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       # taz.de -- Drei Verfassungsklagen gegen Klimagesetz: Die Zukunft kommt vor Gericht
       
       > Das Klimagesetz der Regierung sei unzureichend, finden Umweltverbände und
       > junge Aktivist*innen. Sie haben in Karlsruhe Beschwerde eingelegt.
       
   IMG Bild: Luisa Neubauer am Rande einer Pressekonferenz der Deutschen Umwelthilfe
       
       BERLIN taz | Als der Bundestag am 15. November letzten Jahres das
       [1][Klimaschutzgesetz beschloss], sagte SPD-Umweltministerin Svenja
       Schulze: „Wir sorgen dafür, dass sich klimafreundliches Verhalten in der
       Zukunft auch lohnt.“
       
       Für das Parlament, den Bundesrat und die Regierung hat ihr Verhalten jetzt
       aber erst einmal ein juristisches Nachspiel: Mit gleich drei neuen
       Verfassungsbeschwerden greifen Umweltverbände und vor allem junge
       Betroffene das Klimagesetz an, [2][kündigten sie am Mittwoch in Berlin an].
       Ob und wann das höchste Gericht diese Frage entscheidet, ist bislang offen.
       
       Aktuell unterstützen Greenpeace, die Deutsche Umwelthilfe und Germanwatch
       drei neue Beschwerden: 10 Kinder und Jugendliche aus Deutschland sehen ihre
       Grundrechte ebenso verletzt wie 15 Betroffene aus Nepal und Bangladesch.
       Eine dritte Beschwerde kommt von neun jungen Menschen, unter ihnen die
       FFF-Aktivistin Luisa Neubauer, die teilweise auch schon auf EU-Ebene
       klagen. Dazu kommt eine Verfassungsbeschwerde von Betroffenen, die vom BUND
       unterstützt wird und bereits seit November 2018 beim Verfassungsgericht
       liegt.
       
       Die Kläger bemängeln, das Klimaschutzgesetz sei „unschlüssig, ungeeignet
       und mit Schutzpflichten unvereinbar“, es erlaube zu viele Emissionen und
       nehme „damit der Generation der Beschwerdeführer die
       Entscheidungsmöglichkeit über ihre eigene Zukunft“. Sie monieren Verstöße
       gegen ihre Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit, Eigentumsrechte,
       Berufsfreiheit oder gegen die Pflicht des Staates zur Bewahrung der Umwelt.
       
       Miriam Siebeck, 15-jährige FFF-Aktivistin aus Stuttgart, sagte: „Die
       Regierung hält sich nicht an ihre Pflicht, unsere Lebensgrundlagen zu
       schützen.“ Und für Luisa Neubauer geht es nach einem Jahr der
       Demonstrationen „nicht mehr nur darum, sich mehr Klimaschutz zu wünschen.
       Ab heute geht es um die Frage: Ist das Nichthandeln der Regierung mit der
       Verfassung zu vereinbaren?“
       
       ## Weiter Spielraum bei Umweltfragen
       
       Doch ob über diese Frage überhaupt entschieden wird, ist unklar. Denn das
       Verfassungsgericht befindet selbst darüber, ob es die Beschwerden annimmt –
       und dann möglicherweise entscheidet, ob und in welchen Punkten das Gesetz
       unzureichend ist.
       
       Einerseits hat das höchste Gericht bei Umweltfragen oft dem Gesetzgeber
       weiten Spielraum eingeräumt. Und mit der Verabschiedung des
       Klimaschutzgesetzes wurde durchaus gehandelt – wenn auch für die
       Umweltverbände zu wenig. Nach Sicht der DUH wäre etwa auch mit dem Gesetz
       das Budget für Deutschlands weltweit vertretbare Emissionen bereits 2025
       erschöpft.
       
       Andererseits habe das Verfassungsgericht für die Verfassungsklage des BUND
       von 2018 großes Interesse erkennen lassen, berichtet BUND-Anwalt Felix
       Ekardt: Es hat Stellungnahmen von Parlament und Regierung angefordert, die
       jetzt langsam eingehen.
       
       Und die Kläger hoffen, dass der erfolgreiche Prozess der niederländischen
       Umweltorganisation urgenda zum Vorbild wird: Dort hatte erst am 20.
       Dezember der oberste Gerichtshof in letzter Instanz die Regierung zu einem
       effektiveren Klimaschutz verdonnert. „Wir hoffen, dass das
       Verfassungsgericht die Beschwerden annimmt und bündelt und noch in diesem
       Jahr eine mündliche Verhandlung ansetzt“, sagte Anwältin Roda Verheyen, die
       eine der Klagen vertritt.
       
       Die Klagen liegen im Trend. Immer häufiger fordern Betroffene bei Gerichten
       besseren Klimaschutz ein: Weltweit laufen hunderte von „Klima-Prozessen“.
       [3][Im letzten Jahr scheiterten etwa Bauern mit der Unterstützung von
       Greenpeace vor dem Verwaltungsgericht Berlin]; [4][Kläger von Inseln und
       Betroffene aus ganz Europa klagen vor EU-Gerichten]. Und im Prozess eines
       peruanischen Bergführers gegen RWE, den Germanwatch unterstützt, hat das
       deutsche Gericht inzwischen einen Ortstermin in den Anden angesetzt.
       
       15 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bundestag-beschliesst-Klimaschutzpaket/!5642348
   DIR [2] https://www.duh.de/klimaklage/
   DIR [3] /Verwaltungsgericht-weist-Klimaklage-ab/!5635068
   DIR [4] /Verwaltungsgericht-weist-Klimaklage-ab/!5635068
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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