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       # taz.de -- UN-Sondergesandter will Abzug aus Libyen: Streit um die Streitkraft
       
       > Der UN-Libyenbeauftragte fordert kurz vor der Libyen-Konferenz, dass alle
       > ausländischen Kämpfer abgezogen werden. Genau davor warnt Erdoğan.
       
   IMG Bild: Könnten bald alleine dastehen: die Kämpfer der international anerkannten Regierung Libyens
       
       Berlin dpa | Kurz vor der geplanten Libyen-Konferenz in Berlin hat der
       UN-Sondergesandte für das Bürgerkriegsland, Ghassan Salamé, einen Abzug
       ausländischer Kämpfer gefordert. „Wir haben einen Sicherheitsplan
       vorgelegt, der den Abzug aller ausländischen Kämpfer vorsieht, gleich
       welcher Nationalität“, [1][sagte Salamé in einem Interview], das die
       arabische Zeitung „Al-Sharq al-Awsat“ am Samstag veröffentlichte. Er wolle
       ein Ende der ausländischen Einmischung in den Konflikt. Anhänger [2][des
       abtrünnigen Generals Chalifa Haftar] blockierten derweil wichtige Häfen für
       die Ölproduktion in dem Land und riefen damit international Kritik hervor.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfängt am Sonntagnachmittag Vertreter
       von Staaten, die Einfluss auf den [3][Libyen-Konflikt] haben. Unter anderen
       werden der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der russische
       Staatschef Wladimir Putin und US-Außenminister Mike Pompeo erwartet. In
       Libyen konkurrieren Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch und Haftar um die
       Macht – auch sie sollen nach Berlin kommen.
       
       In dem nordafrikanischen Land tobt seit Jahren ein Bürgerkrieg, in den sich
       immer mehr ausländische Akteure und Kämpfer eingeschaltet haben. Die
       weitgehend machtlose Regierung in Tripolis unter al-Sarradsch wird dabei
       von den Truppen Haftars bedrängt, der in Ostlibyen seine wichtigste
       Machtbasis hat. Haftar und Verbündete beherrschen auch dank ausländischer
       Hilfe weite Teile des Landes, die Regierung nur kleine Gebiete rund um die
       Hauptstadt Tripolis. Beide Seiten haben international unterschiedliche
       Unterstützer.
       
       ## „Terrororganisationen werden fruchtbaren Boden finden“
       
       Europa hat erhebliches Interesse an Stabilität an der Südküste des
       Mittelmeeres – auch weil Libyen traditionell ein wichtiger Öllieferant der
       Europäischen Union ist. Das Land hat sich durch das Kriegsgeschehen mit
       Willkürherrschaft und Schwäche der staatlichen Institutionen in den
       vergangenen Jahren außerdem zu einem der wichtigsten Transitstaaten für
       Flüchtlinge auf dem Weg Richtung Norden entwickelt.
       
       Erdoğan, der die international anerkannte Regierung von al-Sarradsch
       stützt, warnte: „Europa wird vor eine Reihe neuer Probleme und Bedrohungen
       gestellt, falls Libyens legitime Regierung stürzt“, [4][schrieb er in einem
       Beitrag für das Magazin „Politico“ (Samstag)]. „Terrororganisationen wie
       der Islamische Staat (IS) und Al-Kaida, die eine militärische Niederlage in
       Syrien und im Irak erlitten haben, werden fruchtbaren Boden finden und
       wieder auf die Beine kommen“, schrieb Erdoğan. „Sollte der Konflikt weiter
       wüten, werden Gewalt und Instabilität auch die ungeregelte Migration
       Richtung Europa anheizen.“
       
       Er bot sein Land als verlässlichen Partner an, mit dem Europa das Ziel
       erreichen könnte, die Gewalt in dem Land zu beenden. „Wenn man bedenkt,
       dass Europa weniger daran interessiert ist, Libyen militärisch zu
       unterstützen, liegt es auf der Hand, mit der Türkei zusammenzuarbeiten, die
       bereits militärische Hilfe zugesagt hat.“
       
       ## Permanente Feuerpause geplant
       
       [5][Nach einem UN-Bericht], den Generalsekretär António Guterres an die
       Mitglieder des UN-Sicherheitsrates geschickt hat und der auf den 15. Januar
       datiert ist, sollen bei dem Treffen am Sonntag eine permanente Feuerpause
       und eine konsequente Umsetzung des Waffenembargos für das Bürgerkriegsland
       erreicht werden. Demnach ist der Entwurf des Abschluss-Kommuniqués in sechs
       Bereiche unterteilt, die auch Reformen in den Bereichen Wirtschaft und
       Sicherheit vorsehen. Zudem sollen sich die Vertreter aus mehr als zehn
       Ländern für eine Rückkehr zu einem politischen Prozess in Libyen und zur
       Einhaltung des humanitären Völkerrechts sowie der Menschenrechte
       verpflichten.
       
       Aus diplomatischen Kreisen in Paris verlautete, dass Frankreichs Staatschef
       Emmanuel Macron bei der Konferenz eine aktive Rolle spielen und Merkel
       bereits vor Beginn der Beratungen treffen wolle. Macron setze sich dafür
       ein, dass die Konferenz ein Erfolg werde.
       
       Die Gästeliste des Treffens sorgt seit Tagen für Unruhe. Zuerst beschwerte
       sich Libyens Nachbar Tunesien, dass es nicht eingeladen wurde, dann
       Griechenland. Die Bundesregierung wollte den Teilnehmerkreis nicht zu groß
       ziehen und beschränkte sich bei den Einladungen auf die Länder, die von
       außen auf den Konflikt einwirken, zum Beispiel durch Waffenlieferungen oder
       die Entsendung von Söldnern.
       
       Mit Blick auf einen vom EU-Außenbeauftragten Josep Borrell ins Spiel
       gebrachten Militäreinsatz der Europäischen Union in Libyen sagte
       Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, zunächst müsse es einen
       nachhaltigen Waffenstillstand geben. Wenn dieser vereinbart und
       international abgesichert werden könne, „wird natürlich auch die Frage
       kommen, wie soll das geschehen, wer soll absichern“, sagte die CDU-Chefin
       am Samstag zum Abschluss einer zweitägigen Klausur der Parteispitze in
       Hamburg. Dass sich dann Deutschland „mit der Frage auseinandersetzen muss,
       was können wir dazu einbringen, das ist vollkommen normal“.
       
       18 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://aawsat.com/english/home/article/2088366/un-envoy-asharq-al-awsat-int%E2%80%99l-support-future-libyan-agreements-sought-berlin
   DIR [2] /Libyischer-General-Chalifar-Haftar/!5583304
   DIR [3] /Schwerpunkt-Libyenkrieg/!t5050759
   DIR [4] https://www.politico.eu/article/road-to-peace-in-libya-goes-through-turkey-khalifa-haftar/
   DIR [5] https://undocs.org/S/2020/41?utm_source=feedburner&utm_medium=email&utm_campaign=Feed%3A+LatestUnDocuments-SecurityCouncilDocuments+%28Security+Council+documents+issued+at+United+Nations+Headquarters%29
       
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