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       # taz.de -- Norwegens Regierungskoalition platzt: Rechtspopulisten steigen aus
       
       > Wegen Streit über eine IS-Heimkehrerin kündigt die Fortschrittspartei die
       > Koalition auf. Nun läuft es womöglich auf eine Minderheitsregierung
       > hinaus.
       
   IMG Bild: Ministerpräsidentin Erna Solberg muss sich jetzt Mehrheiten suchen
       
       Stockholm taz | Norwegens Fortschrittspartei (FRP) kündigte am Montag ihren
       Austritt aus der Regierungskoalition an. Nach über sechs Jahren endet
       damit die Zusammenarbeit der Rechtspopulisten mit der konservativen Høyre
       von [1][Ministerpräsidentin Erna Solberg]. Es bestehe keine Grundlage mehr
       für eine Fortsetzung der Koalition, begründete Siv Jensen, FRP-Vorsitzende
       und seit 2013 Finanzministerin Norwegens, diesen Schritt: „Weil es uns
       nicht gelungen ist, uns in ausreichendem Maße mit unserer Politik
       durchsetzen zu können, lohnt es sich nicht, weitere Niederlagen hinnehmen
       zu müssen.“ Als Oppositionspartei könne man in Zukunft „eine härtere und
       eindeutigere Partei sein“.
       
       Unmittelbarer Anlass für das Ausscheiden der FRP ist eine
       [2][Abstimmungsniederlage, die sie in der vergangenen Woche im Kabinett
       erlitten hatte.] Die Konservativen hatten zusammen mit den beiden anderen
       Koalitionspartnern, der liberalen Venstre und den Christdemokraten,
       beschlossen, eine IS-Heimkehrerin mit ihren beiden Kindern aus einem
       syrischen Flüchtlingslager nach Norwegen zurückzubringen.
       
       Solberg hatte dieses Abweichen von der bisherigen Praxis, bei der Oslo nur
       Waisenkindern bei der Rückkehr half, mit humanitären Erwägungen begründet.
       Das Kind sei unheilbar krank, die Mutter lasse es nicht allein reisen: „Ich
       will nicht, dass ein fünf Jahre altes krankes norwegisches Kind in Syrien
       stirbt.“
       
       Die FRP warf der Regierung daraufhin vor, eine Terroristin ins Land zu
       holen und das auch noch mithilfe von Steuergeldern. Eigentlicher
       Hintergrund für das Verlassen der Regierung dürften aber miserable
       Umfragewerte sein. Die Unterstützung für die FRP hat sich gegenüber der
       Parlamentswahl von 2017 nahezu halbiert.
       
       Solberg dankte der FRP für die Zusammenarbeit, sie respektiere, dass die
       Partei eine andere Meinung habe. Für sie selbst sei aus moralischen Gründen
       aber keine andere Entscheidung möglich gewesen. Sie werde jetzt mit den
       verbleibenden Parteien eine Minderheitsregierung bilden und rechne auf
       weitere gute Zusammenarbeit mit der FRP.
       
       ## Ein Rechtsruck befürchtet
       
       Der sozialdemokratische Oppositionsführer Jonas Gahr Støre befürchtet,
       „dass die äußerste Rechte von außerhalb der Regierung mehr Einfluss über
       deren Politik bekommt, als sie es als Regierungspartei hatte“. Der
       Vorsitzende der Linkssozialisten Audun Lysbakken sprach von „guten
       Nachrichten“: Jetzt werde die Rolle des Parlaments gestärkt werden.
       
       Die verbleibende Dreiparteienkoalition hat mit 61 der 169 Mandate nun
       keine Mehrheit im Storting mehr. Norwegens Verfassung kennt nicht die
       Möglichkeit vorgezogener Wahlen. Einzige Alternative zu dieser
       Minderheitsregierung von rechts wäre eine von links, die aber auch nur auf
       79 Mandate käme.
       
       Am wahrscheinlichsten ist, dass Solbergs Regierung versuchen wird, bis zu
       den Wahlen im September 2021 im Amt zu bleiben, und sich parlamentarisch
       vor allem auf die FRP stützt. Siv Jensen betonte bereits ihre Bereitschaft
       dazu: „Wir wollen keine andere Regierungschefin, wir meinen, dass Solberg
       die richtige ist.“
       
       20 Jan 2020
       
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