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       # taz.de -- Koalition zum Rechtsextremismus uneins: Lasst uns reden
       
       > Seehofer und Giffey starten einen Dialog, um Prävention gegen
       > Rechtsextremismus zu stärken. Ein Demokratiefördergesetz sorgt für
       > Streit.
       
   IMG Bild: Giffey:“ Es braucht beides konsequente Strafverfolgung und null Toleranz für rechtsextreme Angriffe“
       
       Berlin taz | Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Familienministerin
       Franziska Giffey (SPD) wollen die Rechtsextremismus-Prävention stärken.
       „Sicherheit und Prävention gehören zusammen“, teilte Seehofer am
       Mittwochnachmittag in Berlin mit. „Neben dem Staat kommt der Gesellschaft
       heute mehr denn je eine eine zentrale Rolle im Kampf gegen Extremismus und
       Antisemitismus zu.“
       
       Und Giffey betonte: „Es braucht beides: Einerseits konsequente
       Strafverfolgung und null Toleranz für rechtsextreme Angriffe. Andererseits
       die Unterstützung der Menschen, die vor Ort Hass und Menschenfeindlichkeit
       entgegentreten.“ Deshalb wolle man die Arbeit der beiden Ministerien eng
       abstimmen.
       
       Ein Streit aber zwischen den beiden Häusern schwelt aber fort: Braucht es
       ein Demokratiefördergesetz?
       
       Bereits Ende Oktober, nach dem Anschlag in Halle, hatte die Bundesregierung
       einen Maßnahmenkatalog gegen Rechtsextremismus beschlossen. Ein Punkt
       dabei: die Prävention. Diese wolle man „ausweiten“, man setze auf eine
       „längerfristige und nachhaltige Förderung“ auf finanziell „hohem Niveau“,
       hieß es damals.
       
       ## Päventionsprojekte zeitlich begrenzt
       
       Am Mittwoch nun folgte ein Fachgespräch mit ExpertInnen im
       Innenministerium. „Mit dem heute gestarteten Dialog werden wir
       herausarbeiten, welche konkreten Schritte nötig sind“, so Giffey im
       Anschluss. Seehofer kündigte an, zu einem Bund-Länder-Austausch einzuladen,
       „um die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden mit
       staatlichen und zivilgesellschaftlichen Trägern auszubauen“.
       
       Wie genau die Präventionsarbeit aber verstetigt werden soll, darüber gibt
       es Dissenz. Giffey plädiert bereits seit Längerem für ein
       Demokratiefördergesetz, um Projekte dauerhaft abzusichern. Die
       Sozialdemokratin verwies auch auf die jüngsten Bedrohungen gegen
       BürgermeisterInnen im Land: Hier brauche es „harte Strafverfolgung“, aber
       eben auch „die Förderung des Engagements, gerade der Demokraten vor Ort“.
       
       Die Union ist indes gegen ein eigenes Gesetz: Dieses würde das Budgetrecht
       des Bundestags „erheblich einschränken“, heißt es dort. Es müsse auch die
       Option geben, Projekte nicht weiter fördern zu können.
       
       Bisher werden Präventionsprojekte zeitlich nur begrenzt gefördert. [1][Das
       größte Programm, „Demokratie leben“,] angesiedelt im Familienministerium,
       startete gerade erst mit einer neuen vierjährigen Förderperiode. Mehr als
       5.000 Demokratieprojekte sollen ab diesem Jahr umgesetzt werden. 115,5
       Millionen Euro gibt der Bund dafür jährlich bis 2023 aus.
       
       ## Inhaltlich bleiben Lücken
       
       [2][Eine zunächst geplante Kürzung] um 8 Millionen Euro wurde wieder
       zurückgenommen. Allerdings: Künftig werden nur noch 150
       zivilgesellschaftliche Modellprojekte finanziert – statt bisher 275. Diese
       erhielten dafür aber mehr Geld, betont Giffey: Statt 130.000 Euro jährlich
       nun 200.000 Euro. Dennoch war der Protest zuletzt groß, viele Träger
       beklagten das Aus ihrer Projekte.
       
       „Einige bewährte Projekte konnten nun noch über die Länder gerettet
       werden“, sagte Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu-Antonio-Stiftung.
       Inhaltlich aber blieben Lücken, vor allem im ländlichen und digitalen Raum.
       „Dabei ist der Bedarf riesig, in den sozialen Netzwerken menschenfeindliche
       Inhalte aufzudecken und Gegenerzählungen einzuspeisen. Und für den
       ländlichen Raum belegen Studien, dass die Normalisierung von
       demokratiefeindlichen Einstellungen extrem rechten Wahlerfolgen und auch
       Gewalt den Weg ebnet. Das Bekenntnis zu mehr Prävention bleibt hier
       unerfüllt.“
       
       Auch Reinfrank plädiert für ein Demokratiefördergesetz: „Gerade in diesen
       Zeiten sehen wir doch, wie existenziell wichtig ein dauerhafter und
       engagierter Einsatz für die Demokratie ist. Während die extreme Rechte dank
       der staatlichen Parteienfinanzierung in eine glänzende Zukunft auf
       Steuerkosten blickt, werden Demokratieprojekte mit Antragsmodalitäten
       gegängelt und auf Sparflamme gehalten.“
       
       15 Jan 2020
       
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