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       # taz.de -- MeToo-Prozess in New York: Wie ein Raubtier
       
       > Im Prozess gegen Ex-Filmproduzent Harvey Weinstein sagt am Donnerstag
       > Schauspielerin Annabella Sciorra aus. Die vorgeworfenen Straftaten sind
       > allerdings verjährt.
       
   IMG Bild: Die Staatsanwältin Joan Illuzzi-Orbon (links) klagt Harvey Weinstein an
       
       New York ap/dpa | Beim inhaltlichen Auftakt des Prozesses gegen Harvey
       Weinstein am Mittwoch in New York hat die Staatsanwaltschaft den
       Ex-Filmproduzenten als Täter mit raubtierartigem Sexualverhalten, als
       „Sexualstraftäter und Vergewaltiger“ bezeichnet. „Er war nicht nur ein
       Titan in Hollywood. Er war ein Vergewaltiger“, sagte Anklägerin Meghan
       Hast. Weil ihm jegliches Einfühlungsvermögen fehle, müsse er zur
       Rechenschaft gezogen werden. Weinsteins Team griff die Glaubwürdigkeit der
       Zeuginnen an. Sein Verteidiger Damon Cheronis zitierte aus Textnachrichten,
       um die Glaubwürdigkeit der mutmaßlichen Opfer infrage zu stellen.
       
       Am heutigen Donnerstag soll Schauspielerin Annabella Sciorra aussagen. Die
       Straftaten, die sie Weinstein vorwirft, sind zwar verjährt, die
       Staatsanwaltschaft hofft jedoch mit ihrer Hilfe belegen zu können, wie
       Weinstein seinen Einfluss ausnutzte, um sich bei Frauen einzuschmeicheln,
       bevor er sich an ihnen verging.
       
       Dem Ex-Hollywood-Produzenten und [1][Auslöser der weltweiten
       #MeToo-Debatte] wirft die Staatsanwaltschaft Vergewaltigung und sexuelle
       Nötigung vor – konkret geht es um zwei Fälle in den Jahren 2013 und 2006.
       Weinstein soll die [2][Produktionsassistentin Mimi Haleyi 2006 zum Oral-Sex
       gezwungen haben, eine andere Frau soll er 2013 vergewaltigt haben]. Drei
       weitere Zeuginnen will die Staatsanwaltschaft ebenfalls vorladen. Bei einer
       Verurteilung droht Weinstein lebenslange Haft.
       
       ## Auslöser der MeToo-Bewegung
       
       Mehr als 80 Frauen haben Weinstein seit 2017 sexuelle Übergriffe
       vorgeworfen und damit die weltweite MeToo-Bewegung ausgelöst. Weinstein
       betont, es seien einvernehmliche Handlungen gewesen. Ein Grund zur
       Aufregung für die Verteidigung war am Mittwoch ein Foto, dass die
       Staatsanwaltschaft im Gerichtssaal gezeigt hatte. Darauf zu sehen war
       Weinstein zusammen mit dem ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton.
       
       „Präsident Clinton hat überhaupt nichts mit dem diesem Fall zu tun“,
       schimpfte Anwalt Arthur Aidala. Er vermutete, dass die Anklage die Jury
       damit an Clintons Impeachment-Verfahren wegen einer sexuell unangebrachten
       Beziehung erinnern wollte – schließlich laufe gerade ein weiteres
       Amtsenthebungsverfahren. Staatsanwältin Joan Illuzzi-Orbon erklärte
       daraufhin, dass Clinton für den Prozess sehr wohl eine Rolle spiele, weil
       Weinstein seine gute Beziehung zu dem Politiker als Mittel der
       Einschüchterung gegenüber einer Frau benutzt habe. Richter James Burke
       lehnte den Versuch der Verteidigung ab, den Prozess unter anderem wegen der
       Clinton-Fotos platzen zu lassen.
       
       Für die Auftaktplädoyers war Weinstein persönlich im Gericht. Der
       67-Jährige galt als einer der einflussreichsten Produzenten Hollywoods.
       Nachdem die New York Times und der New Yorker im Oktober 2017 erstmals von
       Übergriffsvorwürfen gegen ihn berichtet hatten, meldeten sich binnen Kurzem
       dutzende Frauen, die ihm Belästigung, Übergriffe und Vergewaltigung
       vorwarfen. Unter anderem soll er seinen Opfern Filmrollen angeboten haben,
       wenn sie ihm zu Willen seien.
       
       Mit den Auftaktplädoyers war der Prozess nach mehr als zwei Wochen
       inhaltlich gestartet. In den kommenden Wochen wird ein harter Kampf
       zwischen Anklage und Verteidigung um die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen
       erwartet – am Ende entscheiden die zwölf Geschworenen über Schuld oder
       Unschuld. Der Prozess könne mehr als einen Monat dauern, sagte Richter
       James Burke.
       
       23 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
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