# taz.de -- Weltwirtschaftsforum in Davos: Merkel will mit allen reden
> Die Kanzlerin will Fakten der Wissenschaft mit Emotionen der Gegner
> versöhnen. Das Klimaabkommen zu erfüllen, sei eine Überlebensfrage.
IMG Bild: Will in der Klimapolitik alle mitnehmen: Kanzlerin Angela Merkel
Davos taz | Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Donnerstag beim
Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos ein vehementes Plädoyer für Gespräche
mit Andersdenkenden gehalten. Sowohl bei internationalen Konflikten als
auch zur Bewältigung des Streits über die Klimapolitik in Deutschland
empfahl sie, „sich nicht auf sich selbst zurückziehen“.
[1][Das Hauptthema des 50. Forums war die Klima-Politik.] Vertreterinnen
der Fridays-für-Future-Bewegung wie Greta Thunberg und Luisa Neubauer
nahmen teil. Außerdem spielten die Handelskonflikte zwischen der
US-Regierung, repräsentiert durch Präsident Donald Trump, und anderen
Ländern, sowie die Besteuerung internationaler Konzerne eine große Rolle.
Im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit der US-Regierung betonte Merkel,
dass sie sich weiter „für den Multilateralismus einsetzen“ werde. Das
schließe internationale Institutionen wie die Welthandelsorganisation (WTO)
ein. Diese müsse reformiert werden, da habe Trump Recht, aber man müsse sie
eben auch funktionsfähig halten. Derzeit blockieren die USA den
Streitschlichtungsmechanismus der WTO.
Einen großen Teil der Rede nahm die Klimapolitik ein. Das Pariser Abkommen
einzuhalten, sei eine „Frage des Überlebens“, sagte Merkel. Sie räumte ein,
dass die Staaten das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen,
mit ihren Verpflichtungen zur Verringerung des Kohlendioxidausstoßes nicht
erreichen könnten. Deshalb „muss die Welt gemeinsam handeln“, wenngleich
„jedes Land seinen Beitrag leisten“ solle. [2][Den Versuch, in Europa und
Deutschland bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen], bezeichnete sie als
„Transformation von gigantischem, historischem Ausmaß“. Dafür müsste man
„die gesamte Art des Wirtschaften und Lebens des Industriezeitalters
verlassen“ und zu „neuen Formen der Wertschöpfung“ kommen.
## Proteste nehmen wieder zu
Merkel schilderte die Konflikte, die die Energiewende in Deutschland mit
sich bringt. Viele Leute hielten es nicht für „dringlich“, den CO2-Ausstoß
zu reduzieren. Es komme zu Spannungen zwischen Städtern und Landbewohnern,
denen man mehr Belastungen beispielsweise durch Windräder zumute. „Wie
nehmen wir diese Leute mit?“, fragte die Kanzlerin.
Obwohl der Klimawandel für sie „eine klare wissenschaftliche Evidenz“ habe,
müsse man diese „Fakten“ mit den „Emotionen“ derjenigen „versöhnen“, die
Klimapolitik ablehnten. „Das setzt voraus, dass man miteinander spricht“,
mahnte Merkel. Auch mit den „kontroversesten Gruppen“ brauche es einen
Austausch. Für diese Aussage erhielt sie Zwischenapplaus.
[3][Im Vergleich zu den vergangenen Jahren nahm diesmal der Protest gegen
das WEF wieder zu.] [4][Klima-Aktivist*innen organisierten eine dreitägige
Wanderung nach Davos], die Jungsozialisten veranstalteten eine Kundgebung,
Greenpeace forderte mit einer Aktion das Ende der Investitionen in fossile
Energie, und in Zürich gab es gar eine kleine Straßenschlacht. Im
Kongresszentrum wurden die Proteste jedoch wenig wahrgenommen. Das liegt
zum einen daran, dass das Forum einen abgeschlossen Kosmos mit strengen
Sicherheitskontrollen bildet. Viele Teilnehmer*innen gehen morgens rein und
erst abends wieder raus. Außerdem tut die Schweizer Polizei alles dafür,
dass Proteste die Veranstaltung nicht behindern.
23 Jan 2020
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## AUTOREN
DIR Hannes Koch
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