Außerdem werde der Kanal nicht nur die Regierung, sondern auch die
       Stadt Milliarden Lira kosten.
       
       Der Kanal ist ein Prestigeprojekt des türkischen Präsidenten, der eine
       [1][Vorliebe für große Bauvorhaben] hat. Er würde als künstlicher Seeweg
       quer durch Istanbul gegraben, um das Marmarameer und das Schwarze Meer zu
       verbinden. Berichten zufolge wäre er etwa 45 Kilometer lang und verliefe
       parallel zur Bosporus-Meerenge, der er laut Regierung einiges vom
       internationalen Schiffsverkehr abnehmen soll. Dazu sagte Imamoğlu, dass der
       Verkehr auf dem Bosporus sich in den vergangenen zehn Jahren verringert
       habe.
       
       Erst vor wenigen Tagen hatte Erdoğan angekündigt, dass bald die
       Ausschreibungen beginnen werden. Am Montag hatte das Ministerium für Umwelt
       und Städtebau die Umweltverträglichkeitsprüfung abgesegnet. Am selben Tag
       kündigte Imamoglu ein vor seiner Zeit unterzeichnetes
       „Zusammenarbeits-Protokoll“ zum Kanal.
       
       Das Tauziehen um den Kanal ist mehr als ein Streit um ein großes
       Bauvorhaben. Es sei zum Nebenschlachtfeld geworden für den Machtkampf
       zwischen Opposition und Regierung, sagen Beobachter – und auch zwischen
       Erdoğan und einem Herausforderer.
       
       Imamoglu war vor fast genau sechs Monaten als relativ unbekannter Kandidat
       der großen Oppositionspartei CHP zum Bürgermeister gewählt worden. Er
       setzte damit der langen AKP-Herrschaft in der größten Stadt der Türkei ein
       Ende. Unter Erdoğan-Kritikern im In- und Ausland gilt Imamoğlu vielen schon
       als nächster Präsident.
       
       25 Dec 2019
       
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