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       # taz.de -- Linken-Abgeordnete über Libyen: „Ein erster wichtiger Schritt“
       
       > Die Linkspartei-Parlamentarierin Sevim Dağdelen bewertet das Berliner
       > Treffen als Erfolg. Aber sie sieht noch etliche ungeklärte Probleme.
       
   IMG Bild: Am Sonntag einigten sich die TeilnehmerInnen der Berliner Libyen-Konferenz auf ein Waffenembargo
       
       taz: Frau Dağdelen, ist die [1][Abschlusserklärung der Berliner Konferenz]
       der Schlüssel zur Lösung des Libyen-Konflikts, wie Außenminister Maas
       sagte? 
       
       Sevim Dağdelen: Man kann es als einen Erfolg werten und einen ersten
       wichtigen Schritt zur Beilegung des Konflikts, dass die Konferenz überhaupt
       stattfinden konnte und dass es zu einer gemeinsamen Abschlusserklärung kam.
       
       Aber? 
       
       Es ist hochproblematisch, dass die islamistischen Terroristen aus Syrien im
       Auftrag des türkischen Präsidenten Erdoğan weiterhin vor Ort bleiben
       können. Es ist vollkommen unklar, ob sich die vereinbarte Entwaffnung der
       Kämpfer auch auf diese bezieht. Das ist eine wirklich schwere Hypothek für
       den Friedensprozess. Darüber hinaus hat die Erklärung eine große
       Leerstelle: Der Ölkonflikt wurde nicht ansatzweise gelöst. Darin liegt
       jedoch eine enorme Sprengkraft.
       
       In der ARD haben Sie von einem „Stellvertreterkrieg der Ölkonzerne“
       gesprochen – heißt das, alle ausländischen Konzerne sollten aus dem Land
       raus? 
       
       Nicht nur die ausländischen Truppen, wie es die UNO fordert, auch die
       ausländischen Ölkonzerne sollten das Land verlassen. Ihr erbitterter Streit
       um die Claims ist die Quelle des Stellvertreterkriegs infolge der
       Nato-Intervention. Der Profit aus dem libyschen Öl sollte allein dem
       libyschen Volk zugutekommen. So könnte der Wiederaufbau finanziert und den
       Libyern, aber auch Hunderttausenden Migranten im Land eine ökonomische
       Perspektive geboten werden.
       
       Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat bereits
       vorgeschlagen, dass die Bundeswehr sich an der Absicherung eines möglichen
       Waffenstillstands beteiligen könnte. Wo sehen Sie die Bundeswehr in der
       Lösung des Libyen-Konflikts? 
       
       Diese außenpolitischen Debatten in Deutschland verlaufen mittlerweile frei
       nach dem Motto: „Wer als Erstes Bundeswehreinsatz sagt, hat gewonnen!“ Der
       Waffenstillstand existiert noch gar nicht – aber Hauptsache, die Bundeswehr
       wird ins Ausland geschickt. Das ist vollkommen unseriös und obendrein
       brandgefährlich für die Soldaten, die da eingesetzt werden sollen. Zudem
       hat UN-Generalsekretär António Guterres die Europäer explizit nicht zu
       einem militärischen Einsatz aufgerufen, sondern dazu, beim Wiederaufbau der
       Wirtschaft, dem politischen Prozess und der humanitären Hilfe eine wichtige
       Rolle zu übernehmen.
       
       Was erwarten Sie da von der Bundesregierung? 
       
       Der humanitäre Aspekt des Konflikts war auf der Konferenz nur ein
       Randaspekt, Stichwort: Flüchtlingsbewegung. Die Zusammenarbeit mit einer
       islamistischen Miliz in Gestalt der libyschen Küstenwache, die auf
       Schutzsuchende schießt, sie nach Libyen zurückschiebt, dort in Horrorlager
       einpfercht und misshandelt, zerstört die europäische Idee. Da sollte die
       „Operation Sophia“ der EU, die diese „Küstenwache“ ausbildet,
       ehrlicherweise in „Operation Hades“ umbenannt werden. Diese Kooperation
       muss sofort beendet werden.
       
       Während das Waffenembargo verhandelt wurde, [2][exportierte Deutschland
       weiterhin Waffen] an Staaten, die in den Libyen-Konflikt involviert sind … 
       
       Deutschland sollte die Waffenexporte an die im Libyen-Krieg beteiligten
       Länder stoppen. Dazu gehören die Emirate, Ägypten, Türkei und auch Katar,
       die seitens der Bundesregierung in den letzten Jahren massiv aufgerüstet
       wurden. Wenn islamistische Terroristen Erdoğans im auch von deutschen
       Rüstungskonzernen hergestellten Militärtransporter A400M nach Libyen
       geflogen werden, ist das jedenfalls kein Beitrag zum Frieden.
       
       21 Jan 2020
       
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