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       # taz.de -- Bericht des Wehrbeauftragten: „Ihr seid Affen mit Trisomie 21!“
       
       > Der neue Bericht des Wehrbeauftragten zeigt: In der Bundeswehr arbeiten
       > nicht nur Menschenfreunde. Wir haben die Flop 10 der miesesten Vorfälle.
       
   IMG Bild: Liegestütze gehören bei der Bundeswehr dazu. Einige Ausbilder haben es 2019 aber übertrieben
       
       Als Wehrbeauftragter des Bundestags ist Hans-Peter Bartels (SPD) so etwas
       wie der Anwalt der Soldat*innen. An ihn können sie sich wenden, wenn sie in
       der Bundeswehr Probleme haben. Am Dienstag präsentierte Bartels seinen
       Jahresbericht. Größtenteils thematisierte er darin Ausrüstungs- und
       Personalmängel. Auf einigen Seiten geht es aber um auch [1][Fälle von
       Rechtsextremismus], Rassismus, Sexismus oder Chauvinismus in der Armee. Das
       sind die zehn eindrücklichsten Beispiele: 
       
       1. Auf der Wiese einer Kaserne in Schleswig-Holstein verfärbten Unbekannte
       mithilfe von Düngemitteln das Gras, sodass auf vier mal vier Metern ein
       Hakenkreuz zu erkennen war. Konsequenz: Keine, da die Täter*innen nicht
       ermittelt werden konnten.
       
       2. Eine Unteroffizierin ärgerte sich über die Preise einer
       Bundeswehrkantine und sagte über den Betreiber, dieser sei „ein richtiger
       Jude“. Sie würde nicht mehr zu ihm gehen, da sie ihm „nicht noch mehr Geld
       in den Rachen werfen“ wolle. Konsequenz: Disziplinarverfahren vor einem
       Truppengericht, Urteil unbekannt.
       
       3. Ein Soldat sagte über einen Kameraden seines Zuges: „Der soll kellnern,
       der ist schwarz.“ Konsequenz: eine einfache Disziplinarmaßnahme, also ein
       Verweis, eine geringe Geldbuße, oder ein kurzer Arrest.
       
       4. Ein Unteroffizier zeigte beim Neujahrsempfang seiner Einheit den
       Hitlergruß und sagte: „Sieg Heil!“. Konsequenz: Disziplinarverfahren ist
       eingeleitet.
       
       5. Ein Offizier beleidigte während einer Weiterbildung seine Kameraden mit
       den Worten: „Bin ich hier in einer Mongowerkstatt? Ihr seid Affen mit
       Trisomie 21!“ Konsequenz: Beförderungsverbot für zwei Jahre, gekürzter Sold
       für ein Jahr.
       
       6. Ein Bundeswehrarzt sagte zu einer Soldatin, Soldatinnen seien keine
       richtigen Frauen und für Männer nicht attraktiv. Früher sei alles besser
       gewesen: Da habe einen die Frau nach Feierabend mit dem Abendessen begrüßt.
       Konsequenz: Die Bundeswehr hat dem Arzt „klargemacht, dass sein Verhalten
       mit der dienstlichen Stellung eines Offiziers in keiner Weise vereinbar
       ist.“ Laut Jahresbericht war das eine „erfreulich deutliche“ Reaktion.
       
       7. Eine Soldatin hatte Vorgesetzte mit dem Vorwurf der sexuellen
       Belästigung intern angezeigt. Die Ermittlungen ergaben Nachweise für
       „unangemessene Verhaltensweisen“, aber keinen eindeutigen Beweis für die
       Belästigung. Die Bundeswehr gab den Vorgang an die Staatsanwaltschaft ab –
       damit diese gegebenenfalls wegen falscher Verdächtigung ermitteln kann.
       Konsequenz: Für die Soldatin zum Glück keine. Die Staatsanwaltschaft kam zu
       dem Ergebnis, dass die Übergabe des Falls nicht gerechtfertigt war.
       
       8. Ein Offizier drohte einem Untergeben damit, ihn „abzustechen“ und
       „blutig zu ficken“. Außerdem schlug er ihm auf den Hinterkopf und die
       Wange. Einen minderjährigen Rekruten nahm er zudem mit in ein Bordell.
       Konsequenz: Disziplinarverfahren ist eingeleitet.
       
       9. Ein Ausbilder ließ 81 Rekrut*innen bei 28 Grad Celsius mit Feldanzug,
       Handschuhen und Wollsocken bekleidet 2,5 Kilometer laufen und zwischendurch
       Liegestütze absolvieren. 16 der Teilnehmer*innen mussten hinterher wegen
       Dehydrierung und Überlastung zum Arzt. Konsequenz: Nicht angegeben.
       
       10. In einem anderen Fall gab ein Rekrut an, dass ihn ein betrunkener
       Feldwebel nachts geweckt habe, um ihm zu befehlen, 70 Liegestütze zu machen
       und hinterher sechs Bier zu exen. Konsequenz: Da Aussage gegen Aussage
       stand, ordneten die Vorgesetzten lediglich eine „engere Dienstaufsicht“ an.
       
       Dem Wehrbeauftragen zufolge ist aber nicht alles schlecht. Im Bereich
       Rechtsextremismus wurden dem Militärischen Abschirmdienst im vergangenen
       Jahr 363 neue Verdachtsfälle gemeldet, was zwar mehr ist als in den
       Vorjahren, laut Bartels aber nicht zuletzt auf eine erhöhte Sensibilität
       zurückzuführen sei: „Extremisten können sich nicht darauf verlassen, dass
       Kameraden weghören oder wegschauen“, sagte er am Montag. Lobend erwähnt er
       im Bericht unter anderem, dass die Bundeswehr im Kommando Spezialkräfte
       (KSK), das [2][besonders stark betroffen] ist, Gegenmaßnahmen ergriffen hat
       – etwa durch mehr Veranstaltungen zur politischen und historischen Bildung. 
       
       Kritik kommt dagegen aus der Opposition. Der Anstieg der Verdachtsfälle
       lasse sich nicht nur auf eine gestiegene Sensibilität zurückführen, sagte
       Christine Buchholz (Linke). „Es drückt in dramatischer Weise das Anwachsen
       der Gefahr von rechts aus. Doch nicht nur die Bundesregierung, auch der
       Wehrbeauftragte tut immer noch so, als ob es sich um eine Ansammlung von
       Einzelfällen handelt.“ Diese Taktik erleichtere es Nazis, „innerhalb der
       Bundeswehr Netzwerke aufzubauen“.
       
       28 Jan 2020
       
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   DIR Tobias Schulze
       
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