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       # taz.de -- Konflikt zwischen Iran und USA: US-Militär tötet iranischen General
       
       > Qasim Soleimani, Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden, ist am
       > Donnerstag bei einem US-Raketenangriff ums Leben gekommen. Teheran droht
       > mit Rache.
       
   IMG Bild: Dieses zeigt angeblich das brennende Auto, in dem Soleimani tödlich getroffen wurde
       
       Bagdad/Washington dpa | Der Konflikt zwischen den USA und dem Iran spitzt
       sich mit der Tötung eines der ranghöchsten iranischen Generäle gefährlich
       zu. Der Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden, Qasim Soleimani, kam am
       Donnerstag (Ortszeit) bei einem US-Raketenangriff nahe dem Flughafen der
       irakischen Hauptstadt Bagdad ums Leben, wie die iranischen
       Revolutionsgarden am Freitag bestätigten.
       
       Das Pentagon in Washington übernahm die Verantwortung: Die Bombardierung
       sei auf Anweisung von Präsident Donald Trump erfolgt, um weitere Angriffe
       auf US-Kräfte zu verhindern – als „Akt der Verteidigung“. Der Iran drohte
       den USA „schwere Rache“ an.
       
       Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei schrieb in einem
       Beileidsschreiben, das im iranischen Staatsfernsehen zitiert wurde:
       „Soleimanis Weg wird auch ohne ihn weitergeführt, aber die Kriminellen
       erwartet eine schwere Rache.“ Der Tod Soleimanis werde den finalen Sieg des
       Islams gegen die Imperialisten nicht beeinträchtigen. Außerdem erklärte
       Chamenei landesweit drei Trauertage. Außenminister Mohammed Dschwad Sarif
       twitterte: „Die Ermordung General Soleimanis war extrem gefährlich und wird
       zu einer Eskalation der Krise führen.“
       
       Das Pentagon erklärte dagegen, Soleimani habe aktiv an Plänen gearbeitet,
       um amerikanische Diplomaten und Einsatzkräfte im Irak und der Region zu
       attackieren, hieß es zur Begründung des Angriffs. Ebenfalls getötet wurde
       der stellvertretende Leiter der irakischen Volksmobilisierungskräfte, Abu
       Mahdi al-Muhandis, wie die Medienstelle der vom Iran unterstützten Milizen
       erklärte. Damit wächst die Sorge vor einem Krieg zwischen den USA und dem
       Iran.
       
       ## Trump twittert Bild der US-Flagge – ohne Kommentar
       
       Der 62 Jahre alte Soleimani war der prominenteste Vertreter und das
       bekannteste Gesicht des iranischen Militärs im Ausland. Die
       Al-Kuds-Brigaden gehören zu den Revolutionsgarden (IRGC), einer
       Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte. Soleimani tauchte sowohl im Irak
       als auch im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien immer wieder an der Seite
       schiitischer Milizen auf, die vom Iran unterstützt werden.
       
       Der General und die Al-Kuds-Brigaden seien verantwortlich für den Tod von
       Hunderten Amerikanern und Verbündeten, erklärte das Pentagon. Soleimani
       habe in den vergangenen Monaten [1][Angriffe auf Stützpunkte von
       US-Verbündeten] gesteuert und auch die gewaltsamen Proteste an der
       US-Botschaft in Bagdad gebilligt. Ziel des Angriffs auf ihn sei es, den
       Iran von künftigen Angriffen abzuschrecken. „Die Vereinigten Staaten werden
       weiterhin alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um unser Volk und unsere
       Interessen überall auf der Welt zu schützen.“
       
       Trump selbst hatte kurz zuvor per Tweet [2][lediglich das Bild einer
       US-Flagge verbreitet] – ohne Kommentar. In den Stunden davor war er auf
       Twitter ungewöhnlich still gewesen.
       
       Der demokratische US-Senator Chris Murphy schrieb in einem Tweet, Soleimani
       sei ohne Zweifel ein Feind der Vereinigten Staaten. Er betonte zugleich:
       „Die Frage ist: Hat Amerika (…) gerade ohne Zustimmung des Kongresses die
       zweitmächtigste Person im Iran ermordet und wissentlich einen potenziell
       massiven regionalen Krieg ausgelöst?“
       
       Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im
       US-Repräsentantenhaus, Adam Schiff, fürchtete eine Eskalation des Konflikts
       zwischen den beiden Ländern. Der US-Kongress habe den Raketenangriff in
       Bagdad nicht autorisiert, „und die Menschen in Amerika wollen keinen Krieg
       mit dem Iran“, schrieb Schiff. Der republikanische US-Senator Marco Rubio
       rechtfertigte die Tötung dagegen auf Twitter als Selbstverteidigung.
       
