# taz.de -- Quereinsteiger:innen an Schulen: Pädagogenbeleidigung!
> Der Chef des Lehrerverbands findet QuereinsteigerInnen seien ein
> „Verbrechen an den Kindern“. Leider riecht seine Kritik arg nach
> Besitzstandswahrung.
IMG Bild: Plusaufgaben kann jedeR, aber nicht alle können sie pädagogisch vermitteln
Man hätte wirklich viel antworten können auf die Frage, welche
schulpolitische Entscheidung in diesem Jahr am meisten befremdet hat. Zum
Beispiel die Weigerung einiger Bundesländer, Grundschullehrer:innen das
gleiche Gehalt zu zahlen wie Lehrer:innen an weiterführenden Schulen. Doch
Lehrerverbandschef Heinz-Peter Meidinger scheint vor allem das Renommee
seines Berufsstandes – der Gymnasiallehrer:innen – umzutreiben.
Gegenüber der Welt (Ausgabe vom 30.12.) benannte Meidinger als größtes Übel
„das völlige Versagen“ vieler Bundesländer bei der [1][Qualifizierung von
Quereinsteiger:innen]. Meidinger erkennt darin eine Geringschätzung
der Pädagogenzunft vonseiten der Politik, gar ein „Verbrechen an den
Kindern“. Klarer Fall von Majestätsbeleidigung, gepaart mit Anflügen von
Besitzstandswahrung.
Auch wenn Meidinger in der Sache recht hat (natürlich müssen Lehrkräfte gut
ausgebildet sein!), nervt das dauernde Quereinsteiger-Bashing. Man muss nur
an die eigene Schulzeit denken, um zu erkennen, dass ein volles
Pädagogikstudium noch lange keine pädagogisch wertvolle Lehrkraft macht.
Statt in den [2][bunteren Lebenswegen der Neuen] eine Bereicherung zu
sehen, werden sie als ahnungslose Schmarotzer hingestellt, die unverdient
in den Genuss der Standesprivilegien kommen und zum Dank den
„qualifizierten“ Kolleg:innen noch zusätzlichen Stress bereiten.
Dabei könnten die Neuen Unterstützung gut gebrauchen. Nicht nur wegen der
Dreifachbelastung aus eigenem Unterricht, Pädagogikseminaren und
nachzuholenden Staatsexamina. Viele fangen auch dort an, wo viele
Alteingesessene nie arbeiten würden: an sogenannten Brennpunktschulen. An
Berliner Grundschulen mit überwiegend armer Schülerklientel unterrichten
drei mal so viel Quereinsteiger:innen wie an solchen mit Kindern aus
wohlhabenderen Familien.
Doch statt ehrlich über eine gerechte Verteilung (etwa durch eine Quote) zu
reden, [3][sorgt sich Meidinger] vor allem um das Bild, das die
Gesellschaft von Lehrer:innen hat. So, wie er sich zu den neuen
Kolleg:innen äußert: kein gutes.
31 Dec 2019
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## AUTOREN
DIR Ralf Pauli
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