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       # taz.de -- Briten als Gastgeber der COP26: Johnson vermasselt Glasgow
       
       > Die Vorbereitungen für die nächste UN-Klimakonferenz sind chaotisch. Die
       > britischen Gastgeber fechten erstmal interne Kämpfe aus.
       
   IMG Bild: Yes, he can? Boris Johnson zum Start der COP26 im Gespräch mit Naturfilmer David Attenborough
       
       Chiang Mai taz | „Wir sind bereit für das großartige, mehrdimensionale
       Schachspiel, bei dem wir mehrere Verhandlungen gleichzeitig führen“, sagte
       der britische Premierminister Boris Johnson Anfang der Woche. Gemeint sind
       die Verhandlungen über Handelsabkommen mit der EU und den USA sowie die
       UN-Klimakonferenz im November im schottischen Glasgow.
       
       Diese Konferenz gilt als die wichtigste seit Paris vor fünf Jahren, denn in
       Glasgow wird sich zeigen, ob das Paris-Abkommen so funktioniert wie
       geplant: Es sieht vor, dass die Länder alle fünf Jahre neue und vor allem
       ehrgeizigere Klimapläne vorlegen.
       
       Doch ob insbesondere die großen Staaten das tun werden, sei nicht sicher,
       sagt Nick Mabey von E3G, einem britischen Thinktank: „Ein Misserfolg ist
       wirklich auf der Agenda in Glasgow. Wenn Glasgow scheitert, dann scheitert
       das Paris-Regime und wir verlieren weitere fünf bis zehn Jahre, um ein
       neues Regime aufzubauen.“ Eine Voraussetzung, um das zu verhindern, ist
       eine gute Vorbereitung der Konferenz. Doch es bestehen Zweifel, dass die
       britische Regierung dem die nötige Priorität einräumt.
       
       Am Freitag entließ Johnson die Präsidentin der Konferenz, die frühere
       Klima- und Energieministerin Claire O’Neill. Diese sparte anschließend
       nicht mit Kritik: Johnson habe versprochen, die Konferenzvorbereitung
       anzuführen, doch das britische Klimakabinett habe bislang kein einziges Mal
       getagt – mit fatalen Folgen: „Zu diesem Zeitpunkt sollten wir klare
       Vorgaben für unser diplomatisches Netzwerk, einen Plan für das
       internationale Engagement von Ministern, angeführt von Ihnen, und einen
       Fahrplan für das Klima-Aktionsjahr haben. Bis letzten Freitag hatten wir
       das nicht.“ Im Gegenteil: „Ohne Ihre versprochene Führung fechten die
       verschiedenen Behörden interne Kämpfe aus, wer für die Klimakonferenz
       verantwortlich ist.“
       
       ## Bloß weit weg von Schottlands Ministerpräsidentin
       
       Am Dienstag lancierte Johnson dann offiziell den Beginn der
       Konferenzvorbereitung. Einen Nachfolger für O’Neill oder einen konkreten
       Plan konnte er dabei aber nicht vorstellen. Johnson appellierte einzig an
       die Länder der Welt, dem britischen Vorbild zu folgen und ebenfalls
       Netto-Null-Emissionen anzustreben. Außerdem kündigte er an, dass der
       Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren schon ab dem Jahr 2035 und nicht
       erst ab dem Jahr 2040 verboten wird.
       
       Johnson sagte hingegen nichts zum Ort der Konferenz und zu deren Budget.
       [1][Gemäß O’Neills Brief erwägt Johnson, die Konferenz von Schottland nach
       England zu verlegen]. Johnson sagte auf einer Konferenz seiner
       konservativen Partei, er wolle die schottische Ministerpräsidentin Nicola
       Sturgeon „nirgends in der Nähe“ der Konferenz haben. Zudem explodieren
       offensichtlich die Kosten: Die BBC berichtet, das ursprüngliche Budget habe
       250 Millionen Pfund betragen, mittlerweile würden die Kosten aber auf 450
       Millionen Pfund geschätzt. Dabei handelt es sich bei der Klimakonferenz
       tatsächlich um ein mehrdimensionales Schachspiel.
       
       ## Erfolg nur mit EU und China
       
       Ob die Konferenz ein Erfolg wird, entscheidet nicht zuletzt der
       EU-China-Gipfel im September in Leipzig. Die Hoffnung ist, dass China dort
       sein neues Klimaziel bekannt gibt. Dafür gilt als Voraussetzung, dass die
       EU schon vorab nicht nur Klimaneutralität bis 2050 verspricht, sondern auch
       ein ehrgeizigeres Klimaziel für das Jahr 2030 verabschiedet. Daher müsste
       Johnson mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Chinas
       Präsident Xi Jinping in engem Kontakt stehen.
       
       Dabei kommt es allerdings auch auf die persönliche Integrität an, die
       O’Neill in einem BBC-Interview anzweifelt: „Mein Rat an alle, denen Boris
       etwas verspricht, seien es Wähler, die Führer der Welt, Minister,
       Angestellte oder sogar Familienmitglieder, lautet: Lasst es euch
       schriftlich geben und von einem Anwalt prüfen und stellt sicher, dass das
       Geld auf der Bank ist.“
       
       6 Feb 2020
       
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