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       # taz.de -- Semperoper, Corona-Virus und Brexit: Fare thee well
       
       > Es beginnt die erste Woche ohne Großbritannien in der EU! Aber keine
       > Sorge, wir haben ja Opernskandale und Corona-Paranoia, um uns abzulenken.
       
   IMG Bild: „Tagesschau“-Sprecherin Judith Rakers sagte wegen der Auszeichnung al-Sisis die Moderation ab
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: ADAC wankt in der Frage „Tempolimit“.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       National Rifle Association hält Kurs.
       
       Es ist so weit: Der Brexit ist vollzogen, die Briten haben die EU
       verlassen. Werden sie Ihnen fehlen? 
       
       Ein englisch sprechender Kontinent verabschiedet ein Land, dessen
       nationaler Lehrplan bis zum sechzehnten Lebensjahr keine Fremdsprache
       vorschreibt. Fare thee well. Auch die europäische Popkultur ist rather
       british geprägt. Mit dem Abzug der Rheinarmee endete die flächendeckende
       Versorgung mit dem Soldatensender BFBS, das tat to be honest mehr weh.
       Europa und besonders Deutschland, durch Befreiung, Besatzung und Neuaufbau,
       bleiben Lordsiegelbewahrer einiger vorzüglichster britischer Eigenschaften.
       Na ja, und dann gibt’s da noch [1][die schrullige Diva, die auf ihrer Insel
       ihr Weltreich zu Ende träumt].
       
       US-Präsident Trump hat seinen Nahost-Plan vorgelegt. Ein Friedensplan oder
       doch nur ein Ablenkungsmanöver von seinem Impeachment-Verfahren? 
       
       Israels Ministerpräsident Netanjahu steht unter Anklage wegen Korruption,
       Betrug, Untreue und Bestechlichkeit – gut vier Wochen vor der neuerlichen
       Parlamentswahl dort. Trumps Claque hat das Amtsenthebungsverfahren
       weitgehend weggeatmet, der Ruch des Amtsmissbrauchs wird ihn trotzdem durch
       den Wahlkampf begleiten. [2][Das fadenscheint durch jeden Satz des
       „Friedensplans“] – zwei Scheckbetrüger treffen sich und behaupten, sie
       seien ein Bankenkongress. Der Plan anerkennt die Palästinenser als Volk und
       ihr Recht auf einen eigenen Staat – eine Binse, auf die weisere Nachfolger
       werden aufbauen können.
       
       Das [3][Coronavirus] hat Deutschland erreicht, die WHO eine internationale
       Notlage ausgerufen. Sollten wir Angst haben? 
       
       Husten, wir haben ein Problem: Die Merkmale „neu“ und „gefährlich“
       verdrängen circa 999 alte Gefahren von Platz eins der Schreckens-Charts.
       Die Welle an Interviews und Sachbeiträgen über höchst relative Risiken der
       Erkrankung hier macht – paradox – das Thema nicht weniger relevant. Die WHO
       hatte vergleichbar auf Ebola, Schweinegrippe, Polio und Zika reagiert – es
       ist ja auch die Weltgesundheits- und nicht die
       Regionalparanoia-Organisation. Letzteres leistet zuverlässig „das Netz“:
       Bill Gates, ein Biowaffenlabor, [4][der Chinese an sich] sollen das
       tückische Virus ausgewildert haben. Die Absender sind ungefähr so
       bescheuert wie die oder vielleicht identisch mit denen, die immer einen
       Ausländer zur Hand haben, der an allem schuld ist. Das ist doch lehrreich!
       
       Wegen Verdacht auf Steuerhinterziehung wird Alexander Gaulands Immunität
       als Abgeordneter aufgehoben. Sind wir ihn jetzt bald los? 
       
       Auf dem Ehegattensplitting liegt halt kein Segen. Es belohnt die amtliche
       Ehe und benachteiligt zwei Millionen Familien in Deutschland, die ohne
       Trauschein mehr Steuern zahlen müssen. Hier widerspricht das Splitting auch
       dem grundgesetzlichen Schutz von Familie und Kindern. Deshalb: munter
       fürbass, Staatsanwaltschaft – wenn Leute auch für eine längst gescheiterte
       Ehe noch Steuervorteile einstreichen. Man wollte das so genau gar nicht
       wissen, [5][doch Gaulands Partei selbst erklärte, er habe den
       Splitting-Vorteil kassieren wollen], obwohl er seit vielen Jahren getrennt
       lebe. Das jedoch erlaubt das Gesetz für höchstens ein Jahr. Dass Gauland es
       lieber krachen lässt, statt die sehr eindeutige Gesetzeslage zu befolgen,
       widerspricht eigentümlich seinem stets vornehmen Desinteresse an
       Öffentlichkeit und Märtyrertum.
       
       Franziska Giffey, aktuell Familienministerin, will Landeschefin der
       Berliner SPD werden. Wird mit ihr alles besser in der Hauptstadt? 
       
       Keine Witze über Kehlkopfmuskelschwäche, doch – ich freu mich schon auf die
       Schlagzeile „Giffey lobt Berlin in den höchsten Tönen“.
       
       Die Veranstalter des Dresdner Semperopernballs haben dem ägyptischen
       Machthaber al-Sisi einen Preis verliehen. Judith Rakers hat daraufhin
       bekannt gegeben, dass sie die Veranstaltung nicht länger moderieren wird;
       auch Rakers ’ Ersatz, die Moderatorin Mareile Höppner, hat mittlerweile
       wieder abgesagt. Gut gelaufen? 
       
       Boulevardgerüchten zufolge feuerte der Semperball zuvor die Moderatorin
       Sylvie Meis, weil sie „so tief ausgeschnittene Kleider trug, dass das für
       unsere konservative Klientel zu freizügig war“. Al-Sisi trägt extrem tief
       ausgeschnittene Menschenrechte, [6][was bei der Dresdner Klientel offenbar
       als preiswürdig gilt]. Neben der Absage Rakers’ könnte auch zuvor die
       Zusage Rakers’ ein Fehler gewesen sein.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Nach der Ankündigung der EU, Einer- und Zweierbeträge künftig zu runden,
       steht der BVB mit drei 5-zu-irgendwas-Siegen hintereinander vorbildlich da.
       Problem: Dieses notorische „NULLNEUN“-Gebrüll der Süd. „Zehn!“? Taugt nix.
       
       Fragen: Carolina Schwarz
       
       2 Feb 2020
       
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