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       # taz.de -- Klausurtagung der CSU in Seeon: Söders Kabinettstück
       
       > Im Kloster Seeon geben sich der CSU-Chef und die CDU-Vorsitzende als das
       > Dreamteam der Union. Aber was hat Markus Söder wirklich vor?
       
   IMG Bild: 6. Januar 2020, Seeon, Bayern: Markus Söder sitzt auf seinem Platz
       
       Seeon taz | Es ist kurz nach 15 Uhr, als Horst Seehofer am Montag den
       Tagungsraum im Kloster Seeon betritt. Bayerns Ministerpräsident und
       [1][CSU]-Chef Markus Söder hat da gerade mit seinem Vortrag begonnen. Noch
       vor zwei Jahren hatte Seehofer selbst die beiden Ämter inne und die
       Marschrichtung vorgegeben. Jetzt ist er zwar Innen-, Bau- und
       Heimatminister in Berlin, bei der Klausurtagung der CSU in Seeon aber kaum
       mehr als ein Statist.
       
       Dass sein Name an in diesen Tagen dennoch häufiger fällt, hat weniger mit
       Themen aus seinem Fachbereich zu tun als vielmehr mit [2][einem Vorstoß
       Söders]. Mit dem hat es Seehofers Nachfolger in bewährter Manier geschafft,
       die geballte Aufmerksamkeit zum Auftakt der Klausurtagung auf sich zu
       ziehen: Recht unverhohlen mahnt Söder eine Neuaufstellung im Bundeskabinett
       an. Von „Verjüngung“ ist die Rede und von einer „zweiten Luft“, die allen
       Beteiligten helfen könne.
       
       Nur: Wen könnte er gemeint haben? Diese Frage beschäftigt seither so
       manchen in CSU und Umgebung. Verjüngung? Das älteste Mitglied im
       Bundeskabinett ist mit seinen 70 Jahren tatsächlich Seehofer. Doch Söder
       verbleibt, hierin seinem Vorgänger nicht unähnlich, im Ungefähren, im
       Rätselhaften.
       
       „Der Markus Söder überrascht uns halt immer wieder alle“, heißt es. Seine
       Parteifreunde sind eifrig bemüht, der Sache keine zu große Bedeutung
       zukommen zu lassen. Schließlich habe der CSU-Chef seine Forderung nicht an
       einzelnen Personen festgemacht.
       
       ## Worum geht es Söder wirklich?
       
       Andreas Scheuer, selbst Minister unter Dauerbeschuss, sagt, es gehe Söder
       doch vor allem um eine inhaltliche Erneuerung. Und ein anderes Mitglied der
       Landesgruppe mutmaßt sogar, wenn auch grinsend: „Verjüngung“ sei doch
       bestimmt im Sinne von Modernisierung gemeint.
       
       Worum also geht es Söder wirklich? Diese Frage zieht sich durch die
       dreitägige Klausurtagung, während man im offiziellen Teil Papiere zur
       Familienpolitik, einer vierten Rentensäule oder dem Schutz von Sparern
       verfasst und hochkarätige Gäste empfängt. So präsentierten sich etwa die
       Staatschefs von Estland und Rumänien, Kersti Kaljulaid und Klaus Johannis,
       sowie die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor der
       Klosterkulisse, die in diesem Jahr gänzlich ohne Schnee auskommen muss.
       
       Es gehe ihm um die Frage, so sagt es Söder selbst, ob Deutschland im neuen
       Jahrzehnt im wirtschaftlichen Wettbewerb bestehen könne, ob es
       „Zukunftsantworten“ geben könne.
       
       Inzwischen scheint man in der CSU zwar wieder verhalten optimistisch, dass
       die Bundesregierung noch bis zum Ende der Legislaturperiode durchhalte –
       auch wenn Landesgruppenchef Alexander Dobrindt vor einem „Linksruck“ bei
       der SPD warnt, der noch zur Belastung werden könne. Aber selbst wenn sie
       hält: Man wolle die Große Koalition nicht nur mit Anstand und möglichst
       reibungslos zu Ende bringen. Groß ist die Furcht, man könnte sich in der
       verbleibenden Zeit einfach irgendwie so durchwurschteln.
       
       ## Die CSU will wieder ins Landwirtschaftsministerium
       
       Und immer schwingt natürlich auch die Frage mit: Egal ob nun schon in
       diesem oder erst im nächsten Jahr gewählt wird, was kommt danach? Denn dass
       die Zusammenarbeit mit der SPD langfristig fortgesetzt werden könnte, damit
       rechnet auch in der CSU kaum einer. Also Schwarz-Grün? Oder doch eine
       Koalition ohne Beteiligung der Union?
       