       US-Verteidigungsminister Mark Esper hatte am Donnerstag in Washington mit
       Blick auf die jüngsten gewaltsamen Proteste an der US-Botschaft in Bagdad
       erklärt, es gebe Hinweise, dass der Iran oder dessen verbündete Kräfte
       weitere Attacken planen könnten. Falls es dazu kommen sollte, würden die
       USA reagieren, um amerikanische Kräfte und Menschenleben zu schützen –
       womöglich auch „vorbeugend“, falls man von konkreten Angriffsplänen
       erfahren sollte.
       
       Die USA und der Iran sind seit langem in einen schweren Konflikt
       verwickelt. Washington setzt den Iran mit massiven Wirtschaftssanktionen
       unter Druck, um das Land zu einem Kurswechsel in seiner Atompolitik zu
       zwingen – was Teheran jedoch ablehnt. Die Amerikaner beschuldigen die
       Iraner außerdem, Terrorismus zu fördern. In den vergangenen Monaten stand
       der Konflikt zwischen beiden Ländern mehrfach kurz vor einer militärischen
       Eskalation.
       
       ## Irak politisch ohnehin äußerst instabil
       
       Im vergangenen Juni verkündete Trump per Tweet, nach dem Abschuss einer
       US-Drohne durch den Iran habe ein militärischer Gegenschlag der USA
       unmittelbar bevorgestanden. Wegen der erwarteten 150 Toten auf der
       iranischen Seite habe er den Angriff nur zehn Minuten vorher aber noch
       gestoppt.
       
       Insbesondere der Irak ist bereits seit längerem Schauplatz des Konflikts
       zwischen den USA und dem Iran. In dem Krisenland sind rund [3][5.000
       US-Soldaten im Einsatz], die die irakische Armee im Kampf gegen die
       Terrormiliz Islamischer Staat (IS) unterstützen. Die als
       Volksmobilisierungskräfte bekannten irakischen Milizen wiederum pflegen
       enge Beziehungen zum Iran. Sie unterstehen offiziell Regierungschef Adel
       Abdel Mahdi, agieren aber weitestgehend unabhängig und besitzen auch
       starken politischen Einfluss.
       
       Am vergangenen Wochenende war es zur bislang gefährlichsten Eskalation
       gekommen, als die US-Armee die irakische Miliz Kataib Hisbollah
       bombardierte. Washington beschuldigte die Milizen, mehrfach amerikanische
       Soldaten und US-Bürger im Irak angegriffen zu haben.
       
       Als Reaktion auf den Angriff waren am Dienstag Hunderte Demonstranten in
       Bagdads besonders gesicherte Grüne Zone eingedrungen, um die US-Botschaft
       zu stürmen. Mehrere Wachhäuschen wurden in Brand gesetzt, Mauern beschmiert
       und Brandsätze geworfen. Sicherheitskräfte drängten die Demonstranten
       jedoch zurück, bevor sie auf das Botschaftsgelände gelangen konnten.
       
       Zur Abschreckung setzte das US-Militär auch Kampfhubschrauber ein, verlegte
       rund 100 Marineinfanteristen aus dem benachbarten Kuwait und entsandte für
       den Fall einer weiteren Eskalation rund 750 Fallschirmjäger aus den USA in
       die Region. Die USA machten den Iran für die Proteste verantwortlich. Die
       Führung in Teheran wies den Vorwurf vehement zurück.
       
       Die neueste Eskalation trifft den Irak in einer politisch ohnehin äußerst
       instabilen Zeit. Das Krisenland leidet noch immer unter dem jahrelangen
       Kampf gegen den IS. Die Terrormiliz ist militärisch zwar besiegt, Zellen
       der Extremisten sind aber weiter aktiv.
       
       Seit Wochen kommt es zudem immer wieder zu massiven Protesten gegen die
       Regierung und die im Irak weit verbreitete Korruption. Die Demonstrationen
       richten sich auch gegen den starken iranischen Einfluss im Land. Bei den
       Protesten wurden Hunderte Menschen getötet, die meisten von ihnen
       Demonstranten. Regierungschef Abdel Mahdi, erst seit etwas mehr als einem
       Jahr im Amt, reichte auf Druck der Straße seinen Rücktritt ein und ist nur
       noch geschäftsführend im Amt. Seit Wochen ringen die wichtigsten
       politischen Blöcke in einem Machtkampf um seinen Nachfolger, bisher ohne
       Erfolg. Dabei spielen auch die Iran-treuen Milizen eine zentrale Rolle.
       
       3 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Angriff-auf-US-Botschaft-im-Irak/!5653191
   DIR [2] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1212924762827046918
   DIR [3] /Anti-US-Proteste-im-Irak/!5648969
       
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