# taz.de -- Mehr Hilfe für Obdachlose in Hamburg: Wahlkampf macht milde
> Die rot-grüne Koalition schnürt kurz vor der Wahl ein Maßnahmenpaket für
> Obdachlose. Geplant ist unter anderem ein „Housing First“-Projekt.
IMG Bild: Wo kein Wohnraum ist bleibt nur die Brücke: Obdachlosen-Schlafsäcke an der Helgoländer Allee
Hamburg taz | SPD und Grüne haben ein Maßnahmenpaket zur Wohnungslosigkeit
vorgestellt, das sie in der nächsten Bürgerschaftssitzung einbringen
wollen. Es besteht aus drei Anträgen, die sich jeweils einem Thema widmen:
Obdachlose aus dem EU-Ausland, psychische Erkrankung bei Obdachlosen und
die Schaffung neuen Wohnraums im Allgemeinen.
Etwa [1][zwei Drittel der Obdachlosen in Hamburg kommen aus dem
EU-Ausland]. Sie gaben in der Obdachlosenzählung 2018 mehrheitlich an, nach
Hamburg gekommen zu sein, um Arbeit zu finden. Oftmals sind sie aber ohne
Arbeit geblieben und hatten somit auch keinen Anspruch auf
Sozialleistungen, also öffentlich-rechtliche Unterbringungen oder
Sozialwohnungen.
Rot-Grün fordert nun eine kostengünstige Unterbringungsmöglichkeit, in der
EU-Bürger:innen die ersten Monate unterkommen können. Dabei wolle
man präventiv denjenigen helfen, „die gerade bei der Beschaffung von
Wohnraum Starthilfe benötigen, um sich in Hamburg erfolgreich zu
integrieren“, sagt Mareike Engels, sozialpolitische Sprecherin der
Grünen-Fraktion.
Für Obdachlose mit psychischer Erkrankung soll sich die Situation in
öffentlich-rechtlichen Unterbringungen verbessern, zum Beispiel durch mehr
Einzelzimmer.
Im dritten Antrag fordern Grüne und SPD verschiedene Maßnahmen, die
Wohnraum für Obdachlose schaffen können. Unter anderem soll es ein „Housing
First“-Modellprojekt geben. Bei diesem Konzept können Obdachlose eine
Wohnung beziehen, ohne vorher bestimmte Voraussetzungen (wie Abstinenz) zu
erfüllen. Man erhofft sich, dass Obdachlose die durch eine Wohnung
gewonnene Stabilität nutzen können, um andere Probleme zu lösen.
## Mehr Wohnraum für Obdachlose
Außerdem soll Wohnraum für Obdachlose geschaffen werden, indem auch Klein-
und Einzelvermieter:innen bestimmte Garantien ermöglicht werden. Das
können zum Beispiel die Begleichung von Mietschulden oder das Bezahlen von
Vandalismus-Schäden sein. Bisher gab es solche Leistungen nur für
Wohnungsbaugesellschaften, die sich im Gegenzug verpflichteten, einzelne
Wohnungen an bis dahin Wohnungslose zu vermieten. „Es geht vor allem darum,
Ängste der Vermieter aufzunehmen und abzufedern“, sagt Uwe Giffei, Experte
für Wohnungs- und Obdachlosigkeit der SPD-Fraktion, gegenüber der taz. In
den seltensten Fällen würden diese Leistungen tatsächlich in Anspruch
genommen.
Stephan Karrenbauer vom Straßenmagazin Hinz&Kunzt freut sich, dass die
Forderungen aus der Wohnungslosenhilfe nun umgesetzt werden. „Sie haben
deutlich zugehört, was wir seit drei Jahren fordern“, sagt er über die
Pläne von Rot-Grün. Für Franziska Rath, sozialpolitische Sprecherin der
CDU-Fraktion, hätte es schneller gehen können: „Lange haben wir gewartet,
dass Rot-Grün auf die steigenden Zahlen an Obdachlosen auf Hamburgs Straßen
reagiert.“ Zu lange habe es nach Durchführung der Obdachlosen- und
Wohnungslosenuntersuchung gedauert, bis nun Maßnahmen umgesetzt werden.
„Würde es Rot-Grün wirklich um die Menschen auf der Straße gehen, dann
frage ich mich, warum so lange nichts passiert ist?“
Cansu Özdemir, Fraktionsvorsitzende der Linken, kritisiert, dass es sich
vor allem um Prüfaufträge handle, „obwohl entsprechende Konzepte schon auf
dem Tisch liegen und seit Jahren bei der Behörde für Arbeit, Soziales,
Familie und Integration versauern.“ Beide Politikerinnen betonen in ihren
Aussagen den Zeitpunkt der Anträge kurz vor den Bürgerschaftswahlen. Für
Karrenbauer von Hinz&Kunzt jedoch hört sich das Paket nicht wie ein
Wahlversprechen an: „Egal, wer von Rot-Grün stärkste Partei wird, in der
nächsten Legislatur kann man sie darauf festnageln.“
21 Jan 2020
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## AUTOREN
DIR Nele Spandick
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