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       # taz.de -- Berliner Fußball II: Union bleibt eisern
       
       > Nicht besonders ansehnlich, aber punktreich: Die Köpenicker erkämpfen
       > sich einen 2:0-Sieg gegen Augsburg und sind jetzt Tabellenelfter.
       
   IMG Bild: Florian Niederlechner (l) von FC Augsburg kämpft gegen Berlins Marcus Ingvartsen um den Ball
       
       berlin taz | Spätestens nachdem man zum Rückrundenstart in Leipzig die
       dritte Niederlage in Folge kassierte, war Zeit, sich eine alte Binse
       eingerahmt in die Union-Kabine zu hängen: „Nur für die Lobeshymnen der
       anderen kannst du dir nichts kaufen.“ Denn in den letzten vier Spielen seit
       Weihnachten kamen zwar weiterhin Lob und Anerkennung für die Eisernen, aber
       eben auch nur ein Punkt für die Tabelle.
       
       So war vor dem ersten Heimspiel des Jahres am Sonnabend gegen die
       Augsburger klar: Die heiße Phase des Abstiegskampfes wird schon ein wenig
       vorverlegt. Gäbe es am Samstag wieder keinen Punkt, dann wäre die ganze
       Überraschungsfreude aus der Hinrunde verpufft, dafür hätte sich der Druck
       für die Köpenicker um ein Vielfaches erhöht. Das hätte auch der stets eine
       unglaubliche Ruhe ausstrahlende Coach Urs Fischer schlussendlich, um ihn
       mit seinem Lieblingswort zu zitieren, kaum anders bewertet.
       
       Dass Augsburg in der Alten Försterei für ein Ende der Negativserie sorgen
       würde, war insofern mit Hoffnung unterfüttert, als Gleiches schon in der
       Hinrunde klappte. Dort hatte Union den ersten Punkt in seiner
       Bundesliga-Geschichte geholt, was FCA-Trainer Martin Schmidt nach der
       0:2-Niederlage am Sonnabend zu einem Scherz in Richtung seines Kollegen und
       Schweizer Landsmannes Fischer veranlasste: „Ich hätte schon gedacht, dass
       ihr uns hier auch einen Punkt gebt.“ Leider blieb ihm nur der Spaß nach dem
       Spiel, denn das Spielgeschehen auf dem Platz war choreografiertes
       Nullvergnügen. Oder wie Schmidt treffend feststellte: „kernig“.
       
       ## Flacher Flipperfußball
       
       Quasi hartkernig sogar, denn beim Verdauen der spielerischen Kost taten
       doch die Zähne weh. Beide Mannschaften übten sich anfangs in
       Flipperfußball, aus dem heraus sich die Unioner am ehesten Chancen
       erspielten. Das kernige Hin und Her führte zu einem journalistischen
       Standard im offiziellen Spielbericht: Das Spiel sei in der ersten Halbzeit
       „zunehmend verflacht“, wie es freundlich hieß.
       
       Zum Glück für die Eisernen kam unmittelbar nach Wiederanpfiff ein anderer
       Standard ins Spiel: Ecke Union, Tor Subotic. Das erste des Abwehrspielers
       für den Verein überhaupt – müssen halt alle ran im Abstiegskampf. Die
       Partie wurde dadurch nicht viel ansehnlicher, aber diese Unwichtigkeit
       durch das zweite Union-Tor bald darauf verdrängt. Marcus Ingvartsen hatte
       eine gute Kombination durch einen Schuss aus der Strafraummitte erfolgreich
       abgeschlossen.
       
       Was in den letzten zwanzig Minuten passierte, erfreute auch Trainer Fischer
       sehr: „Wir haben gekämpft, gebissen“ – so habe man dem Druck standgehalten.
       Oder wie es die Augsburger sahen: Union hätte es durch diverse, mit gelben
       Karten bestrafte taktische Fouls geschafft, den eigenen Spielaufbau zu
       stören. Am Ende gab es zwei Riesenchancen für den FCA, aber die brachten –
       auch dank eines Reflexes von Torwart Gikiewicz – nichts. Nach Abpfiff dann
       neue Zuversicht bei den Union-Fans, dass es mit dem Klassenerhalt sehr wohl
       klappen kann.
       
       Allein der Blick auf die anderen Spiele trübte die Freude. Hertha hatte in
       Wolfsburg ebenfalls gewonnen und bleibt Union, jetzt auf Tabellenplatz 11,
       im Nacken. Damit steigt die Spannung fürs Derbyrückspiel im März im
       Olympiastadion, bei dem es immerhin keine Zuschaueraussperrungen gibt. Der
       DFB hatte nach den Ausschreitungen mit Pyrotechnik im Hinspiel lediglich
       Rekordstrafen für beide Klubs verhängt. Hertha hat mit 190.000 Euro nun den
       allgemeinen Bundesligarekord inne, Union soll 158.000 Euro zahlen.
       Zumindest was die Höhe der Strafzahlungen angeht, ist Berlin jetzt
       eindeutig Deutschlands Fußballhauptstadt.
       
       26 Jan 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gunnar Leue
       
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