# taz.de -- CO2-Ausstoß 2019 stark gesunken: Schafft Deutschland sein Klimaziel?
> Immer mehr Strom in Deutschland kommt von Windrädern und Solaranlagen.
> Das lässt die Klimaschutz-Bilanz für das abgelaufene Jahr gut aussehen.
IMG Bild: Der Windkraftausbau in Deutschland stockt
Berlin taz/dpa | Weniger Kohlestrom und dafür mehr Windkraft: Die
Energiewende hat den Treibhausgasausstoß in Deutschland Experten zufolge im
vergangenen Jahr auf ein Rekordtief gedrückt. Im Vergleich zu 1990 seien
die CO2-Emissionen um etwa 35 Prozent gesunken, heißt es in der
Jahresauswertung der [1][Denkfabrik Agora Energiewende]. Damit sei das
40-Prozent-Ziel für das nun laufende Jahr überraschend doch wieder „in
greifbarere Nähe“ – bisher gingen Bundesregierung und Umweltschützer davon
aus, dass das nichts mehr werden kann.
## So wenig Fläche bleibt für Windkraft bei verschiedenen Abstandsregeln
Verschieben Sie den Regler: So sähe es wenn dieser Abstand zwischen Windrad
und Wohngebäude überall gelten würde.
Der Rückgang von mehr als 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) im
Vergleich zum Vorjahr gehe allerdings nur auf die Stromproduktion zurück.
Die erneuerbaren Energien – also Wind-, Solar- und Wasserkraft sowie
Biomasse – hätten einen Rekordanteil von 42,6 Prozent des
Bruttostromverbrauchs gedeckt, heißt es in der Auswertung weiter.
Der gestiegene CO2-Preis der EU für die Energiewirtschaft habe die
klimaschädliche Stromgewinnung aus Stein- und Braunkohle weniger rentabel
gemacht, sie sei deswegen stark zurückgegangen. Die Stromproduktion aus
Erdgas habe deutlich zugelegt. Erdgas ist zwar auch ein fossiler
Brennstoff, aber weniger klimaschädlich als Kohle.
Im Verkehr dagegen seien die Treibhausgas-Emissionen sogar gestiegen – auch
wegen des SUV-Trends. Diese Fahrzeuge sind groß und verbrauchen
vergleichsweise viel Sprit, ihr Absatz steigt trotz der Klimaschutz-Debatte
in Deutschland stark. Der Verbrauch von Diesel und Benzin nahm 2019 zu.
Dasselbe gilt für Heizöl – dabei spielte nach Einschätzung von
Agora-Direktor Patrick Graichen aber eine große Rolle, dass Heizöl-Tanks
auf Vorrat gefüllt wurden.
## Bundesregierung hat dazu nur wenig beigetragen
Die bisherige nationale Klimapolitik von Union und SPD hat nach
Einschätzung Graichens wenig bis nichts mit dem Fortschritt im Klimaschutz
zu tun: „Das ist ihnen in den Schoß gefallen“, sagte er. Der Stromverbrauch
erreichte Agora Energiewende zufolge im vergangenen Jahr den niedrigsten
Stand seit der Jahrtausendwende. Das liege aber am geringeren
Wirtschaftswachstum und der konjunkturellen Lage der energieintensiven
Industrien, etwa des Stahlsektors.
Das bestätigt auch die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen. Auch sie geht
von einem „merklichen Rückgang bei den CO2-Emissionen um gut 7 Prozent
aus“, heißt es in [2][ihrem jüngsten Quartalsbericht.] Der Verbrauch von
Mineralöl habe 2019 allerdings um 1,7 Prozent höher gelegen als im Vorjahr.
Und auch der Verbrauch von Dieselkraftstoffen sowie Flugbenzin sei leicht
gestiegen.
Graichen warnte, dass mit den Rekordmeldungen aus dem Ökostrom-Bereich bald
Schluss sein dürfte – stattdessen drohe eine „Ökostrom-Lücke“. Ein Grund:
Der Anteil an Atomstrom lag 2019 noch bei 12 Prozent, zum Ende des Jahres
ist das AKW Philippsburg vom Netz gegangen. Ende 2022 soll der Atomausstieg
abgeschlossen sein. Außerdem soll etwa beim Verkehr Strom – und zwar
Ökostrom – zunehmend Mineralöl als Antrieb ersetzen.
## Ausbau der Windkraft muss weitergehen
Betrachtet man nicht den Stromverbrauch, sondern den gesamten Energiemix,
haben die erneuerbaren Energien bisher nur einen Anteil von knapp 15
Prozent. Da zugleich der Ausbau vor allem von Windrädern nicht mehr so
schnell vorankommt, wie Energiewende-Experten es für notwendig halten,
könne Kohlestrom den Atomstrom teilweise ersetzen – zulasten des
CO2-Ausstoßes.
Die Bundesregierung müsse die Rahmenbedingungen ändern, forderte Graichen:
„Ohne Windkraft werden wir weder den Kohleausstieg noch die
Klimaschutzziele erreichen.“
7 Jan 2020
## LINKS
DIR [1] https://www.agora-energiewende.de/
DIR [2] https://www.ag-energiebilanzen.de/20-0-Berichte.html
## AUTOREN
DIR Felix Lee
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