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       # taz.de -- Zweite Staffel „Bad Banks“: Vom Main an die Spree
       
       > Die Miniserie spielt nicht mehr unter Anzugträgern in Frankfurt, sondern
       > in Berliner Start-ups. Sie bleibt eine gute Seifenoper im härteren Look.
       
   IMG Bild: Jana Liekam (Paula Beer) kämpft für ihre Karriere – und gegen alte Männer
       
       Es gibt diesen Trend, Serien mit einem Akronym zu benennen: Aus „How I Met
       Your Mother“ wird HIMYM, „Game of Thrones“ kennt jeder als GoT. Die Serien
       des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, die solchen globalen
       Erfolgsproduktionen bislang am nächsten gekommen sind, heißen [1][„Babylon
       Berlin“] und [2][„Bad Banks“]. Den Sieger in dieser Konkurrenz wird man
       künftig vielleicht auch daran erkennen, wer das „BB“-Label für sich wird
       beanspruchen darf.
       
       Und wie es der Zufall will, gehen beide Serien gerade in etwa gleichzeitig
       in ihre zweite Staffel (auch wenn sie bei „Babylon Berlin“ partout darauf
       bestehen wollen, [3][es sei die dritte]). Und während der ARD-Partner Sky,
       ganz konventionell, jede Woche zwei neue Folgen „Babylon Berlin“
       verfüttert, wirbt das Zweite um die mit Binge Watching sozialisierte
       Jugend, indem es die sechs neuen Folgen schon Tage vor der linearen
       Ausstrahlung (erst auf Arte, dann im ZDF) in die Mediatheken gestellt hat.
       
       Das ZDF und die Jugend: Eine junge Schwarze Frau mit dicken Kopfhörern um
       den Hals, spricht nur Englisch – könnte eine DJane sein. Ist aber die
       geniale Coderin eines superhippen Start-ups wie aus dem Klischeebaukasten,
       Tischtennisplatte inklusive. „Dieses Scheißberlin!“, hat der Taxifahrer
       zuvor gegrummelt. Genau 23 Minuten und 28 Sekunden hat es gedauert, bis Bad
       Banks in der zweiten Staffel in dem shabby-schicken Hipster-Berlin
       angekommen ist.
       
       Auch auf der Regieposition wurde durchgewechselt, auf Christian Schwochow
       folgt Christian Zübert („Lammbock“), während der Autor bleibt: Oliver
       Kienle.
       
       ## Mit jedem gegen jeden
       
       Zur Erinnerung: Die Handlung [4][der ersten Staffel „Bad Banks“] trug sich
       vor allem in der Bankenmetropole Frankfurt am Main zu – deren glitzerndes
       visuelles Potenzial die alte Tante ZDF tatsächlich lange vor Netflix
       („Skylines“) erkannt hatte. Heimvorteil. Und dann war da diese junge
       Karrieristin mit den Panikattacken, gespielt von Paula Beer, aus dem
       Hintergrund gesteuert von der altgedienten Karrieristin, das gefeierte
       Comeback der Désirée Nosbusch. Zwei taffe Frauen, die sich gegen die
       toxische Männlichkeit breitbeinig auftretender Investmentbanker zu
       behaupten wussten.
       
       Die gesamte Handlung beider Staffeln, der alten und der neuen, wird in
       einer schönen Szene in der vorerst letzten Folge gut auf den Punkt
       gebracht. Da sitzen die vier Topmanager der Bank – Nosbusch mit Jean-Marc
       Barr, Barry Atsma und Tobias Moretti – an den vier Seiten eines Tisches,
       die Karten liegen auf dem selbigen, Sieger und Verlierer ihres
       Intrigen-Pokers stehen fest. Moretti rekapituliert: „Erst hab ich mit dir
       gearbeitet, dann mit ihm gegen dich, dann mit ihr gegen dich, dann du mit
       ihr gegen mich, dann ich mit dir gegen ihn und jetzt du mit ihm und ihr
       gegen mich.“ Und mittendrin und zwischen allen Stühlen die
       Nachwuchsbankerin. Mehr muss man gar nicht erinnern.
       
       „Wie eine Krankheit ist jeder Crash schmerzhaft, stärkt aber sogleich das
       Immunsystem des Kapitalismus“, lautete der Aphorismus eines der Banker in
       Staffel eins. Sie haben es mit den Bildern aus dem medizinischen Bereich.
       Vom Main an die Spree, aus dem Anzug in den Hoodie. Und rein in den
       „Inkubator“, gepäppelt werden Start-ups, sie sind die Frühchen der
       Finanzwirtschaft. Und in Berlin gibt es eben dieses Start-up,
       „GreenWallet“, mit der irre innovativen Geschäftsidee: „Das Thema
       Nachhaltigkeit funktioniert in der Lebensmittelindustrie, es funktioniert
       bei Stromanbietern, und es wird auch in der Finanzbranche funktionieren.“
       Die idealistischen Hoodie-Träger ziehen also, mitsamt ihrer
       Tischtennisplatte, aus dem Altbau-Hinterhaus in den Hightechkubus der
       zynischen Banker – das Ende der Unschuld, wie sie bald lernen.
       
       Auch als Zuschauer hat man dazugelernt: Wer von Staffel eins tatsächlich
       erwartet hatte, hinterher etwas schlauer zu sein über die geheimnisvolle
       Mechanik der Finanzwelt, wurde enttäuscht. Aber hat man damals in den
       1980ern aus „Dallas“ oder „Denver“ irgendetwas übers Ölgeschäft gelernt?
       Eben. Und das ist der ganze Trick, genauso muss man auch „Bad Banks“
       rezipieren. Als die gute alte Seifenoper im neuen, härteren Look.
       Zuschauen. Entspannen. Nicht nachdenken.
       
       Ach, und die Sache mit dem „BB“-Label. Das ist leider eh schon an „Breaking
       Bad“ vergeben.
       
       6 Feb 2020
       
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