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       # taz.de -- Urteil gegen katalanischen Politiker: Vaterland oder Rechtsstaat
       
       > Oriol Junqueras darf nicht ins Europaparlament. Spaniens oberstes Gericht
       > stellt sich damit offen gegen Europa.
       
   IMG Bild: 2. November 2017: Oriol Junqueras kommt zu einer Anhörung vor dem obersten Gerichtshof in Madrid
       
       Spaniens Justiz legt sich offen mit Europa an. Der ehemalige katalanische
       Vize-Regierungschef Oriol Junqueras, der seit über zwei Jahren im Gefängnis
       sitzt und im vergangenen Oktober zu 13 Jahren Haft verurteilt wurde, darf
       laut einer Entscheidung des obersten spanischen Gerichts seinen Sitz im
       Europaparlament nicht einnehmen. Und das, obwohl der EuGH beschied, dass
       Junqueras im Mai, als er in Untersuchungshaft saß, rechtmäßig gewählt wurde
       und [1][eigentlich seither Immunität] genießt.
       
       Spanien verspielt mit dieser Entscheidung einen weiteren Teil des Rufs, ein
       demokratischer Rechtsstaat zu sein. Das Urteil selbst – das gegen den
       immunen Junqueras eigentlich gar nicht hätte gefällt werden können – ist
       schon äußerst fragwürdig. Junqueras und mit ihm acht weitere
       Unabhängigkeitspolitiker und -aktivisten wurden wegen „Aufruhr“ verurteilt.
       Ihr Vergehen: Sie stellten Urnen auf, um die Katalanen darüber entscheiden
       zu lassen, ob sie weiterhin zu Spanien gehören oder unabhängig sein wollen.
       Alles verlief völlig friedlich, von den harten Polizeieinsätzen einmal
       abgesehen.
       
       Dass diese Vorwürfe nicht mit europäischen Rechtsstandards kompatibel sind,
       zeigt die Ablehnung von mehreren Auslieferungsanträgen gegen Junqueras’
       einstigen Chef in der katalanischen Regierung, [2][Carles Puigdemont]. Er
       und zwei weitere Minister leben im Ausland. Weder die belgische noch die
       schottische oder die deutsche Justiz leistete dem Auslieferungsgesuch der
       spanischen Richter Folge. Internationale Prozessbeobachter, unter ihnen
       Amnesty International, beklagten ebenfalls, dass das Verfahren, bei dem
       Junqueras verurteilt wurde, ein schwerer Verstoß gegen Demonstrations- und
       Meinungsfreiheit war.
       
       Die obersten Richter Spaniens scheint all dies nicht zu stören. Sie machen
       einfach weiter. Das völlig veraltete Konzept eines einheitlichen und
       [3][großen Spaniens,] wie es einst in der Franco-Diktatur gepriesen wurde,
       scheint für sie über Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu stehen. Sie
       verspielen damit das Ansehen Spaniens, das in mehr als 40 Jahren mühsam
       erarbeitet worden war.
       
       10 Jan 2020
       
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