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       # taz.de -- Eklat im Amri-Ausschuss: Die Doppelrolle
       
       > Ein Verfassungsschützer saß für die Bundesregierung im U-Ausschuss zum
       > Amri-Anschlag – obwohl er Zeuge sein könnte. Die Opposition ist empört.
       
   IMG Bild: Viele offene Fragen: Der Berliner Breitscheidplatz nach dem Anschlag 2016.
       
       BERLIN taz | Neuer Eklat im Untersuchungsausschuss des Bundestags zum
       Terroranschlag vom Berliner Breitscheidplatz: In einem Schreiben an das
       Gremium räumt die Bundesregierung ein, dass ein Verfassungsschützer –
       obwohl möglicher Zeuge – als Vertreter der Bundesregierung im Ausschuss
       sitzt.
       
       Der Geheimdienstler nimmt als Vertreter für das Bundesamt für
       Verfassungsschutz regelmäßig an dem Ausschuss teil. Er wacht dort über
       Zeugenaussagen und interveniert, wenn Dienstinterna jenseits des
       Untersuchungsthemas angesprochen werden.
       
       In dem Schreiben der Bundesregierung wird nach taz-Informationen nun indes
       eingeräumt, dass der Verfassungsschützer auch dienstlich an zwei Vorgängen
       zum Attentäter Anis Amri beteiligt war. Dabei geht es zum einen um den
       Islamisten Abu Walaa, der den Behörden als Deutschlandvertreter des
       „Islamischen Staates“ galt und sich persönlich mit Amri traf. Zum anderen
       geht es um den Gefährder Soufiane A., der mit dem Tunesier befreundet war.
       
       Der Verfassungsschützer sei indes nur „am Rande“ mit den Vorgängen befasst
       gewesen, beteuert die Bundesregierung. Er sei nur als Vertreter der
       eigentlich zuständigen Mitarbeiter aktiv geworden. Das Schreiben erreichte
       den Ausschuss vor wenigen Tagen.
       
       ## Schon der zweite Fall
       
       Die Opposition im Untersuchungsausschuss reagierte empört auf die
       Nachricht. Denn für sie kommt der Verfassungsschützer durchaus als
       potentieller Zeuge in Betracht – da die dienstliche Befassung des Mannes
       mit dem Fall Amri vor dem Anschlag liegt. Und bereits im Herbst 2018 war
       bekanntgeworden, dass eine Ausschussabgesandte des Bundesinnenministeriums
       früher beim Bundesamt für Verfassungsschutz mit dem Fall Amri befasst war.
       
       „Der Verfassungsschutz wollte von Beginn an seine Rolle im Zusammenhang mit
       dem Terroranschlag verschleiern“, sagte Linken-Obfrau Martina Renner der
       taz. Nun liege offenbar der zweite Fall einer „aktiv versuchten
       Beeinflussung der Aufklärungsarbeit“ vor. „Unter diesen Umständen müssen
       wir daran zweifeln, dass dem Ausschuss gegenüber bisher die Wahrheit gesagt
       wurde“, so Renner.
       
       Auch die Grüne Irene Mihalic kritisierte: „Wieder wurden wir monatelang
       nicht darüber informiert, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz einen
       Vertreter in den Untersuchungsausschuss entsendet, der mit dem
       Untersuchungsgegenstand dienstlich befasst war. Es kann da doch keinen
       verwundern, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass es um
       Steuerung der Untersuchungsarbeit im Interesse der Bundesregierung geht.“
       
       ## Opposition: „mangelnder Aufklärungswille“
       
       Für die Ausschussarbeit ist die mögliche Doppelrolle der Behördenvertreter
       ein Unding: ZeugInnen sollen dort unvoreingenommen aussagen. Die Vertreter
       der Behörden nehmen indes nicht nur an den Sitzungen teil, sondern kennen
       auch die Akten und internen Beratungen. Der nun betroffene
       Verfassungsschützer hatte, nach dem ersten Eklat, im Oktober 2018 im
       Ausschuss explizit erklärt, nicht als potentieller Zeuge infrage zu kommen.
       
       [1][Der Untersuchungsausschuss arbeitet seit anderthalb Jahren den Anschlag
       auf, den Amri im Dezember 2016 auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner
       Breitscheidplatz verübte]. Elf Menschen sterben damals, der Lkw-Fahrer
       wurde zuvor schon erschossen. Es ist bis heute der schwerste islamistische
       Anschlag in Deutschland.
       
       Die Opposition kritisiert [2][schon länger einen mangelnden
       Aufklärungswillen der Bundesregierung]. Nach dem jüngsten Vorfall sieht
       sich die Grüne Mihalic in dieser Kritik bestärkt: „Die Bundesregierung
       trägt mit ihrem Verhalten im Untersuchungsausschuss nicht gerade dazu bei,
       das Vertrauen in ihre Aufklärungsbereitschaft zu stärken.“
       
       14 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Islamistischer-Anschlag-in-Berlin-2016/!5641880
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       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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