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       # taz.de -- Rücktritt bei 5-Sterne-Bewegung: Ohne Kompass
       
       > Luigi Di Maio ist als Chef des Movimento 5 Stelle zurückgetreten. Er
       > wollte weder rechts noch links sein.
       
   IMG Bild: Luigi di Maio auf einer Pressekonferenz im Außenministerium in Berlin am 9. November 2019
       
       Kopflos. So muss man wohl den Zustand des Movimento 5 Stelle (M5S –
       5-Sterne-Bewegung) beschreiben, seitdem Luigi Di Maio, bis gestern „Capo
       politico“ („Politisches Haupt“) des M5S, seinen Rückzug aus dem Amt bekannt
       gegeben hat.
       
       Erst 33 Jahre alt ist der junge Politiker, den es seit 2014 blitzschnell
       nach oben getragen hat und der den phänomenalen Erfolg der Fünf Sterne
       verkörperte. 2014 trat das M5S erstmals bei den italienischen
       Parlamentswahlen an – und eroberte aus dem Stand 25 Prozent. Aus dem Stand
       kam so auch Di Maio ins Abgeordnetenhaus, wurde zum Vizepräsidenten der
       Kammer gewählt.
       
       Damals wie heute spotten politische Gegner, seine berufliche Erfahrung habe
       sich auf einen Job als Steward im Fußballstadion in Neapel und auf die
       Tätigkeit als Webmaster einer Pizzeria beschränkt. Seinen Aufstieg konnte
       das nicht bremsen: 2018 führte er die Fünf Sterne mit fast 33 Prozent zu
       einem weiteren Triumph bei den nationalen Wahlen.
       
       Nach dem Sieg schmiedete er die [1][Regierungskoalition mit Matteo Salvinis
       Lega], wurde selbst Wirtschafts- und Arbeitsminister. Als im Sommer 2019
       Salvini die Regierung platzen ließ, wechselte Di Maio den
       [2][Koalitionspartner, ging nun mit der gemäßigt linken Partito
       Democratico] zusammen und wurde Außenminister.
       
       ## Ohne Kompass an der Regierung
       
       Kein Problem in seinen eigenen Augen: Er gehört zu denen im M5S, die immer
       mit der größten Überzeugung verkündet haben, er sei „weder rechts noch
       links“. Aber ebendies ist womöglich das Hauptproblem der Fünf Sterne und
       auch Di Maios: das Fehlen eines Kompasses. Das [3][M5S holte bei den
       Europawahlen im Mai 2019 nur noch 17 Prozent], in den meisten
       Meinungsumfragen liegt es heute darunter.
       
       Nun ließe sich einwenden, 1980 seien die deutschen Grünen mit genau dem
       gleichen Motto angetreten, um eine wahre Erfolgsgeschichte zu beginnen.
       Aber erstens stimmt dies gerade für die ersten Jahrzehnte der Grünen nicht:
       Sie selbst verorteten sich damals im linken Lager, auch andere taten das.
       Und zweitens hatten die Grünen mit der Ökologie ein starkes Kernthema.
       
       Die Fünf Sterne dagegen sind tatsächlich „weder rechts noch links“, und ein
       echtes Kernthema haben sie auch nicht. Entstanden im Protest gegen eine
       korrupte politische Klasse, waren sie die perfekte Adresse für Italiens
       Wutbürger – solange sie in der Opposition saßen. Als sie aber an die
       Regierung kamen, drängte die Frage nach der politischen Ausrichtung.
       Schließlich wirkt sich das Links- oder Rechtssein auf konkrete politische
       Maßnahmen aus. Und bei dieser Entscheidung tat sich Di Maio schwer.
       
       Bezeichnend war, dass ihm zur Jahreswende gleich zwei prominente Vertreter
       abhandenkamen: Unterrichtsminister Lorenzo Fioramonti trat zurück und
       verließ gleich auch die M5S-Fraktion im Parlament, weil ihm die
       progressiv-linke Ausrichtung in der Bewegung fehlte; der frühere
       TV-Journalist Gianluigi Paragone dagegen flog wegen seiner rechten
       Sympathien für Salvini und die Lega aus der Fraktion.
       
       So machen die Fünf Sterne gegenwärtig vor allem mit ihrem Niedergang
       Nachrichten – und mit den Regionalwahlen am Sonntag in der Emilia Romagna
       könnte es noch dicker kommen: Bloß noch 5 bis 7 Prozent werden dem M5S dort
       prognostiziert. Dafür wolle Di Maio nicht seinen Kopf hinhalten, heißt es
       schon seit Tagen in Rom. Und jetzt kam auch der Rücktritt. Im März will das
       M5S nun auf einem Kongress über seine Zukunft entscheiden – wenn es
       überhaupt noch eine hat.
       
       22 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
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