# taz.de -- Klimaklage beim Verfassungsgericht: Richtige Zeit, falscher Ort
> Umweltverbände und junge Menschen legen Verfassungsbeschwerde gegen das
> Klimapaket ein. Doch Karlsruhe ist der falsche Ort für mutige
> Klimapolitik.
IMG Bild: Karlsruhe als Hoffnungsträger für eine bessere Klimapolitik
Für Umweltverbände und die betroffenen jungen Menschen ist der „[1][Gang
nach Karlsruhe]“ nur logisch. Das Bundesverfassungsgericht ist ihre letzte
Hoffnung, dass der Klimaschutz und ihre Zukunft endlich ernst genommen
werden. Denn auch nach zwei Hitzesommern, nach wöchentlichem Protest und
Großdemonstrationen, nach Warnungen der Wissenschaft und Wahlen, die das
Klima zum Thema hatten, steht eine Enttäuschung: ein Gesetz, das zwar ein
Fortschritt ist, aber weit hinter dem Nötigen zurückbleibt.
Wie weit, das zeigt der Blick auf den Kalender: Vor einem Jahr legte die
„[2][Kohlekommission]“ der Regierung ihren Plan zu Ausstieg und
Strukturhilfen vor. Und am Mittwoch traf man sich mal wieder, um über
Details zu reden, wo und warum es beim Kohleausstieg hakt.
Da ist der Ruf nach dem Über-Gesetzgeber in Karlsruhe verständlich. Aber
daraus wird nichts werden. Das Verfassungsgericht ist zu Recht sehr
vorsichtig, wenn es darum geht, der Regierung eine bessere Politik
vorzuschreiben. Auch und gerade beim Klimaschutz werden sich die Richter
kaum zu konkreten Fragen von CO2-Budget und Tempolimit äußern. Der
Bundestag kann immer darauf verweisen, dass es ja nun ein Gesetz gibt, so
unzureichend dieses auch sein mag.
Karlsruhe ist der falsche Ort für eine effektive Klimapolitik. Denn das
Verfassungsgericht ist dazu verpflichtet, den gesellschaftlichen Ausgleich
zu strittigen Fragen zu finden und die Grundrechte aller Beteiligten
auszutarieren. Es konserviert damit im besten Sinne des Status quo.
## Neue Ideen finden sich nicht im Gerichtssaal
Nichts aber braucht es weniger [3][in der Klimapolitik], wo selbst Angela
Merkel in seltener Offenheit von „Disruption“ spricht. Um der Klimakrise
ernsthaft etwas entgegenzusetzen, ist ein grundsätzlich neues Denken und
Handeln gefordert: ein radikal anderes System von Energie, Industrie,
Verkehr und Landwirtschaft. Neue Ideen, die alte Industrien überflüssig
machen, das bedeutet Konflikt, Reibung, Streit. Da braucht es mutige
Politik, Wirtschaft und Forschung, die sich auf Mehrheiten stützen können.
All das findet sich aber nicht im Gerichtssaal, sondern auf den Straßen, in
den Schulen, Betrieben und den Parlamenten, wo der Protest ja auch
herkommt.
So schön das vielleicht wäre: Wer die Zukunft will, kann keine Abkürzung
über Karlsruhe nehmen. In der Klimapolitik gibt es keine Alternative zur
Klimapolitik.
16 Jan 2020
## LINKS
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DIR [2] /Gesetzentwurf-zum-Kohleausstieg/!5642999
DIR [3] /CO2-Ausstoss-2019-stark-gesunken/!5654471
## AUTOREN
DIR Bernhard Pötter
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