       Das will Söder unbedingt verhindern. Aber gerade bei den Themen Hightech
       und Digitalisierung sehe er Schwächen der Bundesregierung. Für die
       kommenden beiden Jahre erhoffe er sich einen neuen Schwung für die GroKo.
       Ein Hinweis darauf, welche Minister er gern auswechseln würde? Für die
       Themen zuständig sind Wirtschaftsminister Peter Altmaier und
       Wissenschaftsministerin Anja Karliczek.
       
       Auch Söders Begeisterung für Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hält
       sich in Grenzen, wie er vor Beginn der Klausur [3][demonstrierenden Bauern]
       gegenüber signalisiert hat. Und: Die CSU solle sich bemühen, künftig wieder
       den Landwirtschaftsminister zu stellen. Es gäbe reichlich Ministerien, bei
       denen man ansetzen könnte.
       
       Austauschen freilich kann Söder selbst keines dieser Regierungsmitglieder,
       allesamt sind sie Christdemokraten. Im Alleingang kann der CSU-Chef nur
       über die Kabinettsmitglieder aus der eigenen Partei bestimmen, die alle
       noch von Seehofer ins Amt gehievt wurden: Entwicklungshilfeminister Gerd
       Müller, [4][Verkehrsminister Andreas Scheuer] und Seehofer selbst sowie die
       Staatsministerin im Kanzleramt, Dorothee Bär, und zwei Staatssekretäre.
       
       ## Viel hängt für Söder an AKK
       
       Plant Söder Größeres, so ginge das nur unter Mitwirkung von CDU-Chefin
       Annegret Kramp-Karrenbauer und Kanzlerin Angela Merkel. Ob er seinen
       Vorstoß mit Kramp-Karrenbauer abgesprochen habe, wird Söder gefragt. „Wir
       waren im Gespräch“, sagt er und fügt nach einer Kunstpause hinzu: „Aber
       nicht vorher.“
       
       Deren Stimmung scheint dies jedoch nicht zu trüben. Gut gelaunt betritt die
       CDU-Chefin tags darauf das Fürstenzimmer des Klosters, flankiert von
       Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Söder. Als „fast schon
       traditionell“ bezeichnet Kramp-Karrenbauer ihre Besuche in Seeon – sie ist
       bereits das zweite Mal hier – und unterstreicht ihre Verbundenheit mit den
       beiden Männern, die sie in die Mitte genommen haben.
       
       Nach ein paar Worten als Verteidigungsministerin zur Lage im Nahen Osten
       kündigt sie an, sie wolle mit den CSU-Kollegen aber auch als
       Parteivorsitzende reden – darüber, wie man ins neue Jahrzehnt starten
       wolle.
       
       Von einem „Aufbruch mit Augenmaß für die Zeit nach dieser
       Legislaturperiode“ spricht sie. Und nein, übergangen fühle sie sich von
       Söders Vorschlag einer Kabinettsumbildung keineswegs. Auch sie sei für ein
       „klares Zukunftsprogramm“ und ein „Team von Köpfen, die für diese Ziele
       glaubhaft stehen“.
       
       ## Die Achse Söder-AKK
       
       Ob das nun in Form einer Kabinettsumbildung geschehen müsse? „Eine
       Möglichkeit“, sagt Kramp-Karrenbauer. Wie man es tatsächlich mache, werde
       man im Laufe des Jahres besprechen. Kernbotschaft der CDU-Vorsitzenden:
       Zwischen die beiden Unionschefs passt kein Blatt Papier. „Wir beide bilden
       eine Achse.“
       
       Natürlich wissen Söder und Kramp-Karrenbauer, das eine größere
       Kabinettsumbildung ohne Zustimmung der Kanzlerin kaum zu bewerkstelligen
       sein wird – und die gilt als eher skeptisch gegenüber solchen Rochaden.
       
       Und dann haben die beiden in diesem Jahr ja noch anderes miteinander zu
       klären – die Frage beispielsweise, wer Kanzlerkandidat der Union wird.
       Söder bestreitet nach wie vor alle eigenen Ambitionen, bedingt sich
       allerdings ein Mitspracherecht für die CSU aus.
       
       Im Kabinett hat man die Botschaft aus Seeon indes wohl vernommen – und übt
       sich in Sarkasmus. Während Söder und Dobrindt hinter den Klostermauern noch
       über Zukunftsantworten philosophieren, trifft man sich in Berlin zum
       Neujahrsessen des Kabinetts. Und Julia Klöckner lässt die Twittergemeinde
       umgehend daran teilhaben, wie Staatsministerin Michelle Müntefering den
       Innenminister begrüßt: „Herr Seehofer, Sie sehen so verjüngt aus!“
       
       8 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dominik Baur
       
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