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       # taz.de -- Die Wahrheit: Im Rausch der zischenden Lenden
       
       > Wozu braucht es überhaupt ein Tempolimit? Es gibt doch den Sex beim
       > Autofahren im zähfließenden oder stockenden Verkehr.
       
   IMG Bild: Eng sind die Kurven beim fließenden Rein- und Rausverkehr
       
       Alle reden zur Zeit vom Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Dabei gibt es
       Wichtigeres im Verkehr – zum Beispiel Sex beim Autofahren. Weiß man da
       schon Näheres? Also nicht bloß in Gedanken, sondern so richtig echter Sex
       zu zweit (mindestens), – ja, warum denn nicht?
       
       Zeit genug dafür wär ja: Der notorische Stau morgens auf dem Weg zur Arbeit
       und abends dann schon wieder. Dazu die öden Dienstfahrten immer und die
       langen Rotphasen zwischendurch. Warum solche mobilen Leerzeiten nicht
       überbrücken mit dem gelegentlichen Schieben einer kleinen Nummer? Nun,
       dumme Frage. Weil Autofahrer heutzutage überwiegend allein unterwegs sind
       in ihren Autos und schon deshalb für sie alles ausscheidet, was sexuell nur
       zu zweit geht. Und apropos Scheide: Das gilt natürlich auch für alle
       autofahrenden Frauen.
       
       Gewiss, oder besser noch, gewichs: Sex kann man durchaus auch solistisch
       praktizieren. Und das sogar einhändig – wie es beim Fahren aber sowieso
       niemals anders gehandhabt werden sollte. Nur bitte nie bei vollem Tempo! Da
       haben gefälligst beide Hände deutlich sichtbar am Lenkrad zu sein. Die
       Spielhand darf allenfalls mal kurz die Lichthupe streicheln, niemals aber
       die eigenen Lenden.
       
       Laut Straßenverkehrsordnung ist Sex im Auto nur im stehenden Verkehr
       erlaubt – vorausgesetzt natürlich, es steht dann, hehe, nicht nur der
       Verkehr. In diesem Phall neigen Wagenlenkende übrigens gern zum Nasebohren,
       oder in welche Kopföffnungen auch immer sie ihr Fingerglied am liebsten
       stoßen.
       
       ## Selbstvergessene Selbstbefummelungen
       
       Verkehrsexperten streiten allerdings noch: Sind solche selbstvergessenen
       Selbstbefummelungen, zu denen auch das Haarebefingern oder Mitesserdrücken
       gehören, nicht ebenfalls Berührungen autoerotischer Natur? Nun, man steckt
       nicht drin. Erwiesen ist in diesem Zusammenhang eigentlich nur, dass
       Staustehende weltweit über einhunderttausend Tonnen mehr oder weniger
       festes Material aus ihren Kopflöchern wühlen – und zwar täglich!
       
       Aber zurück zu den Lenden der Autofahrenden – die ja von außen nicht zu
       sehen sind, da sie sich in der Regel unterhalb der Seitenfenster befinden,
       auf Höhe der mittlerweile (und das bestimmt nicht von ungefähr) serienmäßig
       beheizbaren Sitze. So lässt sich nur erahnen, was in diesen Eregionen der
       Autofahrenden, also gewissermaßen in ihrem Wageninnersten, autosexuell so
       alles abgeht. Wenn man aber von jener Umfrage erfährt, wonach jeder dritte
       Deutsche grundsätzlich mit offener Hose hinterm Steuer sitzt (vorgeblich
       aus Gründen der Sitzbequemlichkeit), sind es recht konkrete Ahnungen, die
       man hegt.
       
       Offenbar wird aber nicht nur im Stau an sich herum gespielt. Auch im
       stockend oder zäh fließenden Verkehr scheinen viele Hand an die Schalthebel
       ihrer Lust zu legen. Und selbst auf den rasantesten Highspeed-Fahrten wird
       sich munter selbst berührt. So jedenfalls der Eindruck, wenn einem wieder
       mal einer bei 120 an der Stoßstange klebt und kein Limit mehr kennt.
       
       ## Ekstatisch verzerrte Gesichter
       
       Männer sind es ja zumeist, so nah dran, dass man im Rückspiegel ihre
       ekstatisch verzerrten Gesichter sieht. Nein, es sind keineswegs Hass und
       Wut auf den langsameren Vordermann, wie gemeinhin angenommen wird, sondern
       es ist ihre sexuelle Gier, die sich, zusätzlich angefacht durch den
       Sexhormone ausschüttenden Temporausch, in ihren entrückten Antlitzen
       spiegelt. So sieht das jedenfalls aus. Und wenn man sie endlich lässt und
       sie dann links an einem vorbei zischen, kann man diese Typen oft noch mit
       einer Hand an sich rum gestikulieren sehen, bevor sie mit brünstig
       aufstöhnenden Motoren von dannen sausen, um hoffentlich bald irgendwo auf
       der Überholspur das Ende ihres Samenstaus zu erleben.
       
       Womit wir auch schon beim selbstfahrenden Auto sind, dieser von vielen
       Autodeppen ja so sehnlichst herbeigewünschten Kfz-Neuerung. „Weil wir dann
       im Feierabendverkehr die Zeitung lesen, Laptop und Handy zugleich
       bedaddeln, all unsere großen und kleinen Geschäfte endlich auch im Auto
       beidhändig erledigen können“ – und was sonst noch alles an windigen
       Vorzügen angeführt wird von den Befürwortern der autonomen Fahrerei.
       
       Nie aber erwähnen sie ihren wahren Antrieb. Denn natürlich wünschen sie
       eine zweite Hand nur deshalb frei zu haben beim Fahren, damit sie mit ihr
       zeitgleich ein paar stimulierende Vorlagen auf dem Smartphone durchklicken
       können: die schärfsten Heckansichten, die drallsten Spoiler, die geilsten
       Auspuffrohre – oder was immer Autofahrer sexuell erregt.
       
       4 Feb 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Fritz Tietz
       
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