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       # taz.de -- Grüne Woche und „Wir haben es satt“-Demo: „Gemeinsam erreichen wir mehr“
       
       > Constanze Altmann und Nadine Berger erklären, wie ein neues
       > Aktionsbündnis Fair Trade in Berlin voranbringen soll.
       
   IMG Bild: Bei der „Wir haben es satt“-Demo 2018
       
       taz: Nächste Woche Donnerstag feiert das Aktionsbündnis Fairer Handel seine
       Gründung. Was ist das? 
       
       Constanze Altmann: Es ist ein Bündnis aus jenen, die sich in Berlin im
       fairen Handel engagieren und vernetzen wollen. Es geht darum, Fair Trade
       stärker in Berlin voranzubringen und bestehende Aktivitäten und Angebote zu
       bündeln. Gemeinsam erreichen wir mehr.
       
       Nadine Berger: Seit 2018 ist Berlin eine zertifizierte Fairtrade-Stadt und
       das wollen wir ausbauen. Bei uns bündeln sich NGOs, Bezirksverwaltungen,
       Importeure und Unternehmen, die sich alle dafür einsetzen, dass der faire
       Handel gestärkt wird, etwa durch eine faire Beschaffung von Lebensmitteln
       in Kantinen. Bisher haben viele nebeneinanderher gearbeitet, ohne
       voneinander zu wissen. Das ändern wir.
       
       Wie definiert sich fairer Handel? 
       
       NB: Der Begriff ist nicht gesetzlich geschützt. Aber er steht für Respekt
       auf Augenhöhe, Gleichberechtigung und Vertrauen. Fair Trade heißt,
       KleinproduzentInnen im globalen Süden nachhaltig zu fördern, ihnen
       Entwicklungsperspektiven zu geben. Als Bündnis wollen wir uns für
       Bildungsarbeit und Kampagnen einsetzen, um hierzulande ein Umdenken im
       Kaufen und Verkaufen zu erreichen, damit HandelspartnerInnen in
       Produktionsländern faire Löhne erhalten und Zugang zum Markt haben.
       
       Mit wie vielen PartnerInnen starten Sie? 
       
       CA: Aktuell sind es 30 Organisationen, Institutionen und Einzelpersonen
       aus den Feldern Bildung, Wirtschaft und kommunales Engagement. Um ein paar
       zu nennen, wären das beim Import fairer Produkte Gepa oder Ethiquable und
       im NGO-Bereich WEED oder Inkota. Aber auch Weltläden und
       Bezirksverwaltungen gehören dazu.
       
       Auf Ihrer Website zeigen Sie einen fairen Stadtplan, damit jeder von Mode
       bis zu Lebensmitteln sehen kann, wo faire Produkte angeboten werden. Auch
       große Supermarktketten sind dort gelistet. Wie passt das zusammen? 
       
       NB: Diese Karte ist im Rahmen der Fairtrade-Town-Kampagne Berlins
       entstanden. Wir wollen sie weiter ergänzen und auch anders ausrichten, um
       insbesondere Unternehmen abzubilden, die überwiegend faire Produkte
       verkaufen.
       
       CA: Jeder soll durch diesen Stadtplan sehen können, wo in seinem Kiez die
       nächste Anlaufstelle für faire Produkte ist. Er wird laufend aktualisiert.
       Wir sind aber darauf angewiesen, direkt von Anbietern fairer Produkte
       kontaktiert zu werden oder Empfehlungen zu bekommen. Ich sah letztens bei
       einer großen Backkette ein Schild, dass sie nur noch fair gehandelten
       Kaffee ausschenken. Das wusste ich bis dato nicht.
       
       Was planen Sie noch? 
       
       CA: Wir bauen einen Blog auf und es wird einen regelmäßigen Newsletter
       geben, damit jeder weiß, was eigentlich der aktuelle Stand in Sachen Fair
       Trade ist und was in der Stadt dazu läuft.
       
       NB: In diesem Jahr werden unsere Schwerpunkte die Einführung von „fairen
       Textilien“ und „fairer Hauptstadtschokolade“ sein, die wir mit
       Fair-Handels-AkteurInnen weiter pushen wollen.
       
       Wie wird geprüft, wer fair ist? 
       
       NB: Angebotene Produkte müssen ein Fairtrade-Label haben. Darüber hinaus
       gibt es Anbieter, die hundertprozentig für den fairen Handel stehen, wie
       Weltläden, die ihre Produkte über ausgezeichnete Lieferanten beziehen. So
       wird sichergestellt, dass dort eine Prüfung stattgefunden hat, auf die wir
       vertrauen können.
       
       Warum ist es so wichtig, den fairen Handel weiter auszubauen? 
       
       NB: Fairer Handel hat eine große Schnittmenge mit Klimathemen.
       ProduzentInnen werden zum Beispiel bei der Umstellung auf biologischen
       Anbau und nachhaltige Herstellung unterstützt. Alle sollen an einem Strang
       ziehen, egal ob Konsument oder Produzent. Derzeit sind Menschen hier sehr
       sensibilisiert auf Nachhaltigkeitsthemen, das wollen wir nutzen.
       
       CA: In Berlin gibt es so viele Menschen, die sich im fairen Handel
       engagieren und tolle Aktionen machen. Das bekommen die wenigsten mit. Das
       Bündnis soll das sichtbar machen. Eine sehr erfolgreiche Kampagne im
       letzten Jahr kam aus dem Sport, da wurde sich dafür eingesetzt, fair
       produzierte Fußbälle für Vereine und Schulen zu beschaffen. Das soll in
       Zukunft häufiger passieren.
       
       Gibt es einen Produktbereich, der es besonders schwer hat, fair zu sein? 
       
       NB: Der faire Handel verlässt langsam die Nische. Trotzdem ist bei jedem
       Produkt der Faire-Handel-Anteil prozentual sehr gering, da die Nachfrage
       niedrig ist. Fairer Kaffee ist das bekannteste Produkt, hat aber nur einen
       Marktanteil von fünf Prozent, jede zwanzigste Tasse, die in Deutschland
       getrunken wird, stammt aus fairem Handel. In der Beschaffung von Textilien
       liegt viel Potenzial. Berliner Gefängnisse könnten fair produzierte
       Bettwäsche beziehen – ein Beispiel von vielen.
       
       Vermutlich kann sich nicht jeder Fairtrade-Produkte leisten, oder? 
       
       CA: Fair gehandelte Produkte sind oftmals teurer, ja, und niemand soll von
       heute auf morgen seinen ganzen Konsum umstellen, aber sich fragen, was
       durch faire Produkte ersetzt werden könnte, wie Kaffee oder Schokolade. Es
       ist ein Anfang, wenn man anders denkt. Das kann jeder für sich entscheiden.
       
       Nadine Berger, 41, ist Koordinatorin des Berliner Bündnisses Fairer Handel,
       Constanze Altmann, 40, leitet dessen Öffentlichkeitsarbeit. Mehr Infos:
       www.fairerhandel.berlin
       
       17 Jan 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Laura Binder
       
